"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 04. Nov 2013 · Musik

Mit einer Mischung aus Bekanntem, Raritäten und Neuem zum Erfolg – Das erste Konzert der Reihe „KiM“ fand viel Zuspruch

Das Auftaktkonzert der neuen Kammermusikreihe im vorarlberg museum (KiM) war ein voller Erfolg. Das „ensemble plus“ rund um Andreas Ticozzi offerierte dem Publikum eine Rarität von Reinhold Glière, ein neues Werk von Gerald Futscher und zwei berühmte Kompositionen von Mozart und Brahms. Im Mittelpunkt standen Gerald Futschers Werk „Für Viola“ und der Klarinettist Martin Schelling mit Mozarts Klarinettenquintett. Sowohl die Qualität der Werkdeutungen als auch das Ambiente im Vortragssaal des vorarlberg museums überzeugten. Überdies ist ein vermehrtes Angebot an Kammermusik eine Bereicherung für Bregenz.

Der Klarinettist Martin Schelling ist unter anderem als Soloklarinettist des Symphonieorchesters Vorarlberg (SOV) bekannt. Bereits im Jahr 2007 spielte er mit dem SOV den Solopart in Mozarts Klarinettenkonzert. Nun musizierte Martin Schelling das Klarinettenquintett von W.A. Mozart, KV 581 mit dem „ensemble plus“. Doren Dinglinger und Anita Martinek (Violine), Monika Bazgier (Viola) und Florian Rohn (Violoncello) waren ihm gute KammermusikpartnerInnen. Die Klangfarben des Streichquartetts und der Klarinette verbanden sich hervorragend, der gemeinsame Atem zwischen den MusikerInnen war spürbar.

Schwungvoll und energiegeladen artikuliert erklang der Eröffnungssatz, in dem die Klangfarbencharaktere der Klarinette vielgestaltig zur Geltung kamen. Exakt phrasierte melodische Bögen sowie ausgeprägte Artikulationen verliehen der Musik einen sprechend erzählenden Duktus. Vor allem Doren Dinglinger an der ersten Violine förderte die Kommunikation mit dem Klarinettisten, so dass sich anregende Dialoge und Wechselspiele entwickelten. Im Larghetto füllte Martin Schelling jeden Ton mit einem klangvollen Innenleben aus. Besonders in den zart zelebrierten Pianissimolinien zeigte er sein spezifisches Können sowie Nervenstärke und entfaltete das warme Timbre seines Instruments.

Rustikal eröffneten die Musiker das Minuetto und stellten einen wirkungsvollen Gegensatz zu den beiden Trios her, wo Vorhalte und harmonische Wendungen, Reibungen sowie Verzierungen in einem gut ausbalancierten Spiel erklangen. Mit einem eher langsamen Grundtempo wurde der Finalsatz eingeleitet. Auf diese Weise entstand eine Erwartungshaltung hin zu den virtuosen Variationen, die Martin Schelling mit Elan und bewundernswerter Spieltechnik ausformulierte.

Trockene Akustik


Die Werkdeutung fand begeisterte Zustimmung, zumal die akustischen Bedingungen im Saal des vorarlberg museums für die Musiker nicht ideal waren. Der gesamte Raum ist mit Holz ausgekleidet, eine schalldämmende Decke und ein Podium, das die tiefen Frequenzen verstärkt, bewirken eine überaus heikle und trockene Akustik, in der jede kleine „Unebenheit“ zum Tragen kommt.

Die raumakustischen Gegebenheiten stellten für das „ensemble plus“ vor allem im Streichsextett op. 18 von Johannes Brahms eine große Herausforderung dar. Doren Dinglinger, Anita Martinek, Monika Bazgier, Andreas Ticozzi (Va), Florian Rohn und Bianca Riesner (Vc) musizierten mit großen Gesten und kehrten den tänzerischen Impetus im Eröffnungssatz hervor. Sie intensivierten den Klangfluss mit Bordunklängen, stellten musikalisch perspektivische Nahe- und Fernverhältnisse dar und spielten mit viel Kommunikation zueinander. Die parallelen Linien wurden exakt geführt und der Streicherklang in symphonische Breiten gesteigert. Dennoch erklangen einige Passagen eher wenig prägnant ausgeformt und überdies litten einige Abschnitte im Hinblick auf die Intonation.

Aus den acht Stücken für Violine und Violoncello op. 39 des hierzulande wenig bekannten, russischen Komponisten Reinhold Glière spielten Doren Dinglinger und Florian Rohn fünf Sätze. Die neoklassizistische Tonsprache der Stücke mit Anklängen an die russische Volksmusik entfaltete ein unterhaltsames Flair.

Bratsche und Vokalzuspielung


Mit Spannung wurde die österreichische Erstaufführung des Werkes „Für Viola“ von Gerald Futscher erwartet. Andreas Ticozzi spielte die beiden Ecksätze der dreiteilig angelegten Komposition. Das Werk ist dem Bratschisten auf den Leib geschrieben. Die solistische Nummer hat Gerald Futscher mit einem wirkungsvollen Trick gedoppelt. Besonders den Eröffnungssatz füllte er mit Leben, denn der Bratsche stellte der Komponist eine Zuspielung mit einer instrumental verfassten Vokallinie zur Seite. Gerald Futscher selbst hat den Vokalpart gesungen und aufgezeichnet, in dem er mit Kehllauten und Kopfstimme teilweise geräuschartige und auch mehrstimmige Phrasen fabrizierte. Im Wechselspiel mit der Bratsche entwickelten sich kommunikative Bewegungsmuster. Vor allem dann, wenn sich die Bratsche mit Flageoletts der Zuspielung annäherte, wurde die Spannung gesteigert.

Kanon


Polyphon entwickelte sich der Finalsatz, wo der real erklingenden musikalischen Linie die Zuspielung kanonisch dazugestellt wurde. Die filigranen Klangqualitäten der Bratsche im Wechsel mit impulsiven Ereigniseinheiten und Liegetönen, polyphon gesteigert durch die kanonische Form, ergaben anregende und immer wieder neu beleuchtete Verbindungslinien und Reflexionsflächen. Das Werk entwickelte sich kurzweilig. Allerdings waren die Lautstärkeverhältnisse zwischen der Bratsche und der Zuspielung nicht optimal aufeinander abgestimmt. Überdies lebt eine Zuspielung immer auch von der Qualität des Wiedergabegerätes und dieses ließ im Saal des vorarlberg museums Wünsche offen.