Stefan Rüeschs Werke sind derzeit in der Galerie Sechzig in Feldkirch zu sehen. (Durchblick, Acryl u. Kohle auf Leinwand, 126 x 438, 2020, Foto: Markus Tretter)
Silvia Thurner · 10. Jän 2016 · Musik

Vier Individualisten oder zwei Duos im Quartett – Die beiden Duos Andi Schreiber und Dieter Glawischnig sowie Simon Frick und David Helbock improvisierten im Quartett

Einen anregenden und klangsinnlichen Abend erlebten die Zuhörenden im bis auf den letzten Platz gefüllten Theater Kosmos mit vier außergewöhnlichen Musikern. Die beiden Duopartner Andi Schreiber und Dieter Glawischnig sowie Simon Frick und David Helbock hatten sich im Quartett zusammengefunden. Die musikalische Kommunikation war klangsinnlich, humorvoll und barg Überraschungen in sich. Zwar waren die Altersunterschiede über drei Generationen hinweg optisch wahrnehmbar, im musikalischen Vergleich wirkten jedoch die älteren Semester sehr jugendlich.

Im ersten Set musizierten Simon Frick an der Violine beziehungsweise E-Geige und der Pianist David Helbock eigene Kompositionen. Sogleich mit Simon Fricks Werk „Herzberger“ breiteten sie ihr breites Panorama musikalischer Ausdruckswelten aus. Ausgehend vom Gypsysound streiften die beiden in einem guten Einverständnis unter anderem auch klassische Stilmittel der Moderne und transformierten den musikalischen Fluss schließlich ins Geräuschhafte. Spannend mitzuverfolgen waren vor allem jene Passagen, in denen das Duo den Bewegungsfluss einbremste und mit subtilen Ideen den Satz zerklüftete.

Rhythmik und Tongebung


Simon Frick beschäftigt sich gerne mit elektronischen Effektgeräten. Er bediente die Pedale dabei souverän, sodass sie nicht zum Selbstzweck wurden, sondern den musikalischen Ideen dienten. In David Helbocks Stück „The time between past and future“ wurde die E-Geige kurzerhand zum E-Bass. David Helbock stimmte zuerst eine lyrische Ballade an, doch bald verliehen rhythmische Entwicklungslinien und eindrückliche Beats dem Werk Energie. Die Freude, mit unterschiedlichen Tonqualitäten der Musik einen individuellen Stempel aufzusetzen, kam vor allem in „Heaven and earth“ von David Helbock zur Geltung. In den weit geöffneten Tonraum zwischen hohen Flageoletts der Violine und Pedaltönen des Klaviers wurde eine Musik eingeschrieben, die den Ausdrucksqualitäten jedes einzelnen Tones viel Bedeutung zukommen ließ. Konventionell wirkte „Amando’s Rhumba“ nach dem Duo Jean-Luc Ponty und Chick Corea.

Zwei ‚alte’ Füchse


Die Spannung stieg als nach dem Duo „Frick/Helbock“ das Duo mit Andi Schreiber (Violine) und Dieter Glawischnig (Klavier) die Bühne betrat. Seit Jahren spielen die beiden zusammen und sie verstehen sich auf ganzer Linie. Unmittelbar zogen sie die Zuhörenden in ihren Bann, denn ihre Improvisation war anregend und humorvoll. Von einem vorerst „braven“ Ausgangsgedanken des Klaviers führte die Musik in freitonal gestaltete Gebilde mit aufreizenden „Auflösungserscheinungen“. Die Freude an feinsinnigen Nuancen und Anspielungen war den beiden Altmeistern anzumerken und sie war unmittelbar mitzuerleben. Die Art, wie Andi Schreiber die Töne aus seinem Instrument kitzelte, wie sein Partner am Klavier die Motive mit Spielwitz auskleidete und beide zusammen sie in ungeahnte harmonische Felder modulierte, begeisterte.

Zuerst zögerlich, dann hintergründig


Die kollektive Improvisation der vier Musiker bzw. der beiden Duos entwickelte sich zuerst eher zögerlich. Doch nach der Initiative von Andi Schreiber kam die Musik in Fahrt. Er forderte seinen ehemaligen Schüler Simon Frick gehörig heraus und trat mit ihm in feinsinnige Dialoge, denen Dieter Glawischnig am Klavier und David Helbock an den Electronics mit kreativen Ideen folgten. Den abschließenden Höhepunkt fand das Quartett mit dem Stück „Solidarität in zwei Takten“, das sie der römischen Kurie gewidmet haben. Begeistert reagierte das Publikum auf so viel musikalischen Humor und Hintersinn.