Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Anita Grüneis · 16. Jän 2020 · Musik

Das Lied der Regula – die Chaarts Chamber Artists und Regula Mühlemann in Vaduz

Zum Auftakt der diesjährigen Weltklassik-Vaduzer Konzerte versprach das TAK Theater Liechtenstein einen märchenhaften Konzertabend. Es hat sein Versprechen gehalten. Die Klassik-Band Chaarts Chamber Artists und Regula Mühlemann nahmen ihr Publikum mit auf eine ungewöhnliche musikalische Reise, präsentierten dabei Feengestalten und Wunderwesen, versetzten das Publikum in Wonneschauer und ließen es manchmal sogar ein bisschen mitschunkeln. Es war ein ungewöhnlicher Konzertabend im Vaduzersaal, bei dem die Musik von Edvard Grieg im Mittelpunkt stand.

Spitzenmusiker als Klassik-Band

Die Chaarts sind ein klassisches Ensemble aus der Schweiz, das sich einer offenen und modularen Besetzung verschrieben hat. Inspiriert durch Claudio Abbados Lucerne Festival Orchestra, gründeten ehemalige Mitglieder des Mahler-Chamber Orchestra vor zehn Jahren diese Klassik-Band. Für ihre Konzerte laden sie Mitglieder international erfolgreicher Kammermusikformationen sowie Solisten zum Konzertieren ein.
Am Ende der Vorstellung in Vaduz bedankte sich der Cellist beim Publikum für die Bereitschaft, sich auf dieses Konzert einzulassen und bei Wolfgang Renz, der diesen Abend für die Chaarts instrumentiert hatte. „Wir sind elf Musiker und jeder ist ein Ton“, meinte er und fügte hinzu, dass sie alle gerne in diesem kleinen Rahmen musizieren, in dem einer den anderen hören und sehen kann. Für diese gemeinsame Klangwelt kam der zwölfte „Ton“ von der Sopranistin Regula Mühlemann. Ein Ausnahmetalent. Ihre schmiegsame Stimme umschlingt mühelos jeden Ton, egal wie tief, egal wie hoch. Sogar extrem hohe Töne werden nie grell, sie bleiben immer rund. Und wenn Regula Mühlemann ihre Stimme ganz zurücknimmt, in der Maske singt, dann klingen diese Töne nicht leiser, sondern voller. Und inniger. Ihre stupende Technik erlaubt es ihr, Koloraturen, Tiefen oder ungewöhnliche Verzierungen fließend leicht herunterperlen zu lassen.
Einer der Höhepunkte dieses Abends war die Arie der Pamina aus Mozarts „Zauberflöte“: Ach ich fühl’s. Es ist verschwunden“. Regula Mühlemann schaffte es, diese Figur in ihrer Traurigkeit und ihrer Todessehnsucht so verletzbar zu zeigen, dass es manchen fröstelte. Doch schon beim nächste Lied war all dies verschwunden. Die Arie der Juliette aus Gounods „Romeo und Julia“ klang wie ein fröhliches Trinklied – heiter, unbeschwert und lebenslustig.

Solveigs Lied und der Bergkönig

An diesem Abend war natürlich „Solveigs Lied“ sowohl kammermusikalisch als auch gesanglich der Ohrwurm des Abends. Schon bei Peer Gynts Suite Nr. 1, op. 46 zeigten die Musiker, wieviele „Töne“ in ihnen schlummern. Dank ihrer temperamentvollen und feinfühligen Spielweise dämmerte nicht der Morgen und Äse starb, auch der Bergkönig stolperte durch seine Hallen und verjagte die Stollentrolle. Das war ein „Hallo-wach“ Ensemble, das zudem klarmachte, dass Edvard Grieg nicht nur ein Spätromantiker war, sondern auch der Sohn und der Ehemann einer Sängerin. Der Komponist aus dem Norden verstand es, weibliche Stimmen und Orchester auf wundervolle Weise zusammenzuführen. Genau das bewiesen an diesem Abend die Musiker der Chaarts Chamber Artists und Regula Mühlemann, deren Stimme ein gleichwertiges Instrument zu den anderen war und doch darüber hinausschwang. So leicht, so mühelos wie diese Sopranistin ihre Stimme führt, und so raffiniert, wie sie die Töne in ihrem inneren Mischpult „fadet“ - das ist schlicht grandios. Zudem hat sie Humor – wie sie bei der Arie der Olympia aus Offenbach Hoffmanns Erzählungen“ bewies – sie klappte wie eine ferngesteuerte Puppe zusammen, wurde vom Hornisten mit einem großen Schlüssel wieder aufgezogen und sang dann „ganz automatisch“ weiter.
Die 34-jährige Sopranistin aus dem luzernischen Adligenswil ist nicht nur eine herausragende Musikerin – sie ist auch ein Teamplayer. Sie bildete mit den Musikern der Chaaarts immer eine Einheit – und das nicht nur, weil auf allen Notenständen Tablets lagen. Ein zauberhafter Abend mit bezaubernden Wesen und einer ebensolchen Musik. Das Publikum dankte mit stehenden Ovationen und dem Wunsch auf ein Wiederhören und -sehen.