Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Thomas Kuschny · 23. Nov 2014 · Musik

Burn! - „Sons of Kemet“ am Spielboden Dornbirn

Was ist mit „Kemet“ gemeint? Die Suchmaschine listet folgende Möglichkeiten auf: Ein amerikanischer Kondensatoren-Hersteller? - Wohl kaum. Eine Ortschaft in Oberösterreich? - Unwahrscheinlich. Der alte Name für „Ägypten“? - Das muß es sein, denn auch der Vorname des Bandleaders, Shabaka, kommt aus derselben Ecke. „Kemet“ heißt „Das Schwarze“ und bezieht sich auf die fruchtbare Erde im Niltal. Passt gut, denn triefend feucht ist auch die Musik des energetischen Vierers!

„Burn“- so heißt der bislang einzige Tonträger der erst 2011 gegründeten Band, die binnen kurzer Zeit einige Aufmerksamkeit erregt hat. Sie sind von Pop-Jazz Star Jamie Cullum zu seiner BBC Sendung „Maida Vale Session“ eingeladen worden und unterlegen einen Clip des Bekleidungsriesen „GAP“. ( Werbung! Neil Young würde die Zornesröte ins Gesicht steigen ...)

„Burn“ passt auch, denn mit Brennen und Lodern läßt sich die Sache genauso assoziieren. Shabaka Hutchings betont in Interviews die drei Einflüsse seiner Musik: Amerika, Afrika und die Karibik. Das Konglomerat dessen muss zwangsläufig eine stark rhythmische Komponente haben. Dafür sind in diesem Fall gleich zwei Schlagzeuger am klassischen Drumset zuständig. Das Fundament besorgt eine Tuba, das Tenorsaxofon von Hutchings komplettiert das rein akustische Quartett und ist auch der einzige offensichtliche Verweis auf amerikanischen Jazz à la Coltrane. Denn swingen tut hier nichts!

Hektische Tribal Grooves


Hektische Tribal Grooves beherrschen das dichte Amalgam, auf besondere Komplexität oder Virtuosentum wird nicht so viel Wert gelegt; zu Recht, denn dies wäre hier auch fehl am Platz. Die beiden Drummer (die außergewöhnliche Haarpracht des einen, Seb Rochford, verweist unter Umständen auf seine Vergangenheit mit den „Babyshambles“) weben ein undurchdringliches Netz. Der anstatt des ursprünglich angekündigten Tausendsassas Oren Marshall engagierte Theon Cross pumpt mit manchmal technoider Unerbittlichkeit seine Viertel, unterbrochen von Elefanten-gleichen Warnrufen. Hutchings Melodien sind
einprägsam, oft schlicht und haben hohen Wiedererkennungswert. Das Ganze kann eine derartige Intensität entwickeln, dass man sich wundert, wie es möglich ist, dann doch noch ein Schärflein zuzulegen. Das haben wir das letzte Mal bei SUN RA gehört!

Zeremonieller Charakter


Ein „Sons of Kemet“ Konzert soll laut Hutchings einen eher zeremoniellen Charakter haben. Da hier aber unmissverständlich auch das Tanzbein angesprochen wird, kann dies in einem bestuhlten und betischten Saal voll mit bewegungsunwilligen Europäern etwas gleichförmig und wenig abwechslungsreich wirken. Stimmt schon, man hätte sich mehr Stücke in der Art der Zugabe gewünscht, denn auch ein lyrischer Ton steht der Band sehr gut an. Grundsätzlich zielen aber die „Sons of Kemet“ genauso wie Hutchings allerneuestes, formidables Electronic-Projekt „Comet is coming!“ weniger auf den aufmerksam reflektierenden Hörer, sondern auf den Dance-Floor.

Der altehrwürdige „Guardian“ schreibt: „...a dazzlingly adventorous and very accesible groove-band ...“ Dem ist nichts hinzuzufügen.