Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 17. Aug 2015 · Musik

Sprache in Musik gegossen – Kammermusik von Peter Eötvös mit dem hervorragenden „ensemble modern“ und der Sopranistin Kateryna Kasper bei den Festspielen

Die letzte Veranstaltung der Reihe „Musik & Poesie“ im Rahmen der Bregenzer Festspiele war dem ungarischen Komponisten Peter Eötvös gewidmet und ging in Form eines Komponistenporträts über die Bühne. Im Gespräch mit Olaf A. Schmitt erläuterte Peter Eötvös seinen kompositorischen Zugang und die Bedeutung der Sprache für sein künstlerisches Schaffen. Musikerinnen und Musiker des „ensemble modern“ aus Frankfurt interpretierten kammermusikalische Werke, von denen vor allem das Streichquartett „Korrespondenz“ sowie der Monolog aus der Oper „Der goldene Drache" mit der herausragenden Sopranistin Kateryna Kasper die Aufmerksamkeit auf sich zogen.

„Korrespondenz“, Szenen für Streichquartett zeigte den musiktheatralischen Charakter, der die Kammermusik von Peter Eötvös auszeichnet, gut auf. In diesem Werk hatte der Komponist Passagen eines Briefwechsels zwischen W. A. Mozart und seinem Vater Leopold Mozart als Inspirationsquelle verwendet und den Wortlaut in die Musik transformiert. Sehr genau schilderte der Komponist im Gespräch den theoretischen Unterbau des Werkes, bevor Jagdish Mistry und Giorgos Panagiotidis (Violine), Megumi Kasakawa (Viola) und Michael M. Kasper (Violoncello) die Musik interpretierten. Originell hatte Eötvös der Viola die Rolle von Wolfgang Amadeus und dem Violoncello diejenige von Leopold zugeschrieben. In der Musik kamen die emotionalen Pole der beiden korrespondierenden Stimmen, Kontraste, Auseinandersetzungen, Übereinstimmungen und das Einpendeln aufeinander gut nachvollziehbar zur Geltung. Freilich bewegte sich die Musik auf dem ihr eigenen Abstraktionsniveau, die direkte sprachliche Übersetzung erübrigte sich und das war auch gut so. Schön war auch der für Eötvös’ Werke so typische Humor nachvollziehbar. Den Violinen hatte der Komponist interessante Parts zugeschrieben, sie schattierten, kommentierten und begleiteten die beiden Protagonisten.

Großes Einverständnis


Die Musikerinnen und Musik des „ensemble modern“ arbeiten seit Jahren mit Peter Eötvös zusammen und kennen seine Musik genau. Dementsprechend authentisch wirkte auch die Aufführung dieses mitteilsamen Werkes.

Als Kostprobe zur Opernaufführung „Der goldene Drache“ präsentierten die Sopranistin Kateryna Kasper und Peter Eötvös am Klavier den abschließenden Monolog aus der Oper, die im Vorjahr erfolgreich in Frankfurt präsentiert worden ist und nun auf der Werkstattbühne gezeigt wird. Die klare und bewundernswert textdeutlich geführte Stimme der Sopranistin zog die Zuhörenden in ihren Bann. Sie kristallisierte die Tragik des toten Titelhelden, versetzt mit ironischen Zwischentönen eindrücklich heraus.

„Two poems to Polly“ für eine sprechende Cellistin interpretierte Eva Böcker. Sie rezitierte den ursprünglich japanischen, ins Englische übersetzten Text in einer Art Deklamationsstil zwischen Sprache und Gesang. Ihr Sprechgesang verband sich dabei gut mit den unterschiedlichen Rollen des Celloparts, der abschnittweise als Bordun begleitete oder mit sonoren Linien und Flageoletts in Kommunikation zur Stimme trat.

Werkstattgespräche


Bereits Anfang der 1970er-Jahre ist „Now Miss!“ als Klangspiel für Violine (Jagdish Mistry), Synthesizer (Ueli Wiget) und stereo tape entstanden. Doch dieses Werk mit den monotonen Loops der Wassergeräusche ist in die Jahre gekommen. Vor vierzig Jahren boten die synthetischen Sounds und Zuspielungen wohl noch Anreize, heute sind sie in dieser Form obsolet.

Sympathisch und bescheiden wirkte Peter Eötvös in seinen Ausführungen und im Umgang mit den Musikerinnen und Musikern. Ausführlich erläuterte er die strukturellen Ideen, die er seinen Werken zugrunde gelegt hatte. Dies kam zwar meinem musikwissenschaftlichen Interesse gelegen, ob jedoch so viele erklärende Worte zwischen den musikalischen Darbietungen und zu den Werken nötig sind, soll an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall entpuppte sich „Musik & Poesie“ diesmal als Musikwerkstatt.

 

Hinweis
Beide Vorstellungen der Oper „Der goldene Drache“ von Peter Eötvös sind ausverkauft.