Die Theatergruppe "dieheroldfliri.at" zeigt derzeit ihr neues Stück "Das Rote vom Ei" (Foto: Mark Mosman)
Silvia Thurner · 09. Feb 2014 · Musik

Waghalsig, lautstark und amüsant – Jazzbands aus der Schweiz am Dornbirner Spielboden

Im Rahmen eines „Jazz&“-Festivals mit Schweizer Bands brachten „Schneller Toller Meier“ sowie das Lucien Dubuis Trio & „Spacetet“ den Dornbirner Spielboden zum Glühen. Körperhaft und raumgreifend wirkten die flächig und rhythmisch vertrackt angelegten Sounds und Improvisationen im ersten Set. Die Kompositionen von Lucien Dubuis kamen humorvoll, kritisch und musikalisch vielseitig daher und das Publikum ging begeistert mit.

Andi Schnellmann (E-Bass), Manuel Troller (E-Gitarre) und David Meier (Drums) haben im Trio mit dem originellen Namen „Schneller Toller Meier“ zusammengefunden. Sie entwickelten am Dornbirner Spielboden eine individuelle Musik, die maßgeblich von der Improvisation lebte und mittels Electronics massige Klänge fabrizierte. In einem gut ausgeloteten Wechselspiel schichteten die Musiker Patterns und Klangflächen, manipulierten ihre Sounds in detailliert ausgedachten minimalistischen Variationen und zogen damit die Zuhörenden in ihren Bann.

Die Instrumente erklangen über weite Strecken nicht mit den herkömmlichen Spieltechniken und typischen Soundcharakteren. Die mit dem Bogen gestrichenen und einer Stimmgabel angeschlagenen beziehungsweise animierten Saiten bewirkten weiträumige Klangflächen. Die sich langsam entwickelnden musikalischen Felder wurden mithilfe der Lautstärke manipuliert und gesteigert und Tieftöner sowie Schwebungen verliehen der Musik eine körperhafte Gestik. Mitunter drängten diese jedoch die eingeflochtenen melodischen Linien allzu sehr in den Hintergrund.

Eruptive Klangflächen


In langen Entwicklungslinien und wellenförmig wachsend, ließen die drei kreativen Musiker den musikalischen Fluss driften. Und immer dann, wenn die Musik ins Dekorative abzugleiten drohte, zeigten die Musiker mit ihrer Spieltechnik und ihrem besonderen Gespür für rhythmische Überlagerungen, was sie wirklich drauf haben. So bot das Trio sinnlich greifbare Soundexperimente, die wahrscheinlich noch mehr Wirkung verströmen, wenn sie nicht sitzend erlebt werden müssen.

Gute Kombination


Die Musik des Saxophonisten und Bassklarinettisten Lucien Dubuis fügte sich hervorragend zu den Klangflächen von „Schneller Toller Meier“. Auch hier sprang der Funke zum Publikum unmittelbar über, denn Lucien Dubuis und seine Freunde an der E-Gitarre (Roman Nowka) und am Drum-Set (Lionel Friedli ) sowie das „Spacetet“ haben etwas zu sagen.

Abenteuerliche musikalische Spielwiese


Die Werktitel und die kurzen Moderationen von Lucien Dubuis waren nicht nur amüsant, sondern auch aufschlussreich für das musikalische Verständnis der Stücke. Zuerst lenkte der Einsatz des Streichquartetts das Interesse auf sich. Estelle Beiner und Regula Schwab (Violine), Isabelle Gottraux (Viola) und Barbara Gasser (Violoncello) belebten die Klangwelt des Lucien Dubuis Trios. Die Melodie tragenden Passagen gestalteten sie ausdrucksstark, das rhythmische Moment formten die Musikerinnen selbstsicher, und reizvoll wirkte der Sound des Streichquartetts, weil er die Elektronik ersetzte. Leider waren die Streichinstrumente zumindest am Beginn des Sets schlecht abgemischt. Mit viel Spaß an der Sache spielten die Quartettmusikerinnen ihre Parts und sie brachten sich auch immer wieder improvisatorisch ein. Als Brücke zum Trio agierte Roman Nowka an der E-Gitarre flexibel und geistreich.

Erfinderisch und raffiniert


Lucien Dubuis ist ein Fall für sich. Er schuf aussagekräftige Kompositionen, die vor Einfallsreichtum sprühten. Die Werke waren komplex angelegt, entwickelten einen enormen Drive durch unisono geführte Passagen und prägnante Rhythmen und bestachen durch eine kindliche Naivität im positiven Sinn. Aus dem musikalischen Gesamtgefüge, das er am Saxophon und an der Bassklarinette mit bewundernswerter Spieltechnik stützte, löste sich Lucien Dubuis immer wieder solistisch heraus. Dann begann er mit Multiphonics zu sprechen, belebte die Musik mit Klappen- und Luftgeräuschen und spielte ideenreich mit musikalischen Zitaten und Allusionen. So brachte diese Schweizer Band eine tiefgründige und humorvolle Musik an den Dornbirner Spielboden, die die Sinne anregte und belebte.

Mit diesem Blick ins benachbarte Ausland zeigte Alfred Vogel als neuer Kurator der „Jazz&“ Reihe eindrucksvoll sein Profil.

 

Nächstes Konzert der Reihe „Jazz&“
Freitag, 14. März, Django Bates’ Belovèd, 20:30 Uhr