Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 10. Aug 2022 · Musik

Oberflächliche „Wohlfühlmusik“ bei den Bregenzer Festspielen – die einen tauchten begeistert ein, die anderen wurden auf eine harte Geduldsprobe gestellt

Mit der Komponistin und Musikerin Éna Brennan gehen die Bregenzer Festspiele in die dritte Runde des Opernateliers. Nach den Opern „To the lighthouse“ von Zesses Seglias und „Wind“ von Alexander Moosbrugger soll das neue Werk in zwei Jahren zur Uraufführung gelangen. Gemeinsam mit dem Regisseur David Pountney und dem bildenden Künstler Hugo Canoilas arbeitet die aus Belgien stammende und in Dublin lebende Künstlerin an einem neuen Opernprojekt. Éna Brennan kuratierte eine Werkauswahl, die ihre musikalischen Präferenzen aufzeigte. Die minimalistisch angelegten Kompositionen, Soundtracks aus Filmen sowie Bearbeitungen elektronischer Musiknummern entfalteten Michal Majersky, Anita Martinek (Violine), Guy Speyers (Viola) und Detlef Mielke (Violoncello), am Vibraphon musizierte Hermann März.

Musik hat viele Funktionen und öffnet Räume, die die Zuhörenden auf ganz unterschiedliche Art und Weise zur inneren Kommunikation einlädt. Im ersten Stock des KUB wurden neben Sitzplätzen auch Matten ausgelegt, um die von Éna Brennan ausgewählte Musik liegend zu erleben.
Die hallige Akustik im KUB, auf dessen Boden ein dicker Spannteppichflor ausgelegt war, bot gute Bedingungen zur Klangentfaltung. Zuerst regte das Vibraphon in Masayoshi Fujitas Werk „Tears of Unicorn“ an, den schwebenden Klängen nachzuspüren. Doch mit den Werken „Allt Varð Hljótt“ von Ólafur Arnalds und „On The Nature Of Daylight“ von Max Richter drifteten die musikalischen Verläufe rasch ab in ein eher oberflächlich gestaltetes Klanggewebe.
Auch elektronisch komponierte Werke, die für Streichquartett bearbeitet worden sind, baute Éna Brennan in das Programm ein. Durch den ebenmäßigen Streichquartettklang wurden die ursprünglich vielfarbig und auch humorvoll konzipierten Sounds, wie beispielsweise jene von Sufjan Stevens, zu einer zeitgeistig meditativen Musiknummer eingedampft. John Taveners „The Lamb“ ist eigentlich ein Chorwerk. Weil der Fassung für Streichquartett die Vokalklänge fehlten, wurde die Musik auf einen Soundtrack reduziert.
Dass es Éna Brennan eher um eine musikalische Berieselung anstatt einer anspruchsvollen Auseinandersetzung ging, zeigte sich auch darin, dass sie den vierten Satz aus Béla Bartóks Streichquartett Nr. 4 völlig aus dem musikalisch dicht angelegten Werkzusammenhang riss. Lediglich den effektvollen Pizzicato Satz machte sie sich als Miniatur für ihre Konzertdramaturgie zunutze.
Kurz aufhorchen ließen Bryce Dessners „Tenebre“ und jene Werke, darunter auch „Untitled“ von Éna Brennan und „Ekstasis“ von Linda Buckley, in denen zum Streichquartett und Vibraphon tieffrequente Zuspielungen den Klangraum nach unten öffneten. Doch auch diese Stücke offenbarten rasch, dass sie als Mittel zur Meditation taugen können, ihnen jedoch eher wenig musikalische Substanz innewohnt. Den fehlenden kompositorischen Tiefgang konnten die konzentriert aufeinander hörenden und in einer guten Klangbalance spielenden Mitglieder des Symphonieorchesters Vorarlberg Michal Majersky, Anita Martinek (Violine), Guy Speyers (Viola), Detlef Mielke (Violoncello) und Hermann März (Vibraphon) kaum kompensieren.
Meiner Einschätzung nach beschränkte sich Éna Brennan bei ihrer Programmkonzeption auf musikalische Klangwelten, die derzeit „en vogue“ scheinen. Wer diese Art von Musik als Klangwolke oder Wohlfühlunterlage für sich selbst nutzbar machen konnte, tauchte ein- und ab und reagierte begeistert. Meiner Meinung nach wäre die im KUB dargebotene Musikauswahl und deren Bearbeitungen als Soundtracks oder für Meditationsräume geeignet. Von einem Festspielkonzert erwarte ich mir jedoch (viel) mehr musikalisch-kompositorische Qualität.

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