Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 04. Nov 2017 · Musik

In der Musik liegt die Erleichterung – im Rahmen von „Musik in der Pforte“ erklangen groß besetzte Chor- und Orchesterwerke mit eindringlicher Kraft

Die Konzertreihe „Musik in der Pforte“ rund um den künstlerischen Leiter Klaus Christa hat zum Saisonsabschluss die Kräfte gebündelt und ein Konzerterlebnis geboten, das noch lange in Erinnerung bleiben wird. Nach längerer Pause musizierte wieder einmal das pforte-Kammerorchester und wirkte mit dem allseits bekannten Chor „Vocale Neuburg“ und dem „pforte vocal Ensemble“ sowie den Solisten Simone Vierlinger (Sopran), Dora Doceva-Kutschi (Alt), Walter Ess (Tenor) und Äneas Humm (Bass) zusammen. Unter der Leitung von Kay Johannsen gingen die Musikerinnen und Musiker dem Leitgedanke „Musik in Zeiten der Bedrängnis“ nach. Die darauf beruhende Werkauswahl mit Schostakowitschs Kammersymphonie, der Uraufführung der Kantante „The Moment“ von Martin Lindenthal und der berühmten „Nelson-Messe“ von Joseph Haydn verströmte eine mitreißende Kraft. Aus mehreren Gründen lassen sich die enthusiastischen Interpretationen und das Erlebte gut und gerne in Superlativen beschreiben.

Schon vor Jahren gründete Klaus Christa das „pforte Kammerorchester“, um auch Orchesterwerke aufführen zu können. In diesem Klangkörper musizieren professionelle Musiker und Studierende des Landeskonservatoriums miteinander. Klaus Christa spielte in den Reihen des Orchesters, die musikalische Leitung hatte der hervorragende Dirigent Kay Johannsen inne.

Beklemmende Wirkung

Einleitend erklang die Kammersymphonie von Dmitri Schostakowitsch. Dieses Werk beruht auf dem autobiografisch angelegten achten Streichquartett, das der Komponist in für ihn schweren Zeiten im Jahr 1960 komponierte und den Opfern des Krieges und des Faschismus gewidmet hat.

Unter anderem die vielen Selbstzitate und Signaturen, die schroffen Gegensätze im zweiten Satz, die rohe Gewalt und die „Verdrehung“ der Themen ins Banale, schneidende Liegetöne in der Violine und die in den harmonischen Farben veränderten Charaktere der einzelnen Motive gestaltete das „pforte-Kammerorchester“ derart eindringlich, dass sich im Festsaal des Landeskonservatoriums eine unmittelbar wahrnehmbare, beklemmende Atmosphäre einstellte. In einem gemeinsamen Atem und mit einem versöhnlicheren Ton ebbte die Musik schließlich ab.

Über die interpretatorische Kraft dieser Werkdeutung ließe sich vieles sagen. Dass diese Darbietung im Rahmen von „pforte um sieben“ eine besondere werden würde, war sogleich nach den ersten Takten klar. Denn die Art wie die Musikerinnen und Musiker im einleitenden Motiv den atmenden Bogen und den daran anschließenden Seufzer ausformulierten, zog sofort die Aufmerksamkeit auf sich.

Textdeutende Musik

Den Mittelpunkt des Abends stellte die Uraufführung des Chor- und Orchesterkomposition „The Moment“ von Martin Lindenthal dar, das im Auftrag von Klaus Christa speziell für diesen Konzertabend entstanden ist. Eine eigene Farbe erhielt das aussagekräftige Werk durch den Einsatz des Vibraphons, gespielt von Adrian Lindenthal. Zu Beginn öffnete sich ein großer Klangraum aus auf- und abebbenden Tonschichtungen. Der gut ausgeglichene Chorsatz wurde getragen von den Streicherpassagen, die in parallelen Linien und gegenläufigen melodischen Mustern den Text von R.M. Rilke und Margaret Atwood interpretierten. Die abschnittweise unisono mit der Singstimme geführten Streicherbegleitungen verliehen Sicherheit, beeinträchtigten jedoch mitunter die Textdeutlichkeit.

Ebenso wie zuvor Schostakowitsch Kammersymphonie endete „The Moment“ mit einem Zuversicht verströmenden, wiegenden Duktus. Genau diese versöhnliche Botschaft enthielt auch die „Missa in angustiis“ von Joseph Haydn.

Dramatik, Leidenschaft und Zuversicht

Enthusiastisch in der leidenschaftlichen Umsetzung wirkten das „pforte Kammerorchester“, „pforte Vokal“ und der Kammerchor Vocale Neuburg unter der Leitung von Kay Johannsen zusammen. Die vier Solistinnen und Solisten Simone Vierlinger (Sopran), Dora Doceva-Kutschi (Alt), Walter Ess (Tenor) und Äneas Humm (Bass) ergänzten den Chor hervorragend und gestalteten ihre Partien emphatisch aus.

Haydns „Messe in der Bedrängnis“ war titelgebend für den gesamten Abend und wurde in der originalen Besetzung für Streicher, Trompeten, Orgel und Pauken aufgeführt. Neben der Molltonart erhielt die Musik durch die spezifische Instrumentation eine schroffe Kraft, die in der Werkdeutung voll zum Tragen kam. Aufbrausend und bewegt erklang das einleitende Kyrie. Den Emotionen ließen die Interpretinnen und Interpreten auch im Gloria freien Lauf und entwickelten in der abschließenden Fuge eine mitreißende Sogwirkung.

In guten Stimmverhältnissen, deutlichen Phrasierungen und Betonungen wurde auch das Credo modelliert, das von dominant dargebotenen Tonsymbolen lebte. Das Chormelisma im „Amen“ erklang schließlich wunderbar getragen vom kraftvoll agierenden Orchester. Fesselnd bis zum letzten Ton und mit dem eindringlich ausformulierten „Dona nobis pacem“ wirkte die Werkdeutung noch lange nach.

Den Jugendlichen eindrückliche Erfahrungen ermöglichen

Im Rahmen dieses eindrücklichen Konzerprojektes erhielten auch zahlreiche Chorsängerinnen und –sänger sowie Studierende die Gelegenheit, sich aktiv einzubringen. Dieses einvernehmliche Zusammenwirken von Profis, Laien und Studierenden ermöglichte vor allem den Jugendlichen Erfahrungen, die sie sicher noch lange begleiten werden.

 

Tipp:

Samstag, 4. November 2017, Kulturbühne AmBach, 20 Uhr
Vocale Neuburg | Pforte Vocal | Pforte-Kammerorchester
Leitung: Kay Johannsen
Simone Vierlinger, Sopran; Dora Kutschi, Alt; Walter Ess, Tenor; Äneas Humm, Bass
Dmitri Schostakowitsch: Kammersymphonie
; Joseph Haydn: Nelson-Messe