"Die Sterne" im Spielboden Dornbirn: Frontmann Frank Spilker und Philipp Janzen an den Drums (Foto: Stefan Hauer)
Silvia Thurner · 25. Jul 2022 · Musik

Japanische Musik und Poesie mit dem Ensemble Modern und der Autorin Miki Sakamoto – ein eher mühsames Erlebnis

Die erste Ausgabe der beliebten Reihe „Musik und Poesie“ bei den Bregenzer Festspielen lud mit dem ansprechenden Motto „Schmetterlingseffekte“ ins Seestudio. Das renommierte Ensemble Modern präsentierte neue Werke japanischer Komponist:innen und die Autorin Miki Sakamoto trug Gedichte vor. Doch die Konzertlesung entpuppte sich als eher anstrengendes Hörerlebnis, denn die naturromantischen Gedichte der Autorin und die avancierten Kompositionen passten wenig zueinander. Unverständlich (um nicht zu sagen nachlässig) war die Art der Vermittlung der Kompositionen, denn den Zuhörenden wurden keinerlei Informationen zu den hierzulande völlig unbekannten Werken, unter anderem von Yu Kuwabara, Ondřej Adámek, Chikage Imai, geboten. Damit verspielten die hervorragenden Musiker:innen das große Potential der vielgestaltigen Werke.

Im Rahmen von „Musik und Poesie“ nahm das in Frankfurt beheimatete Ensemble Modern Bezug auf die Oper am See und stellte japanische Musik in den Mittelpunkt ihrer Darbietungen. Die meisten Werke erklangen in Duobesetzungen, so dass der Fokus auf feinsinnige Tongebungen und Klangqualitäten gerichtet war. Nach dem von Hermann Kretzschmar gut nachvollziehbar interpretierten Klavierwerk „Canone“ von Takako Yoshida, stellten Jagdish Mistry (Violine) und Megumi Kasakawa (Viola) das Werk „Lamento II“ von Malika Kishino vor. Dabei trieben sie sich gegenseitig an und entwickelten ein spannendes Spiel zwischen Impulsgebern und den nachfolgenden Phrasen, die den Klangfluss in Bewegung setzten. Klanglich schön eingebettet erklangen japanische Melodien.
„Osmosis Phoneme“ von Chikage Imai stellte die Flöte (Dietmar Wiesner) und die Trompete (Sava Stoianov) zueinander in vielfältige Beziehungen. Was zuvor mit den Streichern zu erleben war, setzte sich nun mit Bläsern fort, so dass reizvolle Reminiszenzen entstanden. Die flirrenden Gesten, unterschiedlich schattierte Luft- und Spaltklänge sowie gesungene Linien entfalteten ein energetisches Gewebe. Allerdings beeinträchtigten die hohen, unangenehm lauten Klangkonglomerate das Hörerlebnis.
Den Höhepunkt des Abends bildete das Werk „Chamber Noise I“ für Violoncello (Eva Böcker) und Kontrabass (Paul Cannon) von Ondřej Adámek. Besonders in diesem Werk war das Manko zu spüren, dass die Zuhörenden keine Informationen über die dem Werk zugrundeliegenden Intentionen erhielten. Glissandierende Tonpassagen führten langsam in den ritualhaften Charakter der Musik ein. An die japanische Trommel Taiko erinnerten die perkussiven Akzente. Markante Schläge unterteilten die Abschnitte und wiesen in Richtung des traditionellen japanischen No-Theaters. Die unterschiedlichen Formen und Ausprägungsgrade der Vibrati sowie die rezitierten Worte setzten viel Energie frei.
Abschließend musizierte das Ensemble Modern das Werk „Dharani no Manimani“ von Yu Kuwabara. Dabei wurde eine immer wiederkehrende Floskel in facettenreich ausgestattete musikalische Umgebungszusammenhänge geführt.

Naturerlebnisse als sprechende Blätter

In stoischer Ruhe präsentierte die japanische, seit Jahrzehnten in Bayern lebende Autorin Miki Sakamoto ihre Gedichte. In den Mittelpunkt ihrer Naturbetrachtungen stellte sie eigene Gefühle, Assoziationen zu Farben und Gerüchen im Zengarten, konzentriert wahrgenommene Vogelgesänge, die zeitlose Ruhe bei Wasserbeobachtungen, Stimmungen vor und nach dem Sturm sowie Erinnerungen, die Blumen wecken. Die Autorin trug die Texte teilweise auch auf japanisch vor und gab damit Einblicke in den Klang der Sprache.
Miki Sakamotos Gedichte boten Ruheinseln zwischen den Werkdeutungen. Die Rezitation und der leise Vortrag der Autorin forderten ein aufmerksames Zuhören ein. Als Ganze betrachtet überwog der Eindruck, dass nur wenig inhaltliche Kongruenz zwischen den Gedichten und den ausgewählten Kompositionen bestand. Da half auch das abschließend intonierte Volkslied nichts.
Eine Sammlung japanischer Künstler:innennamen und deren Werkdeutungen allein ergeben eindeutig zu wenig Sinnzusammenhänge.