poolbar auf der Wiese: Gelungene Premiere des Open-Air-Festivals
Bei idealem Wetter verließ am gestrigen Samstag das Feldkircher Festival seine gewohnten Räumlichkeiten im Inneren des Alten Hallenbades und zog auf die große Wiese vor dem Gebäude. Vier Bands waren hier in stimmungsvoller Atmosphäre zu erleben; als Höhepunkt Frank Turner & The Sleeping Souls. Das Fazit ist eindeutig: Diese erste Ausgabe unter freiem Himmel hat richtig Spaß gemacht – und Lust auf Fortsetzungen in den kommenden Jahren.
Als erste Band waren für 16.15 Uhr Frau Walser macht Ferien angekündigt. Da der Kopf und Namensgeber des Ensembles, Herbert Walser-Breuß, jedoch mit einer Krankheit passen musste, treten die verbliebenen Mitglieder auch ohne ihn auf. Die vier, die sich am Jazzseminar Dornbirn kennengelernt haben, spielen ohnehin als Mallet Ballet zusammen. So gelingt David Ambrosch am Bass, Alosha Uysal (Tenor- und Sopransaxophon), Drummer Felix Spiegel sowie David Soyza (Vibes) ein entspannt-grooviger Start in das Programm.
Überzeugender Auftritt von Young Rebel Set
Young Rebel Set aus Stockton-on-Tees im Nordosten Englands liefern im Anschluss Gitarre satt. Aus dem Stand sorgen sie mit ihrem erdigen Folk für Stimmung. Als „lebensbejahenden Hemdsärmelrock“ hat einmal der NME ihren Stil definiert. Damit scheinen die Kollegen so falsch nicht zu liegen: Auf jeden Fall lässt sich Sänger Matty Chipchase die gute Laune auch von einem Handicap nicht nehmen. Zum Soundcheck erscheint er mit Gehhilfe, die meiste Zeit des Konzerts verbringt er auf einem Barhocker. „Ein Pitbull-Terrier hat mich am Knöchel erwischt“, sagt er zur Entschuldigung für seinen eingeschränkten Bewegungsspielraum.
Das Rezept der Band sind eingängige Songs, die aber nicht am Reißbrett entstanden sind. Sie gewinnen Standard-Akkordfolgen, wie man sie z.B. von Neil Young kennt, durch originelle Melodien und leidenschaftlichen Gesang neue, hörenswerte Seiten ab. Im Mittelteil ist die Zeit für ruhigere, gezupfte Stücke gekommen. Mehr als einmal zuckt man zusammen und fragt sich: „Ist das nicht..? Fängt das nicht auch so an?“ Aber nein, „If I Was“, der Song, mit dem Young Rebel Set vor vier Jahren der Durchbruch gelang, folgt etwas später, als vorletztes Lied. Dazu spielen sie viel neues Material, vor allem aus ihrem neuen Album „Crocodile“, das im September erscheint und mit Paul Savage, dem Produzenten von Franz Ferdinand, in Glasgow entstanden ist.
Clara Luzia und die E-Gitarre
Clara Luzia schlägt düsterere Töne als ihre Vorgänger an. Die Zeiten als klassische Singer-Songwriterin mit Akustikgitarre scheinen vorbei. Stattdessen hat die gebürtige Niederösterreicherin, die nun in Wien lebt, E-Gitarren mitsamt Effektgeräten für sich entdeckt. Richtig schön rotzig wirken die Songs und trotz einer Cellistin auf der Bühne (Heidi Dokalik) deutlich näher am Grunge als an sperrigem Artpop. So kommt die 35-jährige Winzertochter in ihrem schlichten schwarzen Top schnell ins Schwitzen – was auch an einer Fehleinschätzung liegen mag, wie sie zugibt: „Ich hätte nicht gedacht, dass es hier in Vorarlberg so heiß ist.“ Das „-berg“ im Namen des Bundeslandes habe sie niedrigere Temperaturen erwarten lasen, „so als Wienerin glaubt man das halt.“
Vor der Bühne ist es inzwischen deutlich voller geworden, doch zum Tanzen bleibt immer noch angenehm viel Platz. „No One´s Watching“, eine Auskopplung vom neuen, dem bereits fünften Album „We Are Fish“, spielt Clara Luzia Maria Humpel ganz früh. Einen anderen Höhepunkt, eine mitreißende Coverversion von „It´s A Sin“ der Pet Shop Boys, hebt sie sich für das Ende ihres Gigs auf.
Mitreißende Show von Frank Turner & The Sleeping Souls
Frank Turner war vier Jahre Sänger in der Punkband Milion Dead. Sein Handwerk hat der Singer-Songwriter, der 1981 in Bahrain zur Welt kam und im südenglischen Winchester aufwuchs, seither nicht verlernt. Der erste Song „Four simple words“ zeigt bereits, wohin die Reise geht. Er startet verhalten, unschuldig gezupft – aber dann! Dann setzt die restliche vierköpfige Band ein und die Zuhörer werden sofort mitgerissen. Dem Refrain „I want to dance“ schließt sich das Publikum gerne an, singt und tanzt mit. Die „Sleeping Souls“ tun es ihrem Frontman gleich und zeigen vollen Einsatz. Vor allem Bassist Tarrant Anderson geht die Musik gewaltig in die Beine, er fuchtelt wild mit seinem Instrument herum.
Frank Turner hat mitgezählt: In Feldkirch spielt er Auftritt Nummer 1.425. Doch was er abliefert, ist keine Massenware, ganz im Gegenteil. Seine Natürlichkeit, sein Enthusiasmus sind herzerfrischend. Er singt über „blöde Anrufe, wenn man betrunken am Flughafen steht“ („The Way I Tend To Be“), herrliches Segelwetter und seine Herkunft als „Wessex Boy“. Neben Hits wie „Recovery“ oder „Losing Days“ sticht ein kurzer Song aus dem Repertoire heraus. Er hat ihn mit der Unterstützung von zwei poolbar-Helfern übersetzt – und zwar nicht ins Hochdeutsche, sondern in Vorarlberger Dialekt. Der Clou dabei: Diese Idee wirkt bei ihm nicht billig-ranschmeißerisch, um die Gunst des Publikums zu gewinnen, sondern einfach nur sympathisch, wie die ganze Show.
Übrigens: Wer Frank Turner (noch einmal) live in der Nähe erleben möchte, hat am 14. September im Lindauer Club Vaudeville die nächste Gelegenheit dazu.