Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 06. Jun 2011 · Musik

Mutig eine große Herausforderung angenommen und damit viel Anerkennung gewonnen – Thomas Platzgummer formte am Dirigentenpult der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz rhythmusbetonte Orchesterwerke kraftvoll aus

Thomas Platzgummer hat bereits als Student die Freude am Dirigieren entdeckt und leitete in den vergangenen Jahren schon einige Orchester, vor allem in der Steiermark, wo der Cellist seinen Lebensmittelpunkt hat. Nun wurde ihm von Seiten des Feldkirch Festivals die Möglichkeit geboten, die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz zu leiten. Der humorvolle Musiker nahm die Herauforderung an. Er hatte noch nie mit diesem Orchester zusammen gearbeitet und setzte sich mit weitgehend unbekannten Werken brasilianischer und kubanischer Komponisten auseinander. Großteils wurden die Kompositionen speziell für diesen Abend einstudiert. Thomas Platzgummer überzeugte über weite Stecken mit seinem Dirigat, wenngleich das Orchester im Hinblick auf den Gesamtklang Wünsche offen ließ. Ein Höhepunkt des Abends lieferte die extravagante Pianistin Cristina Ortiz.

Der Abschlussabend des diesjährigen Feldkirch Festivals im Montforthaus wurde mit dem Werk „Celebrara – Uma abertura festiva“ von Ronaldo Miranda eröffnet. Das erst vor sechs Jahren entstandene Werk wirkte eher altbacken, aber die rhythmisch markant gesetzten Passagen, das farbenreiche Schlagwerk sowie die melodisch weiten Linien boten Thomas Platzgummer die Gelegenheit, sich und seinen Zugang zur Werkdeutung zu zeigen. Er führte die MusikerInnen mit klarer Gestik und viel Körpereinsatz. Auf den ersten Blick sah der körperbetonte Bewegungsablauf etwas eigenwillig aus, jedoch wurde schnell klar, dass Thomas Platzgummer den großen Orchesterapparat im Griff hatte und die gestalterischen Höhepunkte gut proportioniert zu entfalten wusste.

Eine herausragende Villa-Lobos-Interpretin

Die Pianistin Cristina Ortiz war eine Art Musikerin in Residence beim Feldkirch Festival 2011. Nach ihrem wenig glanzvollen Auftritt als Klavierpartnerin des Cellisten Antonio Meneses und einem erfolgreichen Meisterkurs zeigte sie ihre Souveränität im vierten Klavierkonzert von Heitor Villa-Lobos. Zwar wirkte die Musikerin auch an diesem Abend eher angespannt und ungehalten, doch ihr einsatzfreudiges Spiel ließ schnell darüber hinweg blicken. Die vier Sätze des Klavierkonzertes stellten höchste Anforderungen an die Solistin und das Orchester. Cristina Ortiz spielte mit bewundernswerter Kraft und verlieh dem Werk eine große perkussive Ausstrahlung. Wie eine Bildhauerin meißelte sie die Themenblöcke und Motive aus dem Ganzen und stellte sie zueinander in Beziehung. Das Wechselspiel mit dem Orchester war nicht immer ausgewogen. Abschnittsweise wirkten die MusikerInnen zu zurückhaltend, mitunter war die Balance zwischen den thematischen Hauptlinien im Orchester und den begleitenden Akkorden im Klavierpart nicht ideal. Trotzdem gelang eine beeindruckende Interpretation.

Guter musikalischer Mix

Im zweiten Teil kamen die Intentionen der Programmgestaltung zur Geltung. Einesteils waren hierzulande unbekannte Kompositionen von Alejandro G. Caturla und Oscar Fernández aus Kuba und Brasilien zu hören, andernteils wurde der Blick mit Werken von Darius Milhaud und Isaac Albéniz von Frankreich und Spanien aus nach Lateinamerika gelenkt. Auf diese Weise entstand eine reizvolle Mischung unterschiedlicher musikalischer Stile, die gute Unterhaltung boten.

Wenig orchestrale Strahlkraft

Vor allem in Milhauds „Saudades do brasil“ op. 67b entfaltete sich nur wenig orchestrale Brillanz. Die MusikerInnen spielten zwar sympathisch bemüht, jedoch in sich eher wenig aufeinander abgestimmt. Gut modelliert erklangen dynamische Steigerungen. So wurden beispielsweise durch die Zurückhaltung bei den Wiederholungen des Hauptthemas Spannungsbögen wirkungsvoll gesteigert.

Engagement und gestalterische Lust

Isaac Albenéniz’ „Rapsodia Cubana“ (aus „The Magic Opal“) erklang in sich abgerundet. Besonders in diesem Werk kam die melodisch ausgerichtete Linienführung im Dirigat von Thomas Platzgummer zum Ausdruck.  Mit rhythmischem Elan stellte das Orchester die „Tres Danzas Cubanas“ von Alejandro G. Caturla in den Raum. Spätestens in diesem Werk wurde klar, dass die Südwestdeutsche Philharmonie Konstanz und Thomas Platzgummer in dieses Konzert sehr viel Engagement hinein gelegt haben. Denn der musikalische Satz stellte große Anforderungen, die gut bewältigt wurden. Quasi als Rausschmeißer und in gelöster Stimmung erklang abschließend „Batuque“ von Oscar L. Fernández.
Das Publikum applaudierte begeistert und feierte vor allem Thomas Platzgummer. Am 11. Juli leitet er vom Cellopult aus die „Musica Argentea“ im Rahmen des Barockfestes beim Montafoner Sommer.