"Rickerl – Musik is höchstens a Hobby" derzeit in den Vorarlberger Kinos (Foto: 2010 Entertainment / Giganten Film)
Silvia Thurner · 13. Dez 2010 · Musik

Kammermusik mit Freunden - Das letzte Konzert der Reihe „sul palco“ im Bregenzer Theater am Kornmarkt war inspirierend und langatmig zugleich

Gerne spielen die MusikerInnen des "ensemble plus" mit dem Komponisten und Musiker Rudi Spring zusammen. Für das letzte Konzert dieser Saison kuratierte der in München lebende Komponist und Pianist ein Kammerkonzert. Die Eigenkompositionen hinterließen einen positiven Eindruck und Hans Eislers „Vierzehn Arten den Regen zu beschreiben“ sowie Zemlinskys Fragmente boten interessante Hörerfahrungen. Das "Quintett in B" von Franz Schmidt wurde zwar gut interpretiert, wirkte in der kompositorischen Anlage jedoch altbacken und schwülstig im musikalischen Ausdruck.

Rudi Spring ist bestens informiert über die Kompositionsgeschichte der vergangenen Jahrhunderte. Auf das Programm der Kammermusikmatinee im Kleinen Haus des Vorarlberger Landestheaters setzte er Raritäten, die nicht alle Tage zu hören sind. Dazu zählen Alexander Zemlinskys Quartette für Klarinette und Streichtrio, die in den Jahren 1938 in Wien und 1939 in New York entstanden sind. Martin Schelling (Klarinette), Hannah Weirich (Violine), Andreas Ticozzi (Viola) und Jessica Kuhn (Violoncello) interpretierten das erste Fragment mit einem elegischen Grundton, entwickelten die charakteristischen Tonlinien transparent durch die Klangfarben hindurch, unterstrichen den Mitteilungscharakter des Werkes und erhöhten die Spannung bis zum abrupten Ende, das quasi in einem Aufschrei der Stimmen mündete. Das Fragment New York hat Zemlinsky geschaffen, nachdem er nach der Kräfte raubenden Flucht vor den Nazi in den USA angekommen war. Das Ausgangsmaterial ist ähnlich wie im Fragment Wien. Die kompositorische Anlage entwickelte sich aus eng verschlungenen Tonlinien, die sich voneinander lösten, in punktierten Feldern aufbäumten und in gezackten, parallelen Linien geführt wurden. Konzentriert und in guter Übereinstimmung musizierten die Ensemblemusiker.

Töne auf Leinwand

Als Filmmusik sind die „Vierzehn Arten den Regen zu beschreiben“, op. 70 von Hans Eisler entstanden. Die Musiker spielten transparent, so dass das musikalische Gewebe wie ein Vexierbild wahrgenommen werden konnte. Jedem Ton verliehen die Kammermusiker ein individuelles Gewicht. So ergaben sich differenzierte Klangmuster und Dialogstrukturen mit interessant geführten, gegenläufigen Linienführungen.

Ausdrucksformen des Tanzes

„L’ Harlequin“, sechs Tanzminiaturen, op. 2 komponierte Rudi Spring bereits als Jugendlicher, in den Jahren 1987 und 2008 überarbeitete er das unterhaltsame Werk. Die ausgefallene Instrumentenkombination mit Querflöte (Anja Baldauf) und Bongos (Stefan Greussing) sowie Klavier (Rudi Spring) wirkte inspirierend. Bereits im ersten Abschnitt ergänzten sich die Flöte und die Bongos höchst anregend, motorisch wirkte der "Danse des Machines". Anschließend führte die Musik in einem schwebenden in sich kreisenden Abschnitt. Eine Klammer zum „Danse des Machines“ bildete der „Danse de la pluie“, bevor am Ende ein übersteigerter Tanz mit einem überraschenden Schluss erklang.

Originelles Spiel mit Vorgegebenem

In „Kaleidoskop“, op. 76, Nr. 2 aus dem Jahr 2001 setzte sich Rudi Spring mit dem Sonatenfragment D 769 A von Franz Schubert auseinander. Darin kam seine Lust des kompositorischen Spiels mit vorgegebenen Materialien gut zum Ausdruck. Entstanden ist ein kurzweiliges und farbenreiches Werk, das viele Hörperspektiven ermöglichte.
Rudi Spring gab im Gespräch mit Bettina Waldner-Barnay Einblicke in seine kompositorische Denkwelt und erklärte Wirkzusammenhänge der Werkauswahl. Seine mitteilsame und kluge Art über Musik im Allgemeinen und seine Musik im Besonderen zu sprechen, war informativ und wirkte sympathisch.

Schnee von vorgestern

Im zweiten Teil wurden Zemlinskys Fragmente in umgekehrter Reihenfolge noch einmal gespielt, um anschließend den interpretatorischen Weg zu Franz Schmidts „Quintett in B" aus dem Jahr 1932 weiter zu gehen. Die Besetzung für Klarinette, Streichtrio und Klavier für die linke Hand brachte einige reizvolle Aspekte zu Tage. Die Klarinette verlieh dem musikalischen Fluss abschnittsweise eine orchestrale Klangwirkung. Die Reduktion des Klaviers auf eine Hand machte diesen Part filigran und leichtfüßig. Obwohl die Musiker gut aufeinander abgestimmt die Klangbögen ausformten, erlebte ich die Musik als langatmig. So wirkte der zweite Konzertteil im Vergleich mit der ersten Hälfte eher altbacken und wenig beeindruckend.