Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 04. Aug 2013 · Musik

Im gemeinsamen Zusammenwirken über sich selbst hinauswachsen – 94 junge MusikerInnen und 9 Dozenten der „Wiener Symphoniker“ erhielten jubelnden Beifall

Ab und zu spürt man als Konzertbesucherin eine besondere Energie von der Bühne her strömen. Dieses seltene Ereignis war bei der crossculture Blasorchestermatinee bei den Bregenzer Festspielen zu erleben, als die TeilnehmerInnen des „1. Internationalen Bodensee Camps“ mit ihrem musikalischen Leiter Martin Kerschbaum ihr Konzertprogramm präsentierten. Alle wirkten mit großer Lust am gemeinsamen Tun zusammen und so war ein funkensprühendes Konzert zu hören. Geboten wurde vieles was das Herz begehrt, unter anderem romantische Kantilenen, rhythmische Kraftfelder, bildhafte musikalische Landschaften und im Mittelpunkt die Uraufführung „Variationen über die Zauberflöte“ von Reinhard Süss.

Christoph Indrist, Helmut Geist und Wolfram Baldauf vom Vorarlberger Blasmusikverband hatten eine hervorragende Idee, sie initiierten und organisierten ein Musikcamp sowie ein Gemeinschaftskonzert mit Dozenten der „Wiener Symphoniker“. Vierundneunzig junge MusikerInnen aus der Region und neun Dozenten haben die vergangene Woche engagiert gearbeitet. In zahlreichen Stimm- und Gesamtproben wurde ein überaus anspruchsvolles Konzertprogramm einstudiert, das die besonderen Qualitäten eines groß besetzten symphonischen Blasorchesters fassettenreich darstellte. Der musikalische Leiter Martin Kerschbaum hatte Werke ausgewählt, die den jugendlichen Esprit des „Internationalen Bodensee Camp-Orchesters“ voll zur Geltung brachte.

Anerkennung und Bewunderung


Alle Beteiligten verdienen allein dafür, dass ein derart dichtes Programm während nur einer Woche erarbeitet werden konnte, große Anerkennung. Dies allein würde jedoch an dieser Stelle nicht genügen, um so euphorisch zu berichten. Bewunderung lösten die jungen MusikerInnen nämlich mit der Qualität ihrer Darbietungen aus. Homogen und gut ausbalanciert durch die Stimmgruppen führte das Orchester den Klang. Deshalb entfalteten sich große melodische Bögen schön abgerundet und dynamische Steigerungen sowie Entspannungen wirkten durchdacht modelliert. Die starke Besetzung des Schlagwerks garantierte einen kraftvollen Beat, so dass sich in einigen Passagen ein guter Groove entwickelte. Solistische Darbietungen aus den Orchesterreihen bereicherten darüber hinaus die Werkdeutungen. Der Energiefluss, die Konzentration und die Begeisterung am gemeinsamen Musizieren machten die Werkdeutungen allesamt überzeugend, etwaige Ungereimtheiten beeinträchtigten den positiven Gesamteindruck nicht.

Bilderreiche musikalische Sprache


Einleitend erklang das Werk „Festivo“ von Edward Gregson. Die Anspannung und Nervosität lag anfangs noch in der Luft. Doch diese legten sich bald und ein bildhafter Bewegungsfluss mit reizvollen Soli und markanten Motiven wurden beziehungsreich dargestellt. Otto M. Schwarz setzte den im Jahr 2007 tobenden Orkan unter dem Titel „Kyrill – Storm of the Century“ in Musik. Die ganze emotionale Bandbreite von der angstvollen Erwartung des unheilvollen Ereignisses, Trauer und auch Zuversicht, die Panik und die Reaktion auf den musikalisch anschaulich dargestellten Sturm stellten die OrchestermusikerInnen mitreißend dar.

Auftragswerk und mediterrane Lebensfreude


Im Auftrag der Bregenzer Festspiele komponierte Reinhard Süss „Variationen über die Zauberflöte“, zusammengestellt aus Zitaten und Allusionen der berühmten Vorlage von Mozart. Die Hauptthemen dieses mitteilsamen Werkes wurden transparent herauskristallisiert und in den Übergangspassagen stellte sich eine Erwartungshaltung ein. Besondere Aufmerksamkeit lenkte die kontrastreiche Instrumentation auf sich.

Mit Geronimo Gimenez’ „La boda de Luis Alonso“ lösten die jungen MusikerInnen und Martin Kerschbaum große Begeisterung aus. Das spanische Temperament und die schillernden Orchesterfarben, das Flair der Kastagnetten sowie virtuose Themenführungen durch die Stimmgruppen von den Flöten über die Klarinetten bis zum tiefen Blech zogen die Zuhörenden in ihren Bann.

Bilder im Kopf


Als „Kino für die Ohren“ wurden berühmte Filmmusiken musikalisch inszeniert. Der Bogen spannte sich ausgehend von Johan de Meij „The Lord of the Rings“ aus der ersten Symphonie über „Pirates of the Caribbean“ von Klaus Badelt und Hans Zimmer sowie „The Beauty and the Beast“ von Alan Menken bis hin zu „ Mission Impossible“ von Lalo Schifrin.

Abschließend erklang die „Candide Ouvertüre“ von Leonard Bernstein, wieder musiziert mit viel Elan und großer Spontaneität. So wirkten die schnellen rhythmischen und melodischen Wechsel virtuos ausgestaltet. Am Schluss gab es von zahlreichen KonzertbesucherInnen standing ovations und die hoch motivierten OrchestermusikerInnen bedankten sich mit dem zweiten Walzer aus der 2. Jazzsuite von Dmitri Schostakowitsch sowie dem Marsch „Am Bodensee“ von Wendelin Kopetzky.

Sympathisch und ungezwungen


Ganz in den Dienst der jungen MusikerInnen und der Musik stellte sich der Dirigent Martin Kerschbaum. Er leitete das große Blasorchester mit einer motivierenden Gestik. Bescheiden und sympathisch stellte er sich in die Reihen der MusikerInnen und freute sich mit ihnen über die bejubelten Darbietungen. Humorvoll, locker und bestens informiert führte Bettina Waldner-Barnay durch das Programm. Auf ihre Art trug sie zur ungezwungenen und fröhlichen Stimmung im Saal bei.

Es bleibt zu hoffen, dass auch in den kommenden Jahren wieder zahlreiche junge Menschen aus der Bodenseeregion mit anspruchsvoller Musik und den „Wiener Symphonikern“ in Kontakt kommen können, um vom Wissen der erfahrenen Orchestermusiker und ihrem Können zu profitieren, zu lernen und auf diese Art Außergewöhnliches zu schaffen.