Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Füssl · 06. Jul 2009 · Musik

Origano – ein Gratis-Sommerfestival mit Qualitätsanspruch

Im bereits achten Anlauf durfte sich der Dornbirner Kulturamtsleiter Roland Jörg in seiner Funktion als Festival-Organisator endlich einmal darüber freuen, dass das Origano-Festival zum ersten Mal in seiner Geschichte ohne Regengüsse, Kälteeinbruch oder Gewitterfront über die Bühne gehen konnte. Dementsprechend gut besucht waren die drei Abende am Dornbirner Marktplatz, wo nicht nur für das leibliche Wohl bestens gesorgt wurde, sondern auch musikalisch durchwegs hochwertige Kost auf dem Programm stand.

Kontrastprogramm zum Auftakt

„Die Bauernfänger“, die Vorarlberger Meister der schrägen Unterhaltungsmusik, sorgten am Donnerstag mit bes(ch)wingten Tönen für einen ausgelassenen Festivalauftakt. Sie ließen die massenhaft erschienen BesucherInnen gleich in die ideale Festivalstimmung dieses lauen Sommerabends eintauchen. Ein echtes Kontrastprogramm boten anschließend die drei palästinensischen Brüder Samir, Wissam und Adnan Joubran, die seit fünf Jahren als einzigartiges Oud-Trio in der Musikwelt für großes Aufsehen sorgen. Verstärkt durch den hervorragenden Perkussionisten Yousef Hbeisch präsentierten sie ihre faszinierenden Klangwelten, die einen weiten Bogen zwischen uralten arabischen Kompositionen und zeitgenössischer Improvisationskunst beschreiben. Wenn auch manchmal von ziemlich packender Rasanz oder – im Fall der gesungenen Titel –  leicht zugänglicher Gehörfälligkeit, waren die meisten Stücke doch von äußerst subtiler Bauart, was angesichts der lautstarken Festeslaune der Besuchermassen die Tontechnik zuweilen an ihre Grenzen stoßen ließ. Klarerweise ist diese Musik im Konzertsaal leichter zu konsumieren, dennoch hat es seinen Reiz, auch einmal die große Masse, die sich diese Musiker niemals in einer der „geheiligten Hallen“ anhören würde, mit solchen filigranen Tönen zu konfrontieren.

Ajas Soul und neapolitanische Lieder

Welch unglaubliche Stimme! Am Freitag zauberte die „Aja Soul Group“ mit ihrer brodelnden Mixtur aus Funk und Soul eine ordentliche Portion „Big Apple“-Stimmung auf den Marktplatz. Gerne hätte man einen Label-Boss unter den Zuhörern gesehen, der diese begnadete Stimme endlich dorthin bringt, wo sie hingehört: ins internationale Rampenlicht! Ob kraftvoll zupackend oder lyrisch verträumt, geradlinige Melodie oder durch Experimentierfreude geprägte Scat-Einlage, Aja Zischg hat mit ihrer perfekt ausgebildeten und dennoch sehr natürlich wirkenden Stimme einfach alles drauf und ließe eine Reihe der medial gehypten jungen Diven im direkten Vergleich ziemlich alt aussehen.
Vom „Big Apple“ nach Neapel dauert’s manchmal nur eine Umbaupause lang. Das sechsköpfige Neapolis-Ensemble entführte mit seinem eindrucksvollen Repertoire aus vorwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammenden neapolitanischen Liedern und Kompositionen in die heiß(blütig)e Atmosphäre der süditalienischen Metropole. Auf Gitarre, Mandoline, Mandola, Cello, Bassgitarre, Flöte und Perkussion zauberten virtuose MusikerInnen Klanglandschaften, die ein exquisites Spannungsfeld für die äußerst temperamentvolle Sängerin bildeten und zugleich dem Festival-Namen „Origano“ besonders gerecht wurden.
   
Manchmal liegt auch Mali am Mittelmeer ...
 
Den Abschlusstag eröffnete das Ensemble „Armoni“ um den am Dornbirner Jazzseminar unterrichtenden Saz-Spieler Aydin Balli, das mit einer schwungvollen, aber nicht immer ganz klischeefreien Mischung aus türkischer Volksmusik und Jazz zu begeistern wusste.
Ursprünglich sollten zumindest die Hauptacts des Origano-Festivals ja alle aus einem der ans Mittelmeer grenzenden Länder stammen – ein Konzept, das aber immer wieder einmal links liegen gelassen wurde, wenn sich besonders reizvolle Angebote eröffneten. So auch heuer angesichts der eher seltenen Gelegenheit, die seit beinahe 40 Jahren existierende „Super Rail Band de Bamako“ aus Mali nach Dornbirn zu bringen. Eine der dienstältesten Bands des Schwarzen Kontinents, die für den Afro-Beat in etwa dasselbe darstellt wie die Stones für die westliche Popularmusik, und die westafrikanische Stars wie Salif Keita oder Mory Kante als Sprungbrett zu einer internationalen Karriere diente. Geleitet wird die „Super Rail Band“ von Djelimady Tounkara, der für eine ganze Generation afrikanischer Gitarristen zum Vorbild wurde, weil es ihm gelang, die traditionellen Klänge und Phrasierungen von Kora und Balafon auf die Saiten seiner E-Gitarre zu übertragen. Mittlerweile sind nur noch zwei Musiker der Originalbesetzung dabei – neben Tounkara der Djembé-Spieler Bamba Dembelé –, aber auch die – vielleicht nicht sehr variantenreiche, aber umso mitreißendere Musik hat keinerlei Staub angesetzt und findet ohne Umwege den Weg vom Gehörgang in die Beine.
Origano 2009 – die für ein Open-air-Festival, das zugleich Marktplatz-Spektakel sein muss, mutige Programmierung wurde mit Erfolg belohnt! Sogar der sintflutartige Regenschauer kam erst, nachdem sich das Festival in Wohlgefallen aufgelöst hatte ...