Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 17. Feb 2009 · Musik

Eine Orgel auf der Bühne des Kornmarkttheaters

Das Ensemble Plus brachte im Bregenzer Kornmarkttheater gewichtige Werke von Ernst Krenek, J.S. Bach und Michael Floredo mit außergewöhnlichen Besetzungen zur Aufführung. Die Werkdeutungen und die gelungene Uraufführung hinterließen einen nachhaltigen Eindruck.

Orgel, Klavier, Streichquartett sowie Flöte und Klarinette schrieb Ernst Krenek für sein „Little Concerto“ op. 88 aus dem Jahr 1940 vor. Das Werk kommt zwar mit einem harmlos klingenden Titel daher, doch die Musik entfaltet von Beginn an mit einer durchdachten Themenführung und eigenwilligen Klangfarbenkonstellationen zwischen den Achsen von Klavier und Orgel eine bemerkenswerte Sogwirkung. Das griffige Hauptthema fächerten die MusikerInnen transparent auf, führten die Musik in eine gut verdichtete Kulmination, aus der sie die Quintessenz der Hauptlinien anschließend wieder heraus schälten. So gestalteten Jürgen Natter (Orgel), Yukie Togashi (Klavier), Renate Wehinger (Flöte), Emil Scheibenreif (Klarinette), Anita Martinek (Violine) und Markus Ellensohn (Violine), Gyöngyi Ellensohn (Viola) und Iza van Holen (Violoncello) in einem eher gemäßigten Tempo Kreneks Werk beeindruckend.

„Für 9“ von Michael Floredo - emotionale Zerrspiegel

Den Höhepunkt des Abends bildete die Uraufführung von Michael Floredos neuester Komposition „Für 9“, die im Auftrag des Ensemble Plus entstanden ist. Mit diesem Werk überzeugte der Altacher Komponist aufs Neue, weil er eine gut nachvollziehbare Aussage getroffen hat, die Raum für unterschiedliche Assoziationen bietet. Ein wellenförmiges Grundmuster durchzieht das gesamte Werk. In lichte Passagen schrieb Floredo pastoral wirkende „Idyllen“ ein, die jedoch eine trügerische Ruhe verbreiten, denn unterschwellig wirken jeweils unterschiedliche musikalische ‚Störfaktoren“, die die scheinbare Leichtigkeit zum Kippen bringen. Auf diese Weise schafft der Komponist eine immanente Spannung, weil vermeintlich entspannte Passagen immer wieder in gewaltigen Klangformationen entladen werden. Die Art und Weise, wie dies der Komponist mit jeweils unterschiedlichen kompositorischen Mitteln schafft, zeichnet das Werk besonders aus. Die gut proportionierten Passagen sind von einem Rahmen umgeben, einem Klarinettensolo, das in den Korpus des Klaviers gespielt wird und irisierende Resonanzen sowie Schwebungen hervorbringt. Auch im Hinblick auf die Klangfarbenmischungen in der ungewöhnlichen Besetzung für Orgel, Klavier, Flöte, Klarinette, Streichquartett und Schlagwerk (Alfred Achberger) hat Michael Floredo eine beeindruckende Klangsprache gefunden. Die MusikerInnen spielten unter der Leitung von Thomas Gertner die Urauffführung sehr engagiert und konzentriert, zumal Anita Martinek sehr kurzfristig die Stimme des erkrankten Primgeigers Hans-Peter Hofmann übernehmen musste und Markus Ellensohn anstatt Anita Martinek die Stimme der zweiten Geige einstudiert hat.

Jürgen Natter - seine individuelle Sicht der Dinge

Im Zentrum des Abends stand der in letzter Zeit viel beachtete Organist und Ensembleleiter Jürgen Natter, der durch seine individuellen Werkdeutungen die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Seine ganz eigene Sicht von Bach offerierte Jürgen Natter an der elektronischen Orgel mit Bachs Passacaglia und Fuge, c-moll BWV 582. Das immer wiederkehrende Thema der Passacaglia transferierte Jürgen Natter in unterschiedlichste Registerfarben und bot damit eine gut nachvollziehbare Interpretation. Gewöhnungsbedürftig war der Gesamtklang der Orgel an sich. Zwar war es anregend, den Organisten live und in Aktion zu erleben, jedoch schien der Klang auf der Bühne stehen zu bleiben und wirkte insgesamt eher unnahbar. Die Improvisation „Die ludernde Glot“ - nach dem berühmten Versprecher von Edmund Stoiber - wirkte anregend in der perspektivischen Wirkung der einzelnen musikalischen Felder, die Themenfindungen war jedoch eher unspektakulär. Wenn man jedoch weiß, dass Jürgen Natter unter widrigen gesundheitlichen Umständen musizierte, gebührt ihm großer Respekt.