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Silvia Thurner · 03. Okt 2022 · Musik

Drastische Bilder, „Volksgesang" und erhebende Fugen – die Chorakademie Vorarlberg interpretierte das Requiem von Joseph Eybler enthusiastisch

Nach einer langen Zwangspause konnte die Chorakademie Vorarlberg unter der Leitung von Markus Landerer nun endlich das Requiem c-Moll des Wiener Komponisten und Mozartzeitgenossen Joseph Eybler zur Aufführung bringen. Das Interesse für das Konzert in der Kapelle der Stella Privathochschule und auch der Esprit der Chorsänger:innen, der Sinfonietta Vorarlberg sowie den Solist:innen Sabine Winter, Katrin Auzinger, Markus Miesenberger und Martin Achrainer waren enorm. Mit Standing Ovations dankte das Publikum für die profilierte Werkdeutung.

Joseph Eybler war ein von W.A. Mozart hochgeschätzter Zeitgenosse, der in der Nachfolge von Antonio Salieri als Hofkapellmeister in Wien wirkte. Seine Vorbilder waren Joseph und Michael Haydn, sein Handwerk hat Joseph Eybler unter anderem bei Johann Georg Albrechtsberger, bekannt für die hohe Kunst des Kontrapunktes, gelernt. Markus Landerer war es ein besonderes Anliegen mit, der Aufführung des Requiems von Joseph Eybler dessen kreatives musikalisches Talent wertzuschätzen und einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Mit der Aufführung der Chorakademie Vorarlberg im Zusammenwirken mit der Sinfonietta Vorarlberg und den guten Solist:innen ist dieses Vorhaben beeindruckend gelungen.
Eyblers Musik ist plastisch und lebt von illustrativen musikalischen Bildern, die den durchaus dramatischen Requiem-Text nachempfinden lassen. Auf der einen Seite die „himmelhochjauchzenden“ musikalischen Ehrerbietungen und Gebete, auf der anderen Seite die Höllenflammen, das Grauen, die Angst und das Zittern, welches die Solist:innen, Chorsänger:innen und Musiker:innen in ihrer dramatischen Musizierhaltung gut nachvollziehbar in den Raum stellten. Besonders die zahlreichen dynamischen Gegensätze mit der abrupten Aufeinanderfolge von Forte- und Pianopassagen verliehen der Musik ein textdeutendes Profil und Spannung.

Der Chor und das Orchester

Die Chorsänger:innen waren auf eine möglichst gute Artikulation bedacht. Diese gelang über weite Strecken und kam vor allem im kontrapunktischen Satz am Schluss des „Domine, Jesu Christe“ gut zur Geltung. Intonationssicher gestaltete der Chor die Fugen und doppelchörigen Passagen in einer meistens ausgewogenen Klangbalance aus. Insbesondere die sensibel geführten Piano-Passagen beeindruckten, abschnittweise wirkten jedoch die Sopranstimmen etwas zu forciert.
Neben den fulminanten kontrapunktischen Passagen und bilderreich auskomponierten, illustrativen musikalischen Sinnbildern schrieb Eybler einige Abschnitte mit volksmusikalischen Idiomen. Die eher schlichten Linienführungen unterstrichen in der Sequenz und im Offertorium die Aussage des Requiems gut. Besonders schön kam dies im innigen Dialog der Sopranistin Sabine Winter mit dem Klarinettisten Levent Ivov im „Recordare“ zur Geltung.
Selbstverständlich sind Vergleiche mit Mozarts Requiem und der volksmusikalischen Diktion von Michael Haydn müßig, denn Eyblers Requiem steht für sich selbst. Trotzdem drängten sie sich förmlich auf. Unter anderem schwang der musikalische Geist Mozarts gleich zu Beginn in der melodischen Schwerpunktsetzung und der Orchesterbegleitung sowie in der Schlusspassage des Requiems ziemlich stark mit.

Die Solistinnen und Solisten

Sabine Winter (Sopran), Katrin Auzinger (Alt), Markus Miesenberger (Tenor) und Martin Achrainer (Bass) gestalteten ihre Soloparts mit viel Bedacht auf die melodischen Ausdrucksgehalte aus, mitunter verwendete Martin Achrainer ein etwas zu ausgeprägtes Vibrato. Markus Landerer leitete die Sänger:innen und Musiker:innen enthusiastisch und intensiv mitgestaltend. Imposant bezog er nach dem Schlusston die Stille mit ein und hielt die Generalpause erstaunlich lange. Danach reagierten die Zuhörenden mit jubelndem Applaus.
Zur Einleitung erklang der „Begräbnisgesang“ op. 13 von Johannes Brahms für Chor und Bläserensemble. Besonders das Fagottsolo von Noah Schurig sowie das auskomponierte Crescendo des Bläsersatzes ließen aufhorchen. Hingegen stellte sich die Stimmenbalance des Chores erst allmählich ein. Bruckners „Os justi“, eine Motette für Chor a capella, erklang in feinsinnigen Phrasierungsbögen. Bereits in diesem Werk war zu erleben, mit welch differenzierter Pianokultur und genauer Artikulation die Sänger:innen der Chorakademie Vorarlberg den Vokalsatz interpretierten.

www.chorakademievorarlberg.at