Derzeit in den Vorarlberger Kinos: The Zone of Interest (Foto: Filmcoopi Zürich)
Silvia Thurner · 08. Okt 2010 · Musik

Eine Hommage, Wissenswertes und etwas zum Lachen - Beim „Zeitklänge“-Festivalkonzert stand der Cellist Othmar Müller im Rampenlicht

Gut besucht waren gestern die Nachmittagsvorträge des „Zeitklänge“ Symposiums zu Themen der „Neurokognition der Musik“, die in diesem Jahr erstmals parallel zu den Konzerten stattfinden. Nach einem Referat über Gottfried von Einem mit Anselm Hartmann stand am Abend der Cellist Othmar Müller im Mittelpunkt. Er setzte Werke von Beethoven und Ivan Eröd mit viel Detailkenntnis zueinander in Beziehung. Einen amüsanten Schlusspunkt setzten Othmar Müller, die Pianistin Karin Supper und Peter Baumgardt als Sprecher mit Otto M. Zykans „Nachtstück für ein Schiff“, in dem die traditionsorientierte Musikrezeption wunderbar ironisch auf die Schippe genommen wurde.

Viele Komponisten studieren Werke ihrer Vorbilder, analysieren Stilmerkmale und extrahieren für ihr eigenes kompositorisches Schaffen bedeutend erscheinende Vokabeln und Ideen. So auch Ivan Eröd, der sich eingehend mit der späten  Beethovensonate op. 102/1 beschäftigt hatte. Von der eigenen Spiellust und der Freude am „Komponieren“ (zusammen fügen) gepackt, schuf Eröd 1977 mit Materialien aus der Beethovensonate die „Rhapsodie für Violoncello solo“, op. 24.

Mit Gefühl und Verstand

Zuerst spielten Othmar Müller und Karin Supper, die kurzfristig für den erkrankten Pianisten Andrea Rucli engagiert werden konnte, die Beethovensonate. Anschließend war die Rhapsodie zu hören. Othmar Müller versenkte sich ganz in das Solowerk und spielte mit besonderer Empathie. Die anschließenden Querverweise zwischen Beethovens und Eröds Werken gestaltete Othmar Müller anschaulich und mit sympathischer Zurückhaltung. So erlebten die ZuhörerInnen eine musikanalytische Annäherung an die beiden Kompositionen, die neue Hörperspektiven eröffneten, zumal der Cellist Eröds Rhapsodie zweimal spielte. Das Publikum nahm diese Art des Gesprächskonzertes an und der Funke zwischen den Musikern und den Zuhörenden war gezündet.
Weil Andrea Rucli nicht auftreten konnte, war eine Programmänderung notwendig, deshalb musste man sich mit der Sonate für Violoncello und Klavier, op. 40 von Dmitri Schostakowitsch begnügen. Die Kammermusikpartner spielten engagiert, allerdings hinterließ ihre Werkdeutung keine nachhaltige Wirkung.

„Es muss ja net heut’ sein...“

Ganz anders gestaltete sich der Schluss des Konzertabends mit dem „Nachtstück für ein Schiff“ für Cello, Klavier und Erzähler des Wiener Komponisten Otto M. Zykan. Der viel zu früh verstorbene Komponist war und ist als origineller Querdenker bekannt. In seinem „Nachtstück“ spricht er den herkömmlichen Musikbetrieb und die Trägheit gegenüber der aktuellen Musik an. Karin Supper und Othmar Müller spielten die mit Zitaten gespickte, musikalische Grundierung, Peter Baumgardt gestaltete den Text amüsant und mit einer schönen Stimme.
Im "Nachtstück" begibt sich ein Cellist der Philharmoniker in die Künstlertoilette des Luzerner Konzerthauses. Nachdem er zur Kenntnis nehmen musste, dass alle Toiletten besetzt sind, meint der Cellist gelassen: „Naja, es muss ja net heut’ sein“. Zykan führte die Gedanken weiter, und fragte: „Ist man zu spät dran oder kam die Möglichkeit zu früh?“ und resümiert im Hinblick auf die moderne Musik: „'Es muss ja net heut’ sein, dass euch dieses Stück gefällt.“ Leider sind Zykans Kompositionen viel zu selten im Konzertbetrieb präsent. Er brachte die Leute zum Lachen und zum Nachdenken.

Das Festival „Zeitklänge“ dauert noch bis Sonntag.
Das detaillierte Programm ist auf www.zeitklaenge.eu zu finden.