Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Walter Gasperi · 06. Feb 2020 · Film

Aktuell in den Filmclubs (7.2. - 13.2. 2020)

Der Spielboden Dornbirn bietet diese Woche mit dem Dokumentarfilm „PJ Harvey – A Dog Called Money“ Einblick in Musik und Arbeitsweise der britischen Sänger-Songwriterin. Im Skino Schaan läuft dagegen unter anderem Pierre Monnards aufrüttelnde Bestsellerverfilmung „Platzspitzbaby“.

PJ Harvey – A Dog Called Money: Gegensätze prallen in Seamus Murphys Dokumentarfilm aufeinander. Auf der einen Seite gibt es das abgeschottete Musikstudio bei London, das eigens für die Aufnahme eines neuen Albums der Sängerin PJ Harvey hergerichtet wurde, auf der anderen Seite Bilder aus dem zerstörten Kosovo, dem von Krieg erschütterten Afghanistan und dem armen afroamerikanischen Südosten von Washington, der in starkem Gegensatz zum reichen weißen Norden der amerikanischen Hauptstadt steht.
Seamus Murphy begleitete PJ Harvey auf Reisen in diese Regionen mit der Kamera, lässt den Zuschauer mit ihren Augen die Not und Zerstörung entdecken und zeigt, wie sich aus diesen Erfahrungen ihre Liedtexte entwickeln. So bietet „A Dog Called Money“, dessen Titel sich auf eine Bemerkung eines afroamerikanischen Jungen in Washington bezieht und als Songtitel in Harveys Album Eingang fand, einerseits Einblick in den künstlerischen Prozess, reflektiert aber gleichzeitig im Spannungsfeld von Produktion des Albums und Bildern aus Krisenregionen, die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in der heutigen Welt.
Dichte und Vielschichtigkeit gewinnt dieser Dokumentarfilm durch seine Montage, durch die der Einblick in die kreative Arbeit und die gesellschaftskritische Ebene verknüpft werden. Nicht genug damit, wird auf einer dritten Ebene auch noch der Zuschauer ins Spiel gebracht, denn der Aufnahme des Albums durfte das Publikum hinter einem Einwegspiegel hautnah folgen – ist aber gleichzeitig davon abgeschottet und vor allem von den Harvey prägenden Erfahrungen völlig getrennt. Lesen kann man dies auch als Bild für die riesige Kluft zwischen den Bewohnern der westlichen Welt und diesen Krisenregionen, die man nur medial kennt.
Spielboden Dornbirn: Sa 8.2. + Fr 14.2. – jeweils 19.30 Uhr

Platzspitzbaby: Inspiriert von Michelle Halbheers 2013 erschienenem autobiographischen Bestseller erzählt Pierre Monnard von der schwierigen Kindheit eines elfjährigen Mädchens mit ihrer drogensüchtigen Mutter.
Vom ersten Moment an zieht der 44-Jährige den Zuschauer mit nah geführter Handkamera in die Erfahrungswelt der elfjährigen Mia (Luna Mwezi) hinein. Am Zürcher Platzspitz, der in den 1980er Jahren zum von den Behörden tolerierten Drogenzentrum Europas wurde, sucht das Mädchen zwischen zahlreichen Süchtigen seine Eltern, und muss sogleich einen heftigen Streit zwischen ihnen hautnah miterleben.
Inserts informieren, dass der Platzspitz 1992 geschlossen, die offene Drogenszene 1995 aufgelöst und die Drogensüchtigen in ihren Herkunftsgemeinden, die jedoch mit deren Betreuung völlig überfordert waren, untergebracht wurden. Übersprungen wird die Trennung von Mias Eltern. Sie hat sich dabei für die Mutter (Sarah Spale) entschieden, mit der sie ins Zürcher Oberland übersiedelt, ihren Vater trifft sie nur einmal pro Monat.
Das großartige Spiel der zwölfjährigen Luna Mwezi macht intensiv nicht nur ihre Liebe zur Mutter erfahrbar sondern auch ihre zunehmende Verzweiflung, da sie deren wiederholten Rückfall in die Sucht nicht verhindern kann.
Aufrüttelnd vermittelt „Platzspitzbaby“ die schier unerträglichen Belastungen, die dem Mädchen zugemutet werden, und erdet sie in der atmosphärisch dichten Schilderung des Milieus. - Geschont wird der Zuschauer dabei freilich nicht.
Skino, Schaan: Fr 7.2., 18.30 Uhr; Sa 8.2., 20.30 Uhr; So 9.2., 18.15 Uhr; Mi 12.2., 20.30 Uhr