Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast. (Foto: Matthias Horn)
Silvia Thurner · 29. Nov 2009 · Musik

Von geheimnisvollen und sinnlichen Seiten der Nacht - Ensemble Cairn Paris bot ein herausragendes Konzerterlebnis

Ein Highlight auf dem Konzertkalender des bald zu Ende gehenden Jahres war im Rahmen der „Bludenzer Tage zeitgemäßer Musik“ mit dem Ensemble „Cairn Paris“ zu erleben. Die zahlreich erschienen KonzertbesucherInnen genossen neben dem herausragend musizierenden Ensemble eine Werkfolge, die in sich sehr stimmig wirkte und die dargebotenen Kompositionen in spannende Wirkzusammenhänge stellte. Gespielt wurde auch das neue Werk „Silben, Skalen, Nacht“ von Alexander Moosbrugger. Der flüchtig filigrane Charakter dieser Komposition war zugleich Sinnbild für die Leitgedanken des Festivals, das die Sinnlichkeit der Zeit, hier speziell der Nacht, ins Blickfeld gerückt hat.

Bei den diesjährigen „btzm“ war der Kurator Alexander Moosbrugger auch als Komponist präsent. In seinem neuesten Werk für Bassklarinette (Ayumi Mori), Klavier (Caroline Cren), Violine (Julian Boutin) und Violoncello (Eric-Maria Couturier) setzte er sich mit Hörerwartungen und sorgsam abgestimmten kommunikativen Floskeln zwischen den Instrumentenstimmen auseinander. Die Geigerin und der Cellist flankierten das Publikum. Kaum hörbar tupfen sie auf ihren Instrumenten. Einleitend wurde ein äußerst konzentriertes Hören gefordert, doch nach kurzer Zeit wurden die schattenhaft zwischen den Instrumenten hin und her huschenden Geräusche wahrnehmbar. Als nach dieser gespannten Ruhe im Klavier reale Töne erklangen, wirkte dies befreiend. Gleichzeitig erhielten diese Skalen allein durch ihr Erklingen eine große Bedeutung im gesamten Kontext. Alexander Moosbrugger spielte mit variablen Rhythmen, die entstanden, indem die Musiker unter der Leitung von Guillaume Bourgogne innerlich einen Text rezitierten. Diese rhythmischen Muster wurden mittels vielgestaltig variierten Klangqualitäten in Beziehung zueinander gestellt.

Ritual

Das gesamte Konzert zeichnete sich durch die Dramaturgie der aufeinander folgenden Werke aus, die die ZuhörerInnen in ihren Bann zog. Die intensive musikalische Wirkung wurde unterstützt durch den einfachen, aber Sinn machenden Einsatz des Lichtes. In Salvatore Sciarrinos „Ai Limiti della Notte“ für Viola (Cécile Brossard) erklang eine sehr schön ausbalancierte tremolierende Musik, die das Innenleben der Töne und Klänge transparent nach außen trug. Hervorragend dazu passte das unmittelbar im Anschluss daran präsentierte Werk „LurItzalak“ für Violine und Violoncello von Ramon Lazkano. Die hier frei gesetzten Obertonklänge zeigten die hohe Kunst des „Ensembles Cairn Paris“ sehr beeindruckend. Die Klangspektren der beiden kommunizierenden Instrumente wurden aufgespaltet, bis sich der Klangfluss intensivierte und ausdrucksstark in einem tänzerischen wiegenden Duktus mündete.

Aufgewühlt

Ähnlich zueinander in Beziehung gestellt wurden in weiterer Folge Sciarrinos „Come Vengono Prodotti gli Incantesimi?“ für Flöte (Cédric Jullion) und „Assonance III“ von Michael Jarrell. In jedem seiner Werke ist Sciarrinos Meisterschaft spürbar, so auch in diesem weitgehend auf Klappengeräusche reduzierten Stück, das erst allmählich eine Tongestalt annimmt. Die Wahrnehmung der Nacht, die Andeutungen, die Bedeutung, die jede Kleinigkeit erhält, wenn sie lediglich schattenhaft erkennbar ist, kam in dieser Werkdeutung bewundernswert zur Geltung. In einem krassen Gegensatz zum Flötenstück standen die schweren Liegetöne in Jarrells „Assonance III“ für Bassklarinette, Klavier und Violoncello. Die unruhigen Gewichtungen in tiefen Registern, impulsiv aufflackernde Gesten und nervöse Tremolomotive bewirkten eine vielschichtige Dramatisierung des Klangflusses.

Abschließend trat das „Ensemble Cairn Paris“ in voller Besetzung auf die Bühne und interpretierte „La Nuit Remue“ von Fréderic Pattar. Auch mit diesem Werk zeigte das Ensemble seine klangsinnliche Spielart auf allerhöchstem Niveau. Das Publikum dankte mit viel Applaus für diesen poesievollen Konzertabend.