Neu in den Kinos: „Babygirl“
Nicole Kidman als erfolgreiche Geschäftsfrau und Harris Dickinson als ihr dreißig Jahre jüngerer Praktikant beginnen eine verhängnisvolle Affäre. Ein sogenannter Erotikthriller, der sich mutiger gibt als er ist.
Der Erotikthriller - taucht im Kino regelmäßig auf wie ein Verwandter, den man nicht leiden kann und mit dem man sich trotzdem unterhalten muss. Sorgt immer schon vorab für eine kleine Aufregung und ein bisschen Gesprächsstoff. Im dazugehörigen Trailer gibt es fast immer nie zu viel, aber stets genug zu sehen. Werbewirksam sind Vorführungen und Auftritte bei einem der großen Filmfestivals und erste Berichte über sogenannte explizite Szenen. „Babygirl“ sorgte im vergangenen Herbst in Venedig für Schlagzeilen, weil Nicole Kidman als erfolgreiche Geschäftsführerin sich beim Sex gerne unterwirft. Allerdings nicht dem langweiligen Ehemann.
Gesunde Milch
Vom Stöhnen, das noch vor dem ersten Bild zu hören ist, darf man sich also nicht täuschen lassen, sonst ergeht es einem wie Antonio Banderas als Theaterregisseur nach zwanzig Jahren Eheleben. Denn Romy, die tagsüber souverän eine New Yorker Firma leitet, kann abends auch inszenieren und hat das akustische Täuschungsmanöver perfektioniert. Dafür klappt sie wenig später den Laptop hoch und erfüllt sich ihre Erniedrigungsfantasien.
Es kommt, was kommen muss. Auf dem Weg zur Arbeit beobachtet Romy, wie ein junger Mann einen Hund, der sich von seinem Besitzer losgerissen hat, mit einem einzigen Kommando beruhigt. Das macht sie an. Dass sich derselbe Befehlsgeber wenig später als neuer Praktikant vorstellt, kann also nur den Beginn einer verhängnisvollen Affäre bedeuten. Samuel (Harris Dickinson) weiß, was Romy möchte. Zunächst ein großes Glas Milch in der Bar, das er ihr servieren lässt. Im billigen Hotelzimmer in Chinatown genügt das nicht mehr, ebensowenig bei diversen Treffen, Weihnachtsfeiern und bei anderen Gelegenheiten.
Gefahr im Verzug
Es geht also um Macht und Verführung, um Begehren und Fantasien. Vor allem aber geht es um die Überschreitung klar definierter gesellschaftlicher Normen und Verbote. In dieser Hinsicht läuft in „Babygirl“ alles nach Plan, denn nach dem ersten heimlichen und sogar mit Humor inszenierten Treffen gerät die Amour fou zusehends zum banalen Thriller. Man darf eben wie Romy seinen Laptop nicht im Büro vergessen, damit ihn der Lover ins traute Familienheim nachbringen und mit dem Ehemann plaudern kann. Das Katz-und-Maus-Spiel, das sich Romy und Samuel liefern, hält natürlich einige Überraschungen bereit, verläuft aber in konventionellen Bahnen. Da schimmert auch der Achtzigerjahre-Aufreger „Fatal Attraction“ mächtig durch, mit dem Unterschied, dass nicht Glenn Close die heile Kleinfamilie bedroht, sondern ein junger Mann das Eheleben einer um dreißig Jahre älteren Frau. Mutiger in „Babygirl“ ist da schon, dass sich Kidman auch auf der Leinwand eine Portion Botox in die Backe jagen und sich den blauen Fleck von der lesbischen Tochter überschminken lässt.
Ansonsten gibt sich die niederländische Regisseurin Halina Reijn („Bodies Bodies Bodies“) bei der Inszenierung des eigenen Drehbuchs zumindest keine Blöße. Ärgerlich an diesem Film ist höchstens seine reaktionäre Lösung des Schlamassels.
ab 30.1., Cineplexx Hohenems, Kino Bludenz, Kinothek Lustenau