Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Peter Ionian · 17. Jul 2011 · Musik

Ein Piratenfestival zum Schleuderpreis - Das Burnout-Festival in Wolfurt

Das jährlich stattfindende Burnout-Festival in Wolfurt hatte am 15. und 16. Juli 2011 seine achte Auflage. Das Musikfestival wird mit viel Herzblut und Identifikation von den "Rovermen" produziert. Sie bringen immer wieder interessante internationale Bands, aber auch jede Menge regionale und österreichische Musiker auf die Bühne. Während das Line-Up und das Fest immer größer werden, bleiben die Eintrittspreise klein. Dafür bekam man heuer internationale Underground-Größen wie die "Angel City Outcasts" aus Kalifornien, "Buttshakers" oder die finnischen "Disco Ensemble", aber auch Ländle-Bands wie "A Lingua Franca", "The Omission" oder "Golden Reef "zu hören.

Laut eigenen Aussagen erhielt der Kultur- und Freizeitverein "a rovermenproduction" genau am 11. November 2004 um 11 Uhr 11 dessen Gründungsurkunde. Als Grundgedanke teilt der Verein das Ziel, mit kulturellen Veranstaltungen abseits des Mainstreams die Vielfalt der Kultur in Vorarlberg zu wahren. Wie der Name schon vermuten lässt, stammen die "rovermen" aus einem Pfadfinder-Umfeld, bei dem die Jungs zwischen 18 und 28 Jahren "Rover" genannt werden. Wörtlich lässt sich "rover" als Wandernder, Vagabund oder Pirat übersetzen. Und sie haben tatsächlich einen gangbaren Weg gefunden, mit inzwischen bereits einiger Konsequenz, ein Piratenfestival im Unterland zu etablieren. Und obwohl man zwei Tage lang volles Programm erleben kann, werden lediglich 17 Euro Eintritt verlangt. Das Burnout-Festival ist längst kein Geheimtipp mehr, sondern ein engagiertes Event, das noch wesentlich mehr Aufmerksamkeit verdienen würde.

Bands von nebenan vorne anstellen

Das Festival ist gut verwurzelt im Vorarlberger Rheintal. Hier werden heimische Bands integriert, nicht nur gebucht. Am Freitag präsentierten "The Omission", die zuvor bereits beim Poolbar Festival zu hören waren, ihren ehrlichen, sozialkritischen Independent Rock. "The Dollbabies" sind eine pure Frauenband, die sich dem Rock 'n' Roll verschrieben hat. Wer "Batman & Robin" einmal live gesehen hat, weiß, dass sich hinter der Superheldenmaske kultverdächtiger Trash-Punk versteckt. Aber auch "Celladoor", "The Greussens", "Workshops am Hofsteig" und "First Impression" bekamen hier die Gelegenheit, Open-Air-Erfahrung zu sammeln.
Der erste Höhepunkt des Samstags waren bestimmt die Talente-Sieger "A Lingua Franca". Mächtig viel positive Energie schreiben sie sich selbst zu. Und wenn sie über die Bühne spicken, ärgert sich ausschließlich der Kameramann, der sie kaum verfolgen kann, das Publikum staunt und nimmt dankbar an. Die Hitze hat freilich den Kreislauf zusätzlich beansprucht. Aber nicht grundlos bekamen die sympathischen kleinen Stars die Gelegenheit, Autogramme unter jungen Fans zu verteilen. Wetterunabhängig kann man sie am kommenden Mittwoch, den 20. Juli, in der Poolbar nochmals verfolgen.

Die Neuseeländer "Sleepy Age" brachten verträumten Alternative-Rock mit nostalgischem 90er Synthie-Pop in Symbiose. Langsam füllte sich die Festivalwiese und sie waren eine gute Einstimmung. "Benzin" aus Ulm startete den Motor endgültig mit deutschsprachigem Punk und sympathischen Ansagen. Noch dieses Jahr soll ein Album folgen. Sie lösten alle Hemmschwellen auf und schafften direkten Kontakt mit dem Publikum. Das ging so weit, dass plötzlich die ganze Band durch Freiwillige aus dem Publikum ersetzt wurde und sich nicht nur die Kleinsten ganz groß fühlen konnten.
Der Abend wurde dann vom eigentlichen Höhepunkt eingeläutet, nämlich "Golden Reef". Sie sehen aus, als hätte man sie gerade erst aus einem stilvollen Film eingeflogen und klingen so, als wären sie schon längst groß raus gekommen. Ihre Songs müssen einen internationalen Vergleich nicht scheuen. Oft wird jedoch in der eigenen Heimat das tatsächliche Potential erst erkannt, wenn man Erfolge im Ausland vorzuweisen hat. Aber auch das ist bestimmt nur noch eine Frage der Zeit. Mit treibenden Rock, der außergewöhnlichen Stimmfarbe, eingängigen Hooks und überdurchschnittlich viel Style, kann man nur weiterhin ein Auge und ein Ohr für ihre Entwicklung offen halten. Sie hätten an diesem Abend durchaus einen späteren Spielplatz verdient gehabt.

Ein Feuerwerk bis spät in die Nacht

Nach einer kurzen Umbaupause und einem beeindruckenden Feuerwerk wurde der kurzfristige Überraschungsact "Eternal Tango" freigelassen. Da der ursprüngliche Headliner "Crashdiet" aufgrund einer Lungenentzündung leider absagen musste, wurde kurzerhand ein mehr oder weniger würdiger Ersatz gefunden. Hut ab vor der Flexibilität der "Rovermen", die sich durch die Absage nicht aus dem Konzept bringen ließen. Doch nun war der Ko-Headliner vorgerückt und der ewige Tango aus Luxemburg durfte das Publikum als zweitletzte Band aus der Reserve locken. Das schafften sie auch, mussten dafür aber ein paar bekanntere Bands nachspielen. Das Ganze wirkte eher wie eine Kopie, vielleicht von den "Beatsteaks", nicht zuletzt wegen des Hutes. Der Frontman stellte sich ständig selbst auf ein kleines Podest, um wirklich so groß wie die Erwartungen zu werden.
Die letzte Umbaupause dauerte dann doch ziemlich lange, aber irgendwann kamen sie dann dennoch: "Disco Ensemble" aus Finnland. Mit extrem druckvollem Sound brachten sie eine geballte Ladung Kraft in die Menge, die nun endlich so richtig ausflippen konnte. Verzerrte Gesichter, schreiende Gitarren, hämmernde Rhythmen, platzende Steigerungen und ausufernde Elektro-Effekte umschiffen die Insel von "Disco Ensemble". Sie ernteten viele Shouts, wurden eindringlich um eine Zugabe gebeten und hinterließen ein verschwitztes, angeheitertes und vor allem aufgeladenes Publikum.

Zum Schluss eine Terminvereinbarung

Als Sommerfestival tritt das Burnout-Festival mit einem großen Freizeitangebot in Konkurrenz und das auch noch in der Zeit, zu der viele urlaubsbedingt in die Ferne reisen. Professionell organisiert hat sich das Event trotzdem ein familiäres, nahbares Flair erhalten. Das große Gastrozelt bietet mit Bierbänken ein wenig Volksfestcharakter, während auf der Wiese vor der voll ausgestatteten Open-Air Bühne die Post abgeht. Mit zusätzlichen, liebevollen Details, wie beispielsweise dem bereits legendären Rock-Feuerwerk, wird aus einem puren Bandmarathon ein Erlebnis. Man kann weiterhin gespannt sein und sollte sich für nächsten Sommer neben den  "großen" Festival im Ländle unbedingt einen Besuch beim "Burnout" im Kalender eintragen.