Unterhaltendes und Nachdenkliches in einem
Anna Adamik und Martin Merker wurden in Triesen gefeiert.
Zur Eröffnung der neuen Konzertsaison lud die „Chopin Gesellschaft Vorarlberg“ nach Triesen in Liechtenstein. Der Cellist Martin Merker und die Pianistin Anna Adamik interpretierten im Guido-Feger-Saal Werke von Baran Beigi, Barbara Heller, Fazıl Say, Edvard Grieg und anderen mit großer Aussagekraft. Dabei ergänzten sich locker unterhaltsame und gesellschaftskritische Werke hervorragend.
Die beiden Solowerke für Violoncello „Black Run“ von Svante Henryson und „Tanzend, weinend“ von Baran Beigi steckten den inhaltlichen Rahmen des Konzertes ab. Die unterhaltsame Seite bildete Kompositionen, die sowohl dem Cellisten als auch der Pianistin viel spieltechnische Raffinesse abverlangten. Diesen Werken stellten Anna Adamik und Martin Merker gesellschaftspolitisch inspirierte Kompositionen gegenüber, die eindrücklich zum Tragen kamen.
„Black Run“ des schwedischen Komponisten Svante Henryson gründet auf dem amerikanischen Bluegrass. Virtuos stellte Martin Merker das Solostück in den Raum, indem er die Gegenpole zwischen quirligen Folksongs und innehaltenden Reflexionsflächen exzellent auslotete. Klangsinnlich gestalteten Anna Adamik und Martin Merker im Duo die „Berceuse“ von Armas Järnefeldt.
Gesellschaftspolitisches
„Tanzend, weinend“ nennt die aus dem Iran stammende Cellistin und Komponistin Baran Beigi ihr Werk für Solocello. Darin verarbeitet sie musikalisch die Unterdrückung der Frauen im Iran, denen ein Tanzverbot auferlegt ist. Geschickt spielt die Komponistin mit arabischen Maqams. Martin Merker kristallisierte die Tonskalen sensibel heraus und setzte mit einer differenzierten Tongestaltung einen tänzerischen Gegenpol dazu.
Eindringlich wirkte insbesondere das Werk „Lalai – Schlaflied zum Wachwerden“ der deutschen Komponistin Barbara Heller. Während an der Klangoberfläche ein schlichtes Widerstandslied entfaltet wurde, spielte Anna Adamik mit abgedämpften Saiten im Klavier bedrohliche, perkussive Repetitionstöne. In den Variationssätzen kam die politische Aussage des aufrüttelnden Werkes, das „in Erinnerung an 50 iranische Frauen, die unter der Khomeini-Herrschaft ermordet wurden“ gewidmet ist, zur Geltung.
Eine gesellschaftspolitische Aussage hatte auch die Sonate „Dört Sehir / Vier Städte“ für Violoncello und Klavier von Fazil Say. Besonders der dritte Satz, betitelt mit „Ankara“, verströmte eine große innere Spannung. Pulsierende Töne, die im Korpus des Klaviers gespielt wurden, öffneten einen düsteren, sich wenig bewegenden Klangraum. Suchende Gesten im Violoncello und schwebende Sekundintervalle über einem fehlenden Klanggrund unterstrichen die bedrückende Stimmung zusätzlich.
Diesem Abschnitt standen drei Sätze gegenüber, in denen das Leben in türkischen Städten mit plastischen musikalischen Bildern und Farben dargestellt wurde. Besonders in Erinnerung blieben die wunderbar in Szene gesetzte Passage, in der das Cello zu einer Duduk und zu einer Kemençe mutierte. Neben volksmusikalisch inspirierten, rhythmisch vorwärtsdrängenden Passagen in „Sivas“ und „Hopa“ bildete der jazzige Schlussteil, „Bodrum“, ein geistreiches Finale, das auch von Anspielungen an bekannte Songs lebte. Martin Merker und Anna Adamik spielten mit großer Gestaltungsfreude und in einem ausgewogenen Geben und Nehmen. Einziger Wermutstropfen war das nicht optimal gestimmte Klavier.
Anna Adamik und Martin Merker sind ein Ehepaar und musizieren im Duo gut aufeinander abgestimmt. In einigen Passagen forderten sie einander auch gegenseitig heraus. Besonders in Edvard Griegs Sonate für Violoncello und Klavier, op. 36 setzte Anna Adamik am Klavier markante Zeichen. Der oft raumgreifende Klavierpart ließ mitunter dem Violoncello wenig Entfaltungsspielraum. Die lyrische Kantilene im Andante molto tranquillo erklang feinsinnig moduliert, sodass danach die vom Klavier ausgehenden, drängenden Passagen eine mitreißende Wirkung verströmten. Den tänzerischen Duktus des Finalsatzes betonten Anna Adamik und Martin Merker mit spritzig artikulierten Themen. Zuerst bildete das Violoncello einen romantischen Gegenpol dazu aus, bis die musikalischen Linien schließlich zum Schluss hin in einem großen Einverständnis ineinander verflochten wurden.
Martin Merker führte sympathisch und informativ durch das Programm und so stellte sich von Beginn im Saal eine lockere Atmosphäre ein.