Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 17. Mär 2010 · Musik

Georg Nigl und Gérard Wyss lösen Be- und Verwunderung aus

Die Zeitklänge Feldkirch wenden sich in dieser Konzertsaison unter dem Motto „Voices in (e)motion“ der menschlichen Stimme mit all ihren vielfältigen Ausdrucksformen zu. Während das Festival, verbunden mit neurowissenschaftlichen Lectures im Herbst stattfindet, gastierte der renommierte Bariton Georg Nigl vor wenigen Tagen im Feldkircher Pförtnerhaus. Georg Nigl interpretierte mit seinem Klavierpartner Gérard Wyss Lieder des 19. und 20. Jahrhunderts. Der erste Konzertteil faszinierte durch Nigls starke Bühnenpräsenz und fesselnden Deutungen. Die zweite Hälfte wirkte allzu oberflächlich. Diesen Eindruck konnte auch Georg Nigl nicht hintan halten. Wohl deshalb wurde er auf der Bühne von einem Lachanfall geplagt.

Aus der Sammlung des „Knaben Wunderhorn“ interpretierte Georg Nigl unter anderem „Wo die schönen Trompeten blasen“ und „Revelge“. Darin zeigte sich seine ganze Meisterschaft der Werkdeutung, denn er stellte, am Klavier unterstützt von Gérard Wyss, mit eindringlicher Kraft Minidramen in den Raum. Dynamisch und mit Empathie formten die Musiker die Soldatenlieder aus, besonderes Augenmerk wurde auf die Nuancierungen in den einzelnen Erzählebenen gelegt. Besonders in diesen Liedern zeigte sich, dass Georg Nigl viel Erfahrung aus der zeitgenössischen Musik in seine Werkdeutungen von Gustav Mahler einbrachte. Die außergewöhnliche Bühnenpräsenz des Baritons setzte sich in den Mörike-Liedern von Hugo Wolf fort. Mit viel Humor und facettenreichen Wortdeutungen wurde beispielsweise „Der Tambour“ gestaltet. Die raschen Tempi brachten etwa in „Begegnung“ eine etwas ungenaue Intonation mit sich. Doch eben diese erzeugten eine lebendige Ausgestaltung, die Platz ließ für ironische und auch zynische Untertöne. Ein wunderbares Beispiel dafür lieferten Georg Nigl und Gérard Wyss im Lied „Zur Warnung“.

Expressive Vielfalt

Begeistert von vielen beachtenswerten Herangehensweisen an die Liedinterpretation wurde das Publikum in die Pause entlassen. Leider fand die musikalische Intensität keine Fortsetzung. Einzig die „Vier Lieder für eine Singstimme mit Klavier“ aus dem Opus 2 von Alban Berg überzeugten durch die eindringliche Aussagekraft. Georg Nigl stellte „Schlafen, Schlafen“ und „Schlafend trägt man mich“ psychologisch gedeutet in den Raum. Gewichtungen zogen die Ton- und Klanggestalten in die Tiefe, hohle Klänge, aufwallend und resignierend zugleich, wurden ausgeformt.

Das Banale in der Kunst

Dann standen Lieder von Joseph Marx, Max Reger, Erich Wolfgang Korngold und Franz Salmhofer auf dem Programm. Ein Hintergedanke bei der Werkauswahl war wohl die Nachfolge Schuberts und Mahlers in der kompositorischen Anlage aufzuzeigen. Andrerseits war es vor allem in Regers „Schlichten Weisen“ auch ein Anliegen des Komponisten, literarisch wenig hoch stehende Texte in seine musikalische Denkwelt einzubeziehen und parodistisch zu verarbeiten. Dies mag in einem anderen Zusammenhang humorvoll wirken, hier stellte sich jedoch eine eigentümliche Wirkung ein, denn aus dem Mund von Georg Nigl derart banale „Liedchen“ zu hören, war befremdend.

Die Entladung

Wahrscheinlich staute sich auch im Sänger dieser Zwiespalt auf, denn unvermittelt musste er die Darbietung wegen eines Lachanfalles unterbrechen. Dies kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, denn die einfältigen Texte sprechen für sich. „Ich war mal in dem Dorfe, da gab es einen Turm, da zankten sich fünf Hühnerchen um einen Regenwurm. Und als kein Wurm mehr war zu sehen, da sagten alle: „Piep!“ Da hatten die fünf Hühnerchen einander wieder lieb“. Eine Steigerung gab es noch bei „Mein Schätzelein“ oder „Zwei Mäuschen“. Der Sänger reagierte sympathisch und das Publikum nahm es ihm im Moment nicht übel, aber der überaus positive Eindruck aus dem ersten Konzertteil und hinsichtlich der Werkauswahl war damit dahin.

Guter Klavierpartner

Gérard Wyss gestaltete den Klavierpart ebenbürtig zur Gesangslinie aus. Souverän spielte er die vielen virtuosen Passagen, so kamen die Instrumentalstimmen aussagekräftig zur Geltung.