Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 06. Feb 2020 · Musik

Vielschichtige Kreativität – das Kollektiv XYlit aus Leipzig gewann mit einer Klanginstallation über die in Feldkirch geborene Schriftstellerin und Malerin Paula Ludwig

Der Pitch zum Finale des Konzertdramaturgiewettbewerbes „Hugo“ bei den Montforter Zwischentönen ging dieses Jahr im Rahmen des Symposiums „Musik und Gesellschaft“ des Landeskonservatoriums über die Bühne. Elf Teams hatten Konzepte eingereicht, vier präsentierten ihre Ideen beim Finale im Festsaal des Landeskonservatoriums und stellten sich einer prominent besetzten Jury. Die Finalistinnen und Finalisten aus Basel/Freiburg, Nürnberg, Leipzig und Feldkirch boten sehr unterschiedliche Performances. Jeder einzelne Beitrag kristallisierte spannende Anreize heraus. Schließlich konnte sich das Kollektiv XYLIT mit dem Projekt „Traumlandschaften“ durchsetzen.

Künstlerische Assoziationen zum Themenkreis „Umwege nehmen“ sollten den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Wettbewerbes als Inspiration für unkonventionelle Konzertideen dienen. Das Siegerprojekt wird mit einer Unterstützung von € 2.500 in der Sommerausgabe der Montforter Zwischentöne im Montforthaus realisiert.
Originell präsentierte das Kollektiv XYlit aus Leipzig sein Konzept einer Performance über die in Feldkirch geborende Schriftstellerin und Malerin Paula Ludwig. Musikalische sowie künstlerische Genregrenzen wurden originell transformiert in vielschichtige Sinnzusammenhänge gestellt. Ausgehend von Paula Ludwigs Buch „Traumlandschaften“ näherten sich die Performerinnen mit Lied, Video und Tanz der Künstlerin an. Unterschiedliche Zeitebenen kamen in Textcollagen zum Ausdruck, die die Zuhörenden unmittelbar ansprachen, viel Energie verströmten und Interesse weckten, wie der Trailer als ganze Geschichte weitererzählt wird. So war rasch offensichtlich, dass genau diese Klanginstallation mit dem „Hugo“ ausgezeichnet werden wird.
Betroffenheit löste die Performance der Studierenden aus Nürnberg aus. Die aus Vietnam geflüchtete Pianistin Hong An Nguyen und ihre Darbietungen konnten lediglich via Videoeinspielung gezeigt werden, weil sie als Asylwerberin derzeit nicht aus Deutschland ausreisen darf. Ausgehend von einer Textsammlung ihres Vaters, ein Menschenrechtsaktivist, machte das Team unter dem Leitgedanken „The hell is real“ und mit aussagekräftigen, musikalischen Konfrontationen unter anderem auf Zustände und Schicksale aufmerksam, in denen Menschen zu Umwegen gezwungen werden.
Der Einwand, dass dieses Projekt nicht in die Räume des Montforthauses passe, führte zu einem Vorschlag, der in Erinnerung blieb: Die Performance würde als Openairveranstaltung, direkt an einer realen, physisch nachvollziehbaren Grenze aufgeführt, eine große Kraft verströmen.
Die beiden Teams aus Basel/Freiburg und Feldkirch blieben im Vergleich mit den Erst- und Zweitplatzierten abgeschlagen, obwohl es an der Qualität nichts zu bemängeln gab. „Der Junge Graf“ wirkte jedoch allzu stark an den Orpheus-Mythos angelehnt. Das Projekt „Bärenkreuzung“ war zwar gesellschaftspolitisch aktuell und sprach brisante Probleme unserer Zeit an, zeigte jedoch als Ganzes betrachtet zu wenig radikal ausformulierte Ecken und Kanten.

Feedback von Profis

Jede Performance dauerte exakt zehn Minuten, danach gaben die Jurorinnen und Juroren ihre Statements ab. Erstmals war die Jury hochkarätig besetzt. Frauke Bernds (Leiterin der Konzertplanung in der Kölner Philharmonie), Peter Paul Kainrath (Intendant des Klangforums Wien), Maximilian Maier (Musikredakteur des Bayerischen Rundfunks) und Sarah Wedl-Wilson (Rektorin der Hanns Eisler Hochschule für Musik in Berlin) besprachen die Aufführungen und gaben kritisches Feedback. Einige Bemerkungen ließen aufhorchen, doch gab es auch langatmige Passagen. Fast selbstvergessen schweiften die Jurorinnen und Juroren im Gespräch miteinander oft allzu weit ab von den zur Debatte stehenden Inhalten. Ein von der Moderatorin Eva Teimel straffer eingefordertes Zeitlimit hätte den Jurygesprächen wahrscheinlich mehr Kontur verliehen.
Die „Hugo“-Trophy konnte nur ein Team gewinnen. Aber das heißt nicht, dass die beim Pitch vorgestellten Konzepte nicht andernorts realisiert werden sollten. Auf jeden Fall haben alle vier das künstlerische Potential dazu.