Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Silvia Thurner · 26. Okt 2015 · Musik

Ein Markstein in der Orchestergeschichte – Mit dem Pianisten Till Fellner und dem Dirigenten Hans Graf wuchs das Symphonieorchester Vorarlberg über sich selbst hinaus

Den neuen Abonnementzyklus eröffnete das Symphonieorchester Vorarlberg im Bregenzer Festspielhaus mit einem Paukenschlag. Die Musikerinnen und Musiker wuchsen an diesem Abend über sich selbst hinaus. So homogen und mit einem gemeinsamen Atem war das Orchester schon lange nicht mehr zu erleben. Und überdies musizierte der charismatische Pianist Till Fellner mit dem SOV. Bescheiden, aber höchst versiert leitete Hans Graf das Orchester und bescherte dem Publikum ein Konzert, das nur mit Superlativen beschrieben werden kann.

Leitgedanke der Konzertplanung war die Begeisterung für den italienischen Komponisten Gioachino Rossini. Auch Franz Schubert transferierte Stilmerkmale des verehrten Komponistenkollegen auf seine individuelle Weise in seine Musik, unter anderem auch in die Ouvertüre „im italienischen Stile“ (D591). In der Spielart des Orchesters kam der Esprit der Musik hervorragend zur Geltung. Schon in diesem Stück ließen die sehr exakt ausformulierten Phrasierungsbögen und Crescendi aufhorchen. Doch das Beste, nämlich die Interpretation des Klavierkonzertes Nr. 3, in c-moll, op. 37 mit dem Pianisten Till Fellner, stand noch bevor.

Gemeinsames Musizieren mit einem charismatischen Pianisten


Till Fellner schätzen viele musikbegeisterte Menschen in Vorarlberg. Als gern gesehener Gast bei der Schubertiade sowie in der Propstei St. Gerold sind seine besonderen musikalischen Qualitäten hierzulande bestens bekannt. Er ist ein charismatischer Musiker, das war auch bei seinem Auftritt im Bregenzer Festspielhaus unmittelbar und intensiv spürbar. Ganz ohne Allüren, nur auf die musikalischen Gestalten konzentriert, mit einer atemberaubenden Spieltechnik und einer wunderbar differenzierten Anschlagskultur sowie mit ausgelassener Spielfreude und feinsinnigem Humor modellierte Till Fellner die Musik bis in die kleinsten Fasern hinein. So wurden Nuancierungen herauskristallisiert, die in allen Passagen immer wieder aufs Neue Staunen machten.

Besondere Momente


Höchst selten stellt sich das Gefühl ein, genau in diesem Moment ein ganz besonderes musikalisches Ereignis mitzuerleben. Diese Werkdeutung übertraf alle Erwartungen und vermittelte genau dieses Gefühl. Viel Spannung und Transparenz sowie tiefsinnige Korrespondenzen zwischen dem Solisten und den Orchestermusikern, prägnante Soli und eine Pianokultur, die alle Facetten eines großen gegenseitigen Einverständnisses beinhalteten, belebten die Musik.

Eleganter Dirigent mit Aussagekraft


Hans Graf dirigierte sehr klar und elegant, er brauchte keine ausladenden Gesten, denn geradewegs wurde offensichtlich, dass er ganz genau wusste, was er in jedem einzelnen Moment wollte. Diese Klarheit vermittelte er auch den Musikerinnen und Musiker. Mit einem derart ausgereiften und feinsinnig aufeinander abgestimmten Atem agierten sie schon lange nicht mehr miteinander.

Nach soviel Hochgefühl verströmte selbstverständlich auch die Interpretation der sechsten Symphonie (D589) von Franz Schubert eine große Wirkkraft. Eine geschmackvolle Musizierhaltung mit prägnanten Akzentuierungen, eher gemäßigten Tempi, unaufgeregt und genau deshalb klanglich überaus differenziert, waren die Qualitätsmerkmale dieser Werkdeutung.

Konzertreise


Mit diesem Programm unternahm das Symphonieorchester Vorarlberg am Nationalfeiertag eine Konzertreise nach Mailand. Wenn sich wieder eine derart dichte Konzertatmosphäre einstellt wie in Bregenz zu erleben war, gibt das Symphonieorchester Vorarlberg eine herausragende Visitenkarte von sich ab.