Neue Ausstellung im KUB ab 1. Februar 2025: Precious Okoyomon, To See the Earth before the End of the World, 2022, 59th Biennale Vendedig, 2022 (Foto: Clelia Cadamuro, © Okoyomon)
Silvia Thurner · 07. Mai 2018 · Musik

Neue Musik im Kunstforum Montafon – G. lautete das Motto eines herausragenden Konzertes mit neuen Kompositionen

Das Kunstforum Montafon bot einen idealen Rahmen für ein Konzert, in dessen Rahmen Werke von Komponisten mit den Initialen G. - nämlich Gerold Amann, Gerald Futscher und Georg Friedrich Haas – zu hören waren. Mit viel Gespür für die musikalischen Gedankenwelten dieser drei Komponisten entfalteten Guy Speyers (Viola) Mathias Johansen (Violoncello), Maximilian Ölz (Kontrabass), Hauke Kohlmorgen (Klarinette), Christoph Ellensohn (Horn) und Katharina Felder (Fagott) die Werkdeutungen und leisteten dabei Großartiges.

Der Bratschist Guy Speyers hat die Kammerkonzertreihe „Solis Musica“ in Nüziders gegründet. Seit jeher ist ihm auch die Pflege der zeitgenössischen Musik ein Anliegen. Erstmals organisierte er deshalb ein Konzert, das ganz im Zeichen unserer Zeit stand. In unterschiedlichen Besetzungen wurden bereits etablierte Werke von Gerold Amann sowie Georg Friedrich Haas interpretiert und darüber hinaus zwei neue Kompositionen von Gerald Futscher uraufgeführt.

Georg Friedrich Haas ist in Latschau aufgewachsen. Mittlerweile hat er international Karriere gemacht, lebt in New York und unterrichtet an der Columbia University. Sein Bruder, Roland Haas, ist künstlerischer Leiter des Kunstforums Montafon. So war es bei der Programmgestaltung mehr als naheliegend, im Montafon endlich wieder einmal ein Werk von G.F. Haas zum Klingen zu bringen. Das Trio „... aus freier Lust ... verbunden ...“ interpretierten Guy Speyers, Mathias Johansen und Maximilian Ölz in einem konzentrierten Geben und Nehmen. In der hervorragenden Akustik des Kunstforums Montafon entfalteten sie die gleichberechtigt nebeneinander wirkenden Stimmverläufe in vielgestaltigen Kommunikationsmustern. Die Aufmerksamkeit lenkten Anfangsimpulse auf sich, die jeweils neue Bewegungsmuster auslösten und schließlich in einer kraftvollen Passage mit Resonanztönen mündete. Wer weiß, dass der markante Werktitel aus dem Roman „Hyperion“ von Friedrich Hölderin stammt, konnte die mitteilsame Musik auch im Hinblick auf eine idealisierte Gesellschaftsordnung deuten.

Klangfarbenreiche Gibbongesänge

Der Komponist Gerold Amann ist sowohl für Georg Friedrich Haas als auch für Gerald Futscher eine bedeutende künstlerische Bezugsperson. Auch deshalb beinhaltete das durchdachte Programm Amanns „Vier Gibbongesänge“. Dieses Werk ist im Original für Streichquartett gesetzt und beruht auf transkribierten und in Musik gefassten Gesängen von Gibbonaffen aus dem Zoo in Miami. Gerald Futscher bearbeitete die Stücke für Viola, Violoncello, Kontrabass, Fagott und Klarinette und verlieh ihnen damit eine große Farbigkeit. Freilich änderte sich dadurch auch der Charakter der Gibbon-Duette, denn die exakt übertragenen Stimmverläufe wurden auf mehrere Instrumente aufgeteilt. Dies verstärkte einesteils den humorvollen und unterhaltsamen Ausdruck des Werkes. Andernteils trat dadurch die faszinierende Nähe zwischen den Lautäußerungen der Tiere und dem menschlichen Gesang in den Hintergrund.

Ein starkes Stück

Im Auftrag von Guy Speyers hat Gerald Futscher zwei neue Werke komponiert, die zur Uraufführung gelangten. Besondere Resonanz fand die Präsentation des Sextetts „Il y a une autre vie qui traverse le monde“ für Klarinette, Horn, Fagott, Viola, Violoncello und Kontrabass. Der Titel „Es gibt ein anderes Leben, das die Welt durchzieht“ dieses ausdruckstarken Werkes ist einem Gedicht von Michel Houllebecq entnommen und deutet, ohne programmatisch zu sein, auf den Sinngehalt des Komponierens von Gerald Futscher hin.

Unter der Leitung des Komponisten formten Guy Speyers, Mathias Johansen, Maximilian Ölz, Hauke Kohlmorgen, Katharina Felder und Christoph Ellensohn die kontrapunktisch angelegte Musik hervorragend aus. Höchst konzentriert und auf das Wesentliche bedacht, zeichneten sie die ornamentalen melodischen Linien nach und stellten sie zueinander in Beziehung. So entwickelte sich ein ständig variierendes Kaleidoskop an Motiven und Klangfarbenkombinationen. Impulse setzten Markierungspunkte und schufen Orientierung innerhalb des sich stets beschleunigenden Bewegungsflusses. Mit diesem Sextett schuf Gerald Futscher ein Musterbeispiel seines differenzierten kompositorischen Schaffens. Die Werkdeutung stellte enorme Ansprüche an die Musiker, umso erfreulicher war die gute und erfolgreiche Uraufführung dieses großen Werkes.

Filigran und erdig zugleich

Drei Stücke für Viola und Harmonium von Gerald Futscher ergänzten das Programm. Hervorragend aufeinander abgestimmt musizierten Guy Speyers an der Bratsche und Gerald Futscher am Harmonium. In Verbindung mit Zuspielungen entfalteten sie unterschiedliche Spannungszustände in verschiedenen Dichtegraden. Im ersten Stück wirkten die Zuspielungen jedoch zu dominant und relativierten die real geführten Instrumentalstimmen. Das zweite Stück mit den mikrotonalen Verschiebungen sowie dem atmenden Duktus des Harmoniums bildete den Höhepunkt der Trilogie. Das Pfeifen der Musiker zu den Instrumentalstimmen unterstrich die individuelle Charakteristik zusätzlich. Im abschließenden Teil schufen die Zuspielungen zusätzliche rhythmische Bezugspunkte.

Hoffentlich bald wieder

Der Konzertabend war in mehrerlei Hinsicht ein besonderes Ereignis. Programme, die sich zeitgenössischer Musik aus Vorarlberg beziehungsweise mit Bezug zum Land widmen, sind rar und in Schruns war bislang noch nie ein Werk von Georg Friedrich Haas zu hören. Die schöne Atmosphäre im Kunstforum Montafon lädt zu einer Fortsetzung dieser erfolgreich gestarteten Initiative von Musik in Räumlichkeiten der bildenden Kunst ein.