Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Peter Ionian · 08. Aug 2011 · Musik

22. Szene Openair 2011 - Das größte Jugend-Musik-Festival im Ländle lockte mit schmackhaften Headlinern und servierte dazu zahlreiche heimische Musiker

Das Szene Openair 2011 ist unbestritten das größte Musikfestival Vorarlbergs für Jugendliche und mit stattlichen 22 Jahren auch ein gereiftes. Vom 4. bis 6. August brachte Hannes Hagen und der Kultur- und Jugendverein Szene Lustenau wieder ein paar klingende internationale Namen an den Alten Rhein. Dabei stehen beim Szene Openair neben den ganz Großen auch die lokalen Größen im Rampenlicht. Insgesamt bietet das Gelände Platz für über 6.000 Besucher, das Programm umfasste mehr als 50 Bands und DJs und 400 ehrenamtliche Helfer waren im Einsatz.

Das Szene Openair hat auch heuer wieder bei üblichem Vorarlberger Sommerwetter stattgefunden. Da scheint Regen Tradition zu werden. Deshalb sind inzwischen die Besucher und auch die Organisation darauf vorbereitet. Es gab längere trockene Phasen, aber so manche/n hat das Schlammbad bestimmt abgeschreckt. Gummistiefel waren obligatorisch, doch die wenigsten reisten mit einem Boot an. Gravierend wurde das vor allem außerhalb des Geländes, wo die Zelte standen und dementsprechend viele Füße den Boden aufweichten. Der gratis Shuttle-Service bis zum Sonnenaufgang wurde dankbar angenommen und ausgiebig genutzt. Schön, wenn bei solchen Großveranstaltungen an ein umweltschonenderes Verkehrskonzept gedacht wird. Der Festivalbereich selbst wurde ein wenig umorganisiert und funktionierte bestens. Holzstege markierten die Hauptwege. Die Verpflegung konzentrierte sich in einem Versorgungseck. Das Rock City-Zelt war zugleich der Zugang zur Partyzone. Links neben dem Publikumsbereich der Mainstage thronte die Newcomerstage im Mohrenzirkuszelt.

Damit das alles so glatt über die Bühne ging, halfen hunderte Händepaare ehrenamtlicher Mitarbeiter mit. Der Kultur- und Jugendverein Szene Lustenau arbeitet eh schon stark mit dem Engagement junger Musik- und Kulturbegeisterter und stellte gut 100 aktive Helfer. Aber auch unabhängig davon meldeten sich weitere 300 motivierte Jugendliche und investierten ihre Freizeit und Kraft in das Festival. Die hohe Identifikation spricht dafür, dass die Jugend sehr wohl begeisterungsfähig scheint, wenn ihnen der Rahmen passt.

Schon der Eröffnungstag lieferte volles Programm

Der Donnerstagabend war ehemals den Newcomern vorbehalten, inzwischen ist er ein vollwertiger Festivaltag, der schon kurz nach 17 Uhr begonnen hatte. Eröffnet wurde zwar österreichisch, aber nicht vorarlbergerisch. „Frame“ aus Salzburg beklagten ein Imperium der Gier, dann wurde unschuldiges Blut mit Metal aus Bregenz von „Die Tomorrow“ vergossen. Die deutsche Punkrock-Band „Ichy Poopzkid“ rastete schon dezent aus, während Plingg.com die Linzer „Skabucks“ auf den Festivalslot im Zelt geblasen hatte. Erster echter Höhepunkt waren aber die Mundkünstler „Bauchklang“ aus St. Pölten. Ihr Vocal-Groove-Project wird ausschließlich über Stimme und Mikro ausgeführt, drückte aber mindestens so wie Sound aus der Retorte. Ihr Programm klang voll elektronisch und tanzbar. Leider war es noch hell, denn ihr Sound hätte in die Nacht gehört. Der erste große Headliner waren die britischen Indierocker „Maximo Park“. Obwohl viele lauthals mitsingen konnten und vor allem ihre bekannten Songs gut Stimmung machten, war das Konzert eher flach und brachte nicht so viel Energie unter die Leute, wie man hinter den Grimassen des Leadsängers Paul Smith erwarten hätte können. Dafür räumte der Late-Night-Headliner „Shantel & Bucovina Club Orkestar“ ordentlich ab. Sie brachten Balkanfeeling mit viel Lebensfreude an den Alten Rhein. Um das zu erreichen, bedienten sie sich ihrer „Disko Partizani“ gleich mehrfach. Wer danach noch nicht genug hatte, konnte im Zelt mit „Kompal“ und einer ganzen DJ-Front bis in die Morgenstunden abtanzen.

Am Freitag glänzten vor allem die heimischen Bands

Der Freitag stand im Zeichen Vorarlberger Bands und auch des Rap. Herausragend präsentierten sich wieder die traumreisenden jungen Römer von „Times New Roman“, die auch schon zu früher Stunde ihre Klasse bewiesen. Die „Penetrante Sorte“ brachte wortgewaltig den Vorarlberger Stil auf die Bühne. Ihr Rap nimmt kein Blatt vor den Mund und spielt sich irgendwo zwischen Zeige- und Mittelfinger ab. „Working Chair“ zeigten, dass sie als alte Hasen noch immer fest im Sattel sitzen. Den Ausnahmezustand erklärten dann „Notstandshilfe“. Auf höchstem Niveau brachten die ausgezeichneten Musiker eine knackige Funk-Grundlage für die aufbrausenden MCs. Die Leute gingen ganz mit, weil es auch einfach gut war, und nicht nur, weil das Live-Video gedreht wurde. Zu guter Letzt überzeugten noch die Talente-Sieger „A Lingua Franca“ mit einer Power-Show, die vom ersten bis zum letzten Ton mit vollem Gas angefahren kam.

Auf der Mainstage machten „Chikinki“ den internationalen Warm-Up, blieben aber eher lauwarm, als dass sie es wirklich heiß machten. Der tiefstimmige Rapper „Marteria“ trat stiltreu im Sakko auf. Sein erstes Wort war „Yo!“ und obwohl man ihn eher als „Marsimoto“ kennt, sprang er von Level zu Level auf grundsolidem Dance-Reggae-Hip-Hop. „Beardyman“ aus London ließ eine weitere Beatbox-Session erwarten, lieferte aber puren Electro mit dem Mund. Mit Loops, Effekten und jeder Menge Sounds heizte er nun endlich richtig ein. Der Sound war bestimmt keine leichte Kost und hätte wahrscheinlich auch einen Late-Night-Spielplatz verdient gehabt, aber die Leute hielten auch zum Hauptabendprogramm eine Stunde springend durch. Statt einem faden Reggae-Downer überraschte der deutsche „Gentleman“ mit einem ausgezeichneten Auftritt. Spitzenmusiker und ein hochkarätiger Stargast umrahmten eine Show voller postiver Vibes und direkter Kommunikation mit dem Publikum. Als dann im Zelt plötzlich eine schwarze Messe von „Ghost“ - in Mönchskutten gewandet -  stattfand, waren doch alle recht irritiert. Ihr schwedischer Metal-Rock mit Performance-Charakter hinterließ Gänsehaut. Headliner „Wizo“ stellte das aber schnell in den Schatten. Die Punk-Band aus Deutschland gibt’s bereits seit 1986, aber auffällig war vor allem der Spaß, den die Jungs auf der Bühne hatten - neben ihrer Routine. Sie waren viel mehr als nur der eine große Hit, trotzdem schlurften die Jugendlichen im Chor das sterbende Schwein besingend zurück in ihre Zelte.

Am letzten Festivaltag wurden nochmals alle Kräfte mobilisiert

Der letzte Festivaltag wählte eine härtere Gangart, auch wenn der Boden inzwischen schon recht aufgeweicht war. Mit „Caliban“ oder den „Dark Reflexions“ aus Hohenems setzte man auf Metal. Da waren „Texta & Skero“ beinahe ein wenig Außenseiter auf der Mainstage, was aber allen nicht so Hartgesottenen durchaus gefiel. Die Schweden „Friska Viljor“ schafften da einen sanften Übergang mit strahlendem Indie-Rock. Danach konnten sich die Linzer „Parov Stelar Band“ gut draufsetzen. Ihr schwungvoller Electroswing brachte die Hüften zum Kreisen. Überzeugend war auch der kraftvolle Gig der Montafoner „The Flight Of Apollo“, die bestimmt noch von sich hören machen werden. Headliner „Culcha Candela“ sagte der vollen Festivalwiese und jedem Einzelnen ganz genau, was er zu tun hatte und die Masse machte mit. Dabei haben sie sehr viel Style eingebüßt und kamen eher als Boygroup daher, was ja auch vielen gefällt. Richtig gut wurde es aber erst wieder nach dem großen Namen, denn die Schweizer „Bubble Beatz“ sorgen als Schlusslicht nochmal für ordentlich Gestampfe. Ihr Bühnenaufbau voller Alteisen, Bauschutt und Ramsch wurde zu eingängigen House- und Drum’n’Bass-Beats getrommelt. Schweißtreibend, nicht nur für die Musiker auf der Bühne, sondern auch für das feiernde Publikum.

Das Szene Openair ist ein Festival für die Jugend. Mit großen Headlinern werden viele Leute angelockt und fast wie nebenbei schafft man so auch den lokalen Musikern ein Podium, um neue Fans zu erreichen. Das sollte man nochmals unterstreichen. Davon sollte man auch auf keinen Fall ablassen.