Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 02. Okt 2022 · Musik

Lieder der Nacht, von Ruhelosigkeit und Vergebung – Standing Ovations für Konstantin Krimmel und Wolfram Rieger bei der Schubertiade Hohenems

Die Sopranistin Fatma Said hatte ihren Auftritt bei der Schubertiade Hohenems abgesagt. An ihrer Stelle gab der Bariton Konstantin Krimmel einen Liederabend mit Kompositionen von Franz Schubert und Carl Loewe. Zusammen mit Wolfram Rieger am Klavier zogen die beiden Künstler das Publikum in ihren Bann, denn bis in die tiefsten Empfindungen durchlebte Konstantin Krimmel die dargebotenen Lieder und Balladen, zuerst mit Franz Schubert melancholisch sowie in romantisch empfundener Todessehnsucht und schließlich mit Carl Loewe dramatisch klangmalend und heroisch. Als kongenialer Partner deutete Wolfram Rieger die Klavierparts aller Werke bewundernswert plastisch aus.

Als Konstantin Krimmel im Juli 2020 bei der Schubertiade Hohenems debütierte, war klar, dass man von dem aus Deutschland stammenden Bariton noch viel hören wird. In den vergangenen beiden Jahren hat sich seine differenzierte Kunst der feinsinnigen Ausdeutung der Liedtexte nochmals verfeinert. Gleichzeitig besitzt der Sänger eine große Persönlichkeit, um auch machtvollen Balladen mit einer bewundernswerten Bühnenpräsenz und in allen Registern kraftvollen Stimme eine imposante Ausdrucksstärke zu verleihen.
Zuerst interpretierte Konstantin Krimmel Lieder von Franz Schubert. Sogleich mit „Der Wanderer“ (D 489) kamen die Qualitätsmerkmale des Liedsängers höchst beeindruckend zur Geltung. Er intonierte den Beginn fast rezitierend, gab den nachfolgenden Textinhalten, von der Sprache ausgehend, einen feinsinnigen Duktus. Die konzentrierte Ruhe und zugleich die Spannkraft, mit der Konstantin Krimmel und Wolfram Rieger „Am Bach im Frühling“, „Der Schiffer“, „Nachtstück“, „Des Fischers Liebesglück“ sowie „An den Mond“ und „Der Wanderer an den Mond“ entfalteten, übertrug sich auf das aufmerksam zuhörende Publikum. Konstantin Krimmels nuancierte Dynamik der Stimmführung und das weiche Timbre kristallisierten die Textinhalte und Chiffren über Lebensbilder und Todessehnsucht sowie Heimatlosigkeit und Heimatfindung gut nachvollziehbar heraus.
Einen wesentlichen Anteil an den eindrücklichen Werkdeutungen hatte Wolfram Rieger, der den Klavierpart aller Lieder wunderbar detailreich ausdeutete und die Psychologie der Liedinhalte auf instrumentaler Ebene unterstrich.
Die Loewe-Balladen sprachen einen anderen Charakterzug von Konstantin Krimmel an. Kräftig im Ausdruck und raumgreifend in der dynamischen Ausgestaltung stellte er die Balladen „Odins Meeresritt“, „Erlkönig“, „Geisterleben“, „Die Überfahrt“ und „Archibald Douglas“ von Carl Loewe in den Markus-Sittikus-Saal. Verbunden mit den illustrativen Bildern des Klavierparts entstanden dramatische und auch drastische Tonmalereien und Melodramen, die wohl niemanden im Saal kalt ließen. So offenbarten sich unter anderem romantische Welten von Geistern und Dämonen oder auch Erinnerungen an Freundschaften. Epische Ausmaße nahm die Ballade „Archibald Douglas“ an, in der Konstantin Krimmel und Wolfram Rieger die Geschichte des Heimatverlorenen, dem schließlich vergeben wird, spannungsgeladen schilderten.

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