Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Thorsten Bayer · 02. Dez 2012 · Musik

Eine Zeitreise in die späten 80er-Jahre – Camouflage am Spielboden

Stark angefangen und dann leider ziemlich nachgelassen – so lässt sich das Konzert der deutschen Synthiepop-Band Camouflage am Samstagabend im Dornbirner Spielboden knapp zusammenfassen. Das Publikum im großen Saal war jedoch größtenteils begeistert und genoss einen ganzen Abend im Zeichen von elektronisch-poppigen Songs. Das Trio aus Schwaben feierte gegen Ende der 1980er-Jahre seinen Durchbruch und galt damals als die deutsche Antwort auf Depeche Mode.

1987 hatten Camouflage, ein Trio aus Bietigheim-Bissingen, einer Stadt im Speckgürtel Stuttgarts, ihren ersten großen Hit. „The Great Commandment“ landete in den deutschen Single-Charts auf Platz vierzehn. Zwei Jahre später kletterte ihre bekannteste Single „Love Is A Shield“ bis auf Platz neun in Deutschland und elf in Österreich. Die allermeisten Besucher des Spielbodens haben, so der äußere Anschein, diese Zeit noch in bester (musikalischer) Erinnerung und zur Feier des Tages ihre schönsten schwarzen Klamotten zusammengesucht.

Ausgelassen und spielfreudig

Der Anfang ist vielversprechend: Die drei Gründungsmitglieder Marcus Meyn (Gesang), Heiko Maile (Synthesizer) und Oliver Kreyssig (Keyboards und elektronisches Schlagzeug) haben zur Verstärkung einen Drummer und einen Gitarristen mitgebracht. Mit viel Tempo rocken sie los und klingen dabei in ihren schnellen Songs ein bisschen wie Placebo, nur mit der tiefen Gesangsstimme von Marcus Meyn. Sein dunkles Timbre nimmt schnell gefangen, auch wenn nicht jeder Ton sitzt. Zunächst stört es ebenso wenig, dass sich der 46 Jahre alte Frontman (pseudo-)lasziv um seine Mikrofonstange windet. Die Band wirkt nicht wie eine abgehalfterte Formation, die sich auf 20 Jahre alten Lorbeeren ausruht. Ausgelassen und spielfreudig wechseln sie elektronische und rockige Nummern ab.

Kein Lalala?

Doch nach rund 45 Minuten hat man das Gefühl, man habe alles schon einmal so oder sehr ähnlich gehört. Monotonie macht sich breit. Wenn sich die musikalischen Muster wiederholen, kommt die Zeit, einmal auf die Texte zu achten. Marcus Meyn, der auch Texter und Komponist ist, hat einmal in einem Interview mit Michael Schuh auf laut.de den Stil von Camouflage wie folgt charakterisiert: „Elektronischer Pop mit Wave-Anklängen, keine Lalala-Musik, sondern Musik mit Tiefgang, Musik, die melancholisch und traurig ist, Musik, die dich mitreißt, große Klänge, gute Texte, schöne Melodien, gute Popsongs. Ich denke, das ist etwas, das wir in jedem Fall haben.“ Über die Qualität seiner Texte lässt sich sicherlich streiten, wie dieses Beispiel („Me And You“) belegt:

Feel me,
make it all come true,
time's changed,
between me and you.

Bring it all together,
break it all down,
nothing's quite forever,
sometimes upside down.

It's me and you,
revolutionary true,
colours will fade,
from night to day,
to something new…

Abwechslung bleibt aus

Interessanterweise wird diesem Song in Dornbirn vorausgeschickt, dass jetzt einmal „etwas Ruhiges, ein Liebeslied“ folge. Denn ohne diese Ankündigung hätte wohl kaum einer gemerkt, dass mit „Me And You“ andere Saiten aufgezogen werden sollen. Dieser Song fügt sich nahtlos in den bisherigen Ablauf ein, die angekündigte Abwechslung bleibt aus. Schade eigentlich, denn es steht außer Frage, dass die Künstler sehr engagiert spielen und ihr Handwerk beherrschen. Doch ihr wirkliches Können blitzt lediglich in einigen Sequenzen auf und trägt nicht das ganze Konzert.

Mit „Love Is A Shield“ endet nach 90 Minuten das reguläre Set – seliges Lächeln im Publikum, Erinnerungen an die Zeit um 1989. Für den Refrain braucht es Meyn gar nicht mehr, den übernehmen sehr gerne die Zuhörer.