Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 02. Mai 2022 · Musik

Symphonische Landschaftsbilder des hohen Nordens – die Nürnberger Symphoniker unter der Leitung von Ari Rasilainen kamen erst allmählich in eine inspirierte Spiellaune

Beim letzten Abonnementkonzert der Bregenzer Meisterkonzerte der aktuellen Saison waren die Nürnberger Symphoniker unter der Leitung von Ari Rasilainen mit klangschwelgerischen Orchesterwerken zu Gast im Bregenzer Festspielhaus. Im Mittelpunkt stand die quirlige Cellistin Raphaela Gromes mit Tschaikowskys „Rokoko Variationen op. 33". Die Orchestermusiker:innen wirkten zu Beginn etwas missmutig, tauten aber zusehends auf und steigerten sich in der zweiten Konzerthälfte energiegeladen hinein in die Klangmassen der „Symphonie Nr. 3" des schwedischen Komponisten Kurt Atterberg.

Der finnische Komponist Jean Sibelius ist bekannt für griffige Themenbildungen und eine farbenreiche Instrumentierung, mit der er, inspiriert vom finnischen Volksepos „Kalevala“, gerne auch Tondichtungen ausstattete. Die Orchesterfantasie „Pohjolas Tochter“ bot den Nürnberger Symphonikern einen guten Einstieg, um die Klangpracht des Klangkörpers von den tiefen Registern aus in Szene zu setzen. Schmachtende melodische Linien erzählten zuerst vom Liebeswerben des Helden und sodann mit aufbäumenden, spannungsgeladenen und über einem brodelnden Untergrund durch die dominant hervortretenden Paukentremoli vom Zorn des Zurückgewiesenen. Ari Rasilainen leitete die Musiker:innen mit klaren Gesten und in einem guten Kontakt zu ihnen. Doch das Orchester verströmte vorerst keine positive Grundstimmung im Saal, denn die Spielhaltung wirkte eher distanziert.
Erst mit Kurt Atterbergs „Symphonie Nr. 3“ legte sich das Orchester so richtig ins Zeug. Die effektvolle musikalische Sprache des schwedischen Komponisten setzte dabei weniger auf thematischen Diskurs oder gar polyphone Linienführungen, sondern vielmehr auf Tonschichtungen, vielgestaltige Klangfarben, solistisch hervortretende melodische Gedanken und ein starkes Schlagwerk. Die Musiker:innen stürzten sich in die atmosphärische Musik, wo im ersten Abschnitt „Soldis“ mit Harfe, Celesta sowie herausragenden Soli des Hornisten, der Fagottistin sowie des Oboisten ein stehender Klangteppich ausgebreitet wurde. Wirkungsvoll entfachte das Orchester im Mittelteil des Werkes den „Sturm“. Energetisch wurden die melodischen Patterns der Stimmgruppen aufeinandergeschichtet und die Blechbläser und Perkussionisten fluteten im Tutti den mächtigen Klangfluss. Eine „Sommernacht“ wurde im Finalsatz geschildert, in dem die Orchesterfarben sowie schöne Soli mit elegischen melodischen Bögen ein imposantes Klanggemälde implizierten. Das aussagekräftige Dirigat von Ari Rasilainen und die raumgreifenden Klangmassen im großen Saal des Bregenzer Festspielhauses begeisterten das Publikum und machten die Zuhörenden mit einem Komponisten bekannt, dessen Werke hierzulande sehr selten zu hören sind.

Temperamentvoll und poesievoll zugleich

Die Cellistin Raphaela Gromes interpretierte mit den Nürnberger Symphonikern die berühmten „Rokoko-Variationen“ von Peter I. Tschaikowsky. Sie musizierte mit einer fröhlichen Ausstrahlung und stellte das Ausgangsthema poesievoll artikuliert und mit einem obertonreichen, warmen Celloklang in den Raum. Schwungvoll forderte die Solistin das Orchester heraus und suchte den Kontakt zu den Musiker:innen. Diese reagierten zwar korrekt, aber vergleichsweise wenig enthusiastisch. In den einzelnen Variationen betonte Raphaela Gromes den tänzerischen Duktus und zelebrierte die Lyrik des Ausgangsthemas mit einem erzählerischen Ton. In der Solopassage kam ihre virtuose Technik, die bis in die allerhöchsten Cellolagen führte, gut zur Geltung. Für den herzlichen Applaus des Publikums bedankte sich Raphaela Gromes im Quintett mit vier Cellistenkollegen und Humperdincks „Abendsegen“.

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