Fouad Boussouf mit einer österreichischen Erstaufführung des Stückes „Fêu“ zu Gast beim „Bregenzer Frühling“ (Foto: Antoine Friboulet)
Thorsten Bayer · 22. Jun 2015 · Musik

Ein Entertainer mit Leib und Seele – Karl Frierson im Zeughaus Lindau

Ein begeisterndes Heimspiel feierte Karl Frierson am gestrigen Sonntagabend im ausverkauften Zeughaus Lindau. Der US-Amerikaner, der bereits seit 25 Jahren in Deutschland lebt, wohnte eine Zeitlang auch in Lindau. Viele kennen ihn als Stimme von DePhazz. Stilistisch hatte sein Solo-Auftritt nichts mit diesem Lounge-Bandprojekt gemeinsam. In Lindau setzte er auf klassischen Soul und beschwor den Geist von Marvin Gaye.

Karl Frierson kam in seiner Heimat South Carolina bereits früh mit Musik in Berührung. Nach einer Chor-Laufbahn und einem Sommerstipendium an der Furman University in Greenville (South Carolina) entschied er sich gegen das Angebot, klassische Musik in Italien zu studieren. Anfangs war die Welt des Entertainments keine Dauerlösung für ihn, so verbrachte er fünf Jahre in der US Army – zunächst in der Infanterie, dann in der US Army Europe Band and Chorus.
In seine alte Heimat hat er vier hervorragende Musiker mitgebracht. Allen voran Werner Acker brilliert an der E-Gitarre. Warmherzig geht er sowohl mit seinen Kollegen auf der Bühne (etwa seinem „Kochbruder“ an den Drums, der auch Patenonkel seiner Tochter ist) als auch mit dem Publikum um, plaudert locker über vergangene „magere Zeiten“ in Lindau inklusive so manchem Scharmützel mit dem örtlichen Finanzamt. Ein angenehm nahbarer Künstler und Vollblut-Entertainer.

Eigenes und fremdes Material

Gleich das erste Stück gibt ihm die Gelegenheit, den Facettenreichtum seiner beeindruckenden Stimme zu zeigen, vom tiefen Grummeln bis zum Falsett und sogar zum Jodler. Vor großen Namen hat er keine Scheu. Otis Reddings „Sittin’ on the dock of the bay“ folgt im Anschluss. Um den Geist des früh verstorbenen Marvin Gaye zu beschwören, wie er sagt, stimmt er im Laufe des Konzerts auch „Let’s get it on“ und „Sexual healing“ an. Die Zuhörer hat er damit schnell auf seiner Seite, ob er nun eigenes Material seines 2006er-Albums „Soulprint“ oder Coversongs spielt. Etwas schade ist allenfalls, dass er zuweilen deutlich mehr Leidenschaft in die fremden als in seine eigenen Songs legt. So lässt sich der Eindruck nicht vermeiden, er traue den Altmeistern mehr als sich selbst.

Präzise Musiker

Mit schlafwandlerischer Sicherheit trifft er jeden Ton und überzeugt vom ersten Takt mit seiner energiegeladenen Show. Seine Band begleitet den 47-Jährigen zurückhaltend, aber stets auf den Punkt und spielt sich im Laufe der zweistündigen Show ebenso in die Herzen des Publikums. Ein überraschendes Remake liefert die Gruppe im zweiten Teil des Konzerts: Pharrell Williams’ „Happy“ tut das Motown-Gewand, das Karl Frierson dem Song überstülpt, richtig gut. Und Friersons Ersatzmann an den Keyboards – die Erstbesetzung ist laut Bandleader derzeit mit Herbert Grönemeyer unterwegs – lässt den Vorgänger dank seines virtuosen Spiels locker vergessen. Alles in allem eine Band, die ihr Soul-Handwerk bestens versteht und die Zuhörer im historischen Zeughaus zu frenetischem Applaus animiert.

www.zeughaus-lindau.de