Dramatisch erzählt und lyrisch zugleich – Anna Adamik und Yunus Kaya spielten die vier Chopin-Balladen bei einem anregenden Klavierrecital im Atrium des Montforthauses
Es ist gut, wenn die klassische Musik aus den heiligen Hallen der Konzertsäle etwas heraus und mitten hinein ins Leben der Stadt geführt wird. Einen guten Rahmen dafür bot das offene Ambiente im Foyer des Feldkircher Montforthauses. Freilich waren dabei mitunter Abstriche im Hinblick auf eine wirklich konzentrierte Ruhe nötig, denn der Gastronomiebetrieb im obersten Stockwerk machte sich teilweise etwas zu lautstark bemerkbar.
Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten
Anna Adamik und Yunus Kaya widmeten sich den vier berühmten Balladen, op. 23, op. 38, op. 47 und op. 52, von Frédéric Chopin. Einleitend bot Anselm Hartmann Einblicke in die Entstehungsgeschichte dieser berühmten Werke. In wechselnder Reihenfolge trugen die Pianistin und der Pianist jeweils zwei Werke vor. Anna Adamik präsentierte die Ballade op. 23 in g-Moll und das Opus 47 in As-Dur mit kräftiger Anschlagsdynamik. Sie lotete die Themen spannungsgeladen aus, trug die Hauptthemen wie Frage-und-Antwortspiele vor und bekräftigte die fundamentierenden Basslinien. Ihre Werkdeutungen zielten zum Schluss hin, wo sie die Conclusio und die Farben der Tonarten gut zur Geltung brachte. Die punktierte Linie des ersten Themas in der As-Dur-Ballade gestaltete Anna Adamik raumgreifend, betonte aber auch die lyrische und beschwingte Charakteristik des Werkes. Auch hier verdichtete sie die ständig variierten Themen transparent nachvollziehbar.
Einen anderen Ton schlug Yunus Kaya an. Er formte die Balladen op. 38 in F-Dur und op. 52 in f-Moll mit einem poesievoll musikalischen Fluss. Auf diese Weise kristallisierte sich die mitteilsame und rhetorische Anlage der Ballade schön heraus. Weich wirkte auch der differenzierte Anschlag des Pianisten, so dass sich ein austarierter Stimmenausgleich einstellte. Die langsamen Passagen modellierte Yunus Kaya in sich ruhend. Gleichzeitig entwickelte er die Phrasen mit einer brodelnden inneren Kraft, die sich spannungsgeladen aufbauschten und dann virtuos zu den Kulminationspunkten hin gesteigert wurden.
Lockere Atmosphäre und gute Stimmung
Überraschend gut war die Akustik im Atrium des Montforthauses. Das Instrument war gut positioniert und entfaltete ein voluminöses Klangvolumen, tragend und nicht übermäßig hallend. Die Darbietung aller vier Chopin-Balladen war auch deshalb ein anregendes Erlebnis, weil damit die Möglichkeit geboten wurde, die vier einzelnen Kompositionen als Zyklus zu erleben. Dies regte zum Weiterdenken über innermusikalische Zusammenhänge an.
Mit langem und herzlichem Applaus dankten die Zuhörenden für das inspirierende Konzerterlebnis. In sympathischer Spiellaune bedankten sich Anna Adamik und Yunus Kaya mit Claude Debussys Klavierstück „Im Boot“ aus der „Petite Suite“ für Klavier zu vier Händen.