Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Peter Ionian · 26. Nov 2011 · Musik

Publikum übertönte Unplugged-Set von Hans Platzgumers „Convertible“

Am Freitagabend waren wohl die meisten Konzertgänger im Event.Center, um „30 Seconds To Mars“ zu sehen. Begründet, wenn so eine Band mal im Ländle haltmacht. Dennoch gibt es auch immer wieder kleine und weniger massentaugliche Konzerte, von denen man meist nur wenig liest und hört, die aber richtig was hergeben würden. So kam ich über einen Zufall in die Feldkircher Sonderbar auf einen Gig von „Convertible“ mit Hans Platzgumer.

Ohne Vorwarnung stolperte ich vor dem Kultkeller über Tom Wu, einen Schlagzeuger aus München, der mich vor etlichen Jahren bereits mit seinen Ausnahmeprojekten wie „Kamerakino“ oder „The Lazy“ vom lebendigen Underground träumen ließ. Diese glückliche Fügung und die Einladung zum Konzert von „Convertible" mit Hans Platzgumer nahm ich dankbar an.

Made in Austria, gone to America

Platzgumer ist vor allem für seinen außergewöhnlichen Style im Gitarrenspiel bekannt und hat mit „H.P. Zinker“ als Österreicher bereits in den späten 80ern und frühen 90ern progressiven und psychodelischen Rock in den Staaten gespielt. Wenn man erst mal im Ausland gewürdigt wird, dann horcht auch das verschlafene Austria auf, denn ab diesem Zeitpunkt ist man zumindest als Exportgut etwas wert. Nachdem sich Platzgumer lange dem Studium der Elektroakustik und der Produktion von elektronischer Musik zugewandt hatte, wurden immer mehr Stimmen laut, die wieder Rock aus seiner Feder hören wollten. Mit „Convertible“ erfüllte sich dieser Wunsch kurz nach 2002.

Durstig und unaufmerksam

Die Sonderbar war mäßig gefüllt, dafür die Leute umso mehr. Wenn Volksfeste, wie der gerade an diesem Abend eröffnete Glühweinmarkt (nicht Weihnachtsmarkt, denn mit Weihnachten hat das, was sich da abends in der Feldkircher Innenstadt abspielt, wenig zu tun) ihre Sperrstunde einhalten, strömt das Volk in die umliegende Gastronomie. Man muss achtgeben, dass man nicht in das Erbrochene der Marktgänger tritt, denn warmer, süßer Alkohol ist wohl für viele schwer einzuschätzen. Am Treppenabgang zur Sonderbar hing ein Plakat, das den Auftritt ankündigte, aber ansonsten wurden nicht viele Wellen geschlagen. Eigentlich schade, denn was es da zu hören gab, hätte Aufmerksamkeit verdient gehabt. Genau diese Aufmerksamkeit war unglücklicherweise an diesem Abend nicht mehr drin.

Perlen vor die Säue

Vielleicht war es den Leuten einfach zu sanft, den Rockpionier mit einem Unplugged-Set zu erleben. Da haben wohl einigen die Stromgitarren gefehlt, die das sinnlose Bargerede mit Lautstärke übertönen. Die Darbietung hatte viel mehr Folk-Charakter. Die Songs waren voll von unaufdringlichem Feeling und allesamt zu kurz. Kaum dass der Zauber sich entfaltet hatte, klang auch schon wieder der letzte Akkord aus. Tom Wu streichelte das Schlagzeug die allermeiste Zeit nur mit seinen Besen und nahm manchmal eine Ukulele zwischen die Finger. Schon zu Beginn forderte Platzgumer, dass diejenigen, die Musik hören wollen, hier bleiben und sich alle anderen weiter nach hinten verziehen sollen. Leider hat die Herde nicht darauf gehört und so das Konzert zerstört.

Ernüchternd und sinnlos

Die Musikliebhaber, die um eine Zugabe baten, konnte man an einer Hand abzählen. Sie wurden als Zugabe zuerst von ihrem Baby erschossen („Bang Bang" von Nancy Sinatra) und bekamen dann noch ein wenig „H.P. Zinker“-Nostalgie verpasst. Damit ließen es die drei Jungs von „Convertible“ aber auch wieder gut sein. „Das bringt hier leider gar nichts, wenn man gegen das Publikum anspielen muss!“, resümierte Platzgumer recht ernüchtert. Das viel zu kurze Konzert war also viel zu früh zu Ende und die nicht mehr so nüchterne Volksfestgemeinschaft konnte sich wieder wichtigeren Dingen zuwenden; wie sinnlosem Bargerede und Selbstinszenierung. Da kann man stolz sein auf seine Landsleute und die Anerkennung und Gastfreundschaft für die Künstler, die extra für uns in die Provinz anreisen. Prost!