Musiker:innen aus Südafrika und Kolumbien prägen den besonderen Charakter des Pforte Kammerorchesters Plus. (Foto: Aron Polcsik)
Silvia Thurner · 27. Apr 2009 · Musik

Das Glück zu fünft

Es gibt wenige Konzertereignisse, die man mit Superlativen beschreiben möchte. Im Hofsteigersaal in Schwarzach hat jedoch ein Konzert in Streichquintettbesetzung stattgefunden, das ein Lob in höchsten Tönen verdient. Matthias Honeck und Joachim Tschann (Violine), Gyöngyi Ellensohn und Klaus Christa (Viola) und Stefan Susana (Violoncello) wagten das Risiko und interpretierten mit selbstverständlicher Souveränität und großer Musikalität Streichquintette von Wolfgang Amadeus Mozart und Johannes Brahms. Ihre offensichtliche Freude am Tun und ihre erfrischenden Werkdeutungen machten das Kammerkonzert zu einem wahren Vergnügen.

Mozarts ernste Heiterkeit

Die Musikerin und die vier Musiker sind Mitglieder des Symphonieorchester Vorarlberg. Weil Karoline Pilz derzeit auf Tournee ist, musizierte an ihrer Stelle Klaus Christa. Hochspannung herrschte im Saal, denn wie gebannt hörte das Publikum Mozarts Streichquintett in C-Dur, KV 515, das die Ensemblemitglieder in der ersten Konzerhälfte spielten. Exklusiv für diesen Abend hatten sie das Programm einstudiert und dabei bis ins Detail durchleuchtet. So wirkten die Artikulationsbögen mit einer ausgefeilten Dynamik bewundernswert transparent. Den Satzaufbau und die Tonartenmodulationen führten die Musiker mit viel Kontakt zueinander aus, sodass der musikalische Vorder- und Hintergrund mit unterschiedlichsten klangfarblichen Schattierungen ausgestaltet erklang. Neben der spieltechnischen Brillanz begeisterte zudem die vielfältige Ausformung verschiedenster Stimmungen, beispielsweise, der Humor in der Motivgestaltung des Menuetts, der orchestrale Zusammenklang und die musikalischen Zwiegespräche im Andante und bewusst stark betonte Akzentuierungen im Finalsatz.

Brahms’ Überschwang der Stimmungen

Nicht nur im Mozartquintett gelang diese Spielart, sondern sie zeichnete den gesamten Konzertabend aus. Die Musiker formten die Linienführungen der Hauptthemen und Nebenmotive, indem Gewichtungen bei markanten Höhe- oder Wendepunkten klar gesetzt wurden. Diese Modulierung des musikalischen Flusses belebte auch das Quintett in G-Dur, op. 111 von Johannes Brahms, in dem der symphonische Charakter voll Leidenschaft ausgekostet wurde. So ergab sich ein kammermusikalisches Miteinander, das auch zu einem anregenden Spiel der Kräfteverhältnisse wurde. Über das gesamte Werk war der gemeinsame Atem spürbar. Und neben den aufgewühlten und brodelnden Passagen nahm sich das Ensemble im Adagio Zeit und breitete in sich ruhende, leise gespielte Klangfelder aus und zelebrierte die unterschiedlichen Charaktere des Hauptthemas. Mit Esprit erklang das abschließende Vivace. Das Publikum applaudierte begeistert und wohl alle waren sich einig, ein besonders gelungenes Kammerkonzert erlebt zu haben.

Ungekünstelt

Dazu trug auch die persönliche Atmosphäre bei, in der Klaus Christa, Stefan Susana und Anna Mika, die Initiatorin des Konzertes, über Mozart und Brahms plauderten. Gesprächskonzerte sind derzeit en vogue. Hier überzeugte der ungekünstelte Ton der Gesprächspartner, die ihr Wissen und ihren Zugang zu den Werken austauschten, so als säßen sie nicht vor einem Publikum, sondern im Kaffeehaus.

Zukunftsperspektive

Die Streichquartett- bzw. Quintettbesetzung stellt hohe Anforderungen an die MusikerInnen, denn die Wahrnehmung ist besonders auf einen ausgewogenen und in sich ausbalancierten Zusammenklang gerichtet. Auch in dieser Hinsicht haben mich die Darbietungen dieses Ensembles begeistert, weil die Werke nicht nur perfekt einstudiert wirkten, sondern ein charakterstarker Gesamtduktus erlebbar war. Seit das „Camerata Quartett“ vor einigen Jahren aufgelöst worden ist, gibt es in Vorarlberg kein Streichquartett mehr. Das ist schade, denn vor allem dieses Genre bietet eine vielfältige Literatur und gilt seit jeher als „Königsdisziplin“ der Kammermusik. Das Potential, das Matthias Honeck, Joachim Tschann, Gyöngyi Ellensohn, Klaus Christa und Stefan Susana geboten haben, lässt nun die Hoffnung aufleben, dass es im Land bald wieder ein fixes Streichquartett geben könnte.