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Anita Grüneis · 14. Jän 2020 · Musik

Balzner Operette mit dem „Weißen Rössl“: Es muss was Wunderbares sein ...

Am Samstag, den 25. Januar 2020 feiert Ralph Benatzkys Operette „Im weißen Rössl“ in der wiederhergestellten Urfassung aus dem Jahr 1930 Premiere im Gemeindesaal in Balzers. Dirigieren wird Willi Büchel, der auch sonst das musikalische Leben in der Gemeinde maßgebend prägt. Willi Büchel ist Jahrgang 1964, von Beruf Richter, seit 2016 Landgerichtspräsident. Daneben dirigiert er seit 1988 die Harmoniemusik Balzers mit ihren rund 60 Musikanten. Und er dirigiert nun bereits zum fünften Mal eine Produktion der Balzner Operette. Anita Grüneis hat sich mit ihm über sein Wirken und die Operette Balzers unterhalten.

Anita Grüneis: Im Jahr 2012 begannen Sie als Dirigent bei der Balzner Operette. Ihr erstes Werk war Franz Lehárs „Der Graf von Luxemburg“, zwei Jahre später folgte „Gasparone“ von Carl Millöcker, 2016 die berühmte „Fledermaus“ von Johann Strauß und vor zwei Jahren mit der Operette „Die lustige Witwe“ wieder ein Werk von Franz Lehár. Und nun also „Im weißen Rössl“. Suchen Sie sich die Operetten jeweils selbst aus?
Willi Büchel: Nein, dazu gibt es eine Kommission, wobei ich schon auch mit einbezogen werde. Das „weiße Rössl“ war ein Wunsch auch von mir. Dieses Werk hat ja das Image, es sei Alpenfolklore. Das finde ich aber gar nicht. Ich finde es wunderbar ironisch und eine ganz lässige Musik. Und so ganz etwas anders als „Die lustige Witwe“ oder „Die Fledermaus“. 

Grüneis: Mögen sie Operetten?
Büchel (schmunzelt): Ich habe sie lieben gelernt. Als man mich fragte, ob ich Lehárs „Graf von Luxemburg“ dirigieren möchte, hab’ ich zugesagt, weil mir die Musik Lehárs gefällt. Zudem stand mir am Anfang mein Vorgänger Karl Heinz Dold beratend zur Seite und wies mich auf Besonderheiten hin. Er sagte mir gleich: „Du musst die Operette lieben, sonst kannst du diese Arbeit nicht machen“. Und ich merkte, dass die Musik handwerklich interessant ist. Zudem ist das Bühnendirigat ein „Leiten und Begleiten“, wie mal jemand sagte. Man muss sehr auf die Sänger hören und mit ihnen atmen.

Grüneis: Sie haben sich für die Urfassung von Benatzkys Operette „Im weißen Rössl“ entschieden. Warum?
Büchel: Es gibt eine ganz reduzierte Fassung mit einer kleinen Combo. Die rekonstruierte Fassung, die wir spielen, ist Unterhaltungsmusik mit Witz, Charme und Ironie. Ich finde die Musik von Ralph Benatzky ist verwandt mit jener von Kurt Weill, da sich auch Benatzky vom Kabarett her der Operette genähert hat und nicht von der Oper. 

Grüneis: Gibt es auch eine Oper die Sie fasziniert?
Büchel: Ich mag die Opern von Puccini wie „Tosca“ oder „Madame Butterfly“. Zum Opernbesuch reicht es für mich aber aus zeitlichen Gründen nicht oft, geschweige denn regelmäßig. Ich war schon mehrmals in der Wiener Staatsoper, aber das ist familiär bedingt jetzt doch auch schon wieder eine Weile her. Es gibt aber natürlich auch gute Möglichkeiten, sich Produktionen zuhause anzuschauen.

Grüneis: Was begeistert Sie an der sinfonischen Blasmusik?
Büchel: Zunächst liegen in der Blasmusik und konkret in der Harmoniemusik Balzers mal ganz einfach meine musikalischen Wurzeln. Am Blasorchester reizt mich der Klang, den man mit dieser speziellen Kombination aus Holz-, Blech- und Schlaginstrumenten erzeugen kann. Und schließlich gibt es – neben vieler Allerweltsware – auch ganz tolle Literatur.

Grüneis: Sie spielten seit Ihrem achten Lebensjahr Trompete. Was hat Sie zu diesem Instrument geführt?
Büchel: Es war kein bewusster Entscheid. Der damalige Präsident der Harmoniemusik Balzers hat für einen Bruder von mir eine Trompete zu uns gebracht. Das Instrument taugte meinem Bruder aber nicht, die Trompete lag dann zuhause herum und so fing ich an, darauf zu spielen. Musik war bei uns zuhause immer präsent. Wir spielten aber keine Hausmusik im klassischen Sinne.

Grüneis: Sie sind der fünfte von sieben Geschwistern. Zwei ihrer älteren Brüder spielen in der Balzner Harmoniemusik mit, einer davon ist der Vorsteher (Bürgermeister) von Balzers. Gibt es keine Probleme, wenn der kleine Bruder dirigiert?
Büchel (lacht): Nein, gar nicht. Beide folgen anstandslos.

Grüneis: Haben Sie nach Ihrer Matura je an ein Musikstudium gedacht?
Büchel: Gedacht natürlich schon, letztlich sah ich mich aber aus verschiedenen Gründen nicht als Vollzeitmusiker. Ich studierte zunächst Mathematik und Physik mit dem Ziel, Lehrer zu werden, merkte dann aber, dass mich das doch zu wenig Spaß macht. Zugleich begann ich mich für das Recht zu interessieren, da es unser gesellschaftliches Zusammenleben regelt und Bedingungen dazu festlegt. Außerdem argumentiere ich gerne und mag das präzise Formulieren. 

Grüneis: Ist das – zusammen mit der Musik nicht ein Spannungsfeld? Das Recht, in dem alles geregelt und strukturiert ist und die Musik, die nur bis zu einem bestimmten Maß geregelt ist, dann aber doch gewisse Freiräume braucht?
Büchel: In der Musik braucht es ebenfalls viel Präzision und natürlich gibt es auch vieles, was in den Noten nicht steht. Das ist ja das Spannende. Mir tut Musik immer gut. Wenn mich beispielsweise bei bei meiner Arbeit am Gericht etwas wurmt und ich am Abend zur Probe gehe, dann habe ich schnell alles vergessen. Musik sorgt für die Balance. Es ist auch Handwerk.

Grüneis: Sie besuchten während des Studium an der Universität in Basel eine Ausbildung zum Blasmusikdirigenten am Konservatorium in Bern. Was hat Sie dazu bewogen? War Ihr Ziel vom Anfang an das Dirigieren?
Büchel: Es war die Zeit, in der ich mich für das Jus-Studium entschieden habe, aber gleichzeitig wusste, dass ich weiterhin aktiv mit der Musik in Verbindung bleiben möchte. Ich habe bei uns in der Harmoniemusik öfter die jüngeren Musikanten angeleitet. Das gefiel mir.  

Grüneis: Sie waren seit 2001 Richter am Landgericht und später am Obergericht. Seit 2016 sind Sie Chef des Landgerichts mit rund 60 Vollzeitstellen und gleichzeitig Musikalischer Leiter der Harmoniemusik Balzers mit 60 Musikanten. Was unterscheidet die Arbeit mit den beiden?
Büchel: Als Dirigent des Vereins arbeite ich mit Menschen, die freiwillig und bewusst zusammenkommen. Sie müssen ja nicht musizieren. Als Dirigent brauche ich eine gewisse Motivationsgabe. Beim Gericht ist die sicherlich nicht hinderlich, es sieht hier aber etwas anders aus, weil der Job für viele auch ein Muss ist, um das tägliche Brot zu verdienen. Meine Aufgabe besteht darin, eine funktionierende Organisation zur Verfügung zu stellen, die allen die Arbeit erleichtert.

Grüneis: Welche Musik hören Sie privat zuhause?
Büchel: Zum großen Teil bin ich mit sinfonischer Blasmusik beschäftigt. Ich höre mir viele Werke für die Programmgestaltung der Konzerte an. Wenn das Programm dann steht, höre ich mir diverse Interpretationen der Stücke an.

Grüneis: Gibt es Momente, wo sie Gericht und Bühne vereint sehen?
Büchel: Bei Gericht gibt es schon Momente wo ich den Eindruck habe, da wird Theater gespielt (schmunzelt). Ich finde es immer schön, wenn eine Situation sehr zerstritten war und wir es schaffen, dass die Parteien wieder miteinander reden. Als Anwalt darf man subjektiv sein, als Richter muss man eine neutrale Position einnehmen, beim Dirigieren kann ich das eigentlich verbinden. Es ist mein technisches Verständnis der Partitur gefragt – aber ich kann auch eigene Empfindungen einfließen lassen.

Grüneis: War Ihnen beim Dirigieren je etwas peinlich?
Büchel (grinst): Wenn ich mich mal verschlagen habe ... ja, das gab es schon. Oder einmal, als ich bei einem Konzert die Noten für den traditionellen Anfangschoral vergessen hatte und den Einsatz zu einer lebhaften Trompetenfanfare gab, das Orchester aber den Choral spielte – wobei das Tempo nicht wirklich stimmte und ich kurz irritiert war.

Grüneis: Mein Liebeslied muss ein Walzer sein, heißt es im „Weißen Rössl“. Und Ihr Liebeslied?
Büchel (lacht): Da erwischen Sie einen heiklen Punkt. Jemandem Liebeslieder ins Ohr zu säuseln entspricht nicht wirklich meinem Naturell.

"Im weißen Rössl" v. Ralph Benatzky
Premiere am 25. Januar 2020 um 19.30 Uhr im Balzner Gemeindesaal.
Weitere Vorstelllungen: www.operette-balzers.li