Das Wiener Burgtheater war mit Molières „Der Menschenfeind“ unter der Regie von Martin Kušej im Bregenzer Festspielhaus zu Gast ( Foto: Matthias Horn))
Silvia Thurner · 06. Aug 2017 · Musik

Lockrufe, Blütenfarben und Wasser – „Zeitklang im Museum II“ – zum 80. Geburtstag von Gerold Amann vereinte vielschichtige Werke miteinander

Auch das zweite Konzert des Wiener Concert-Vereins anlässlich des 80. Geburtstages von Gerold Amann im vorarlberg museum war ein schönes Fest. Im Mittelpunkt standen an diesem Abend Gerold Amanns "Naturstudie für Flöten" und "Ö! Zur Lage der Kulturnation". Beide Werke brachten seinen individuellen künstlerischen Standpunkt eindrucksvoll zur Geltung. Violinkonzerte von Gabriele Proy und Alfred Huber, dargeboten von der Solistin Elena Denisova, sowie Richard Dünsers „Canti Notturni“ mit dem Klarinettisten Martin Schelling ergänzten das Programm und ermöglichten Einblicke in ganz unterschiedliche kompositorische Stilrichtungen. Richard Dünser leitete die Musikerinnen und Musiker des Wiener Concert-Vereins umsichtig und mit einer klaren Gestik.

Mit einer faszinierenden Werkdeutung der „Naturstudie für Flöten“ von Gerold Amann eröffneten Erwin Klambauer und Alexandra Uhlig den anregenden Abend. Eigentlich sind die Transkriptionen von Vogelgesängen für eine Soloflöte notiert. Doch die beiden Musiker brachten durch die Aufstellung im Raum, vor dem passenden Ausblick durch das große Fenster direkt in eine Baumkrone, eine stimmungsvolle Note ein. Außerdem spielten die Musiker reizvoll mit dem Raumklang im Vortragssaal des vorarlberg museums. Auf diese Weise und im prägnanten Spiel der beiden entwickelten sich die Gesänge der Amsel, der Birkhahnbalz, der Kohlmeise und anderer zu feinsinnigen musikalischen Gebilden, mit denen die Natur direkt in den Konzertsaal herein geholt wurde. Dem Spiel hörte das Publikum höchst konzentriert und mucksmäuschenstill zu und erhöhte damit die Wirkung zusätzlich.

Amüsant

Auch Gerold Amanns Komposition „Ö! Zur Lage der Kulturnation“ für drei Bratschen hat längst seinen Weg in den Konzertsaal gefunden. Auch bei dieser Interpretation kam der zugleich humorvolle und auch zeitkritische Charakter des geistreichen Stückes mit vielen Zitaten und Anspielungen voll zur Geltung und amüsierte die Zuhörenden. Werner Frank und Isabella Stepanek an den Bratschen verkörperten ihre Rollen, unterstützt von Martin Lehnfeld, hervorragend.

Gabriele Proys Komposition „Campanulaceae für Solovioline und Streichorchester“ präsentierten der Wiener Concert-Verein unter der Leitung von Richard Dünser und die Geigerin Eleana Denisova erstmals in Österreich. Gabriele Proy war persönlich beim Konzert anwesend und erzählte von ihren Intentionen. Wie Gerold Amann bezieht die Komponistin wesentliche Impulse aus der Natur. In ihrem Violinkonzert spielte sie mit unterschiedlichen Farbschattierungen der Glockenblumen. Die vielseitigen Klangnuancen und die Wechselspiele zwischen der hervorragenden Solistin Elena Denisova und dem Streichorchester bewirkten reizvolle Klangflächen und tremolierend aufgeraute Bewegungen. Überdies verströmte das leicht zugängliche Werk einen ‚archaisch-ethnischen’ Touch und ließ mit feinsinnig verwobenen und schattierenden Klangmustern aufhorchen.

Große Herausforderung

Hohe Ansprüche an die Musikerinnen und Musiker stellte die Uraufführung des neuesten Werkes „Ktur“, op. 31 für Solovioline und Streichorchester von Alfred Huber. Impulsiv und vielgestaltig spielte Alfred Huber mit den zugrunde gelegten musikalischen Materialien aus Themengestalten und rhythmischen Patterns. Inspiration bot ihm die Verarbeitung und das Ausloten von musikalischen Strukturen und Frakturen, also der Zerstörung der Strukturen. So entwickelte sich eine abwechslungsreiche Musik, in der das Ganze und dessen Fragmentierung aus unterschiedlichen Perspektiven ausgeleuchtet wurden. In einigen Abschnitten brachten die Musiker die zugrunde liegenden Ideen gut zur Geltung, vor allem die rhythmischen Passagen litten jedoch unter der etwas ungenauen Spielart. Ihre exponierte Stellung der Solovioline füllte Elena Denisova voll aus. Bei Richard Dünser liefen die Fäden zusammen, konzentriert leitete er die Musikerinnen und Musiker.

Die theatralisch angelegten „Canti notturni“ für Bassetthorn und Streichquartett hat Richard Dünser für den Klarinettisten Martin Schelling komponiert. Die klanglichen Reize dieses schönen Instruments, das mit einem sonoren tiefen Klang und einem beeindruckend großen Tonumfang sowie warmen hohen Lagen fasziniert, brachte der Solist sehr schön zum Ausdruck. Jacqueline Roschek, Celine Roscheck, Werner Frank und Erik Umenhoffer boten in Streichquartettbesetzung die „Kulisse“ für den Part des Bassetthorns. Die Spielart der Streicher war abschnittweise etwas wenig konturiert, doch der poesievolle Ausdrucksgehalt des Werkes kam trotzdem zur Geltung.

Wertvolle Initiative

Gerold Amann dankte für die Initiative von Manfred Welte und Christian Roscheck und unterstrich die Gemeinsamkeiten aller dargebotenen Werke, denn die Intention aller Komponisten sei es, den „Dingen auf den Grund zu gehen“. Anregend kamen genau diese Intentionen bei „Zeitklang im Museum II“ zum Ausdruck, eine wertvolle Initiative innerhalb des Festspielsommers in Bregenz.