Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 23. Apr 2012 · Musik

Die mannigfaltige Ausdruckspalette öffnete Welten – Jubel für das Jerusalem Quartet bei der Schubertiade Hohenems

Das vielfach ausgezeichnete und international erfolgreiche „Jerusalem Quartet“ war mit Werken von Wolfgang Amadeus Mozart, Claude Debussy und Bedrich Smetana zu Gast bei der Schubertiade Hohenems. Die Spielart, der Esprit und die zugrunde gelegten Interpretationsansätze der drei Kompositionen begeisterten das Publikum. Vor allem Debussys Streichquartett hinterließ eine nachhaltige Wirkung. Der Elan und die Art der Linienführungen, die die vier Quartettmusiker zu einem in sich stimmigen Ganzen formten, sucht seinesgleichen.

Dem Streichquartett KV 421 von Wolfgang Amadeus Mozart legten Alexander Pavlosvsky, Sergei Bresler, Ori Kam und Kyril Zlotnikov eine individuelle Deutung zugrunde, dich wenig Rücksicht auf die „Schule der historisch informierten Aufführungspraxis“ nahm. Mit sattem Klang und gut ausformulierten temperamentvollen Gesten wurden die Themen modelliert. Besondere Aufmerksamkeit lenkten die Musiker auf markante musikalische Wendepunkte. Bis in die kleinsten Nuancen hinein spürten die Quartettmusiker den motivischen Gestalten nach und kristallisierten diese an die Oberfläche. Aufsteigende Gesten im Andante dienten als Energiespender. Expressiv betonten sie das Hauptthema im Menuett, bevor im Finalsatz schön ausformulierte Dialogstrukturen zwischen der Violine und der Viola und mit Bedacht aufeinander entfaltet wurde. Vor allem vom Cellisten Kyril Zlotnikov ging ein kommunikativer Aufforderungscharakter aus, immer wieder stellte er fragende Gesten in den Raum.

Lebendiger musikalischer Organismus

Atemberaubend spannend stellte das „Jerusalem Quartet“ das Streichquartett von Claude Debussy, op. 10 in den Raum. Bewegungsmuster und -schübe hatten vor allem aufgrund der virtuos aufeinander abgestimmten Artikulationsmuster eine mitreißende, energetische Wirkung. Auf dieser Grundlage breiteten die Musiker die in sich kreisenden Verläufe, das immer wieder in abgewandelter Form erklingende Kernmotiv und die dynamischen Schattierungen souverän aus. Vielgestaltige Klangfarbenspiele wurden durch eine ausgefeilte Bogenführung erreicht. Viel ließe sich über spieltechnische Raffinessen der Musiker sagen. Bemerkenswert waren unter anderem der orchestral wirkende Gesamtklang und die Gewichtungen der Tonschichtungen. So ergaben sich Obertonklänge, die vor allem am Schluss faszinierend in der Schwebe ausbalanciert wurden.

Dramatische Lebensschilderungen

In Bedrich Smetanas Streichquartett Nr. 1 „Aus meinem Leben“ stellte das „Jerusalem Quartet“ vor allem Gefühlszustände und die Erzählstruktur des Werkes in den Vordergrund. Einleitend wirkte eine unterschwellige Unruhe in die idyllische musikalische Schilderung hinein. Stark akzentuierte rhythmische Passagen und bewusst perkussiv eingesetzte Spielgeräusche unterstrichen die Wirkung der Polka im zweiten Satz. Unterschiedliche Erzählebenen und das Pendeln zwischen schwergewichtigen tiefen Registern und ‚leichtfüßigen’ Klanginseln wurden vieldeutig verschmolzen. Der unvermittelte Bruch und die stockende, jedoch nicht resignierte Linienführung im Finalsatz hoben die Dramatik des Ausdrucksgehaltes hervor. Diese formulierte das „Jersualem Quartet“ souverän aus.