Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Silvia Thurner · 23. Jun 2013 · Musik

„Wunderlicher Alter, willst du mit mir geh’n?“ – die Sängerin Lia Pale und ihre Band begeisterten mit dem Liederzyklus „gone too far“

Das letzte Konzert der „Jazz&“-Reihe in dieser Saison war einem ganz speziellen Projekt gewidmet. Mathias Rüegg, ehemaliger Leiter des Vienna Art Orchestra, hatte für die junge Sängerin Lia Pale Lieder aus der „Winterreise“ von Franz Schubert arrangiert und daraus den Liederzyklus „gone too far“ zusammengestellt. Mit den individuell an die Qualitäten der Sängerin angepassten Arrangements traf er ins Schwarze.

Die Texte aus Schuberts Winterreise hat Lia Pale ins Englische übersetzt und auf diese Weise eine gute Distanz zur berühmten Vorlage geschaffen. Dass sich Mathias Rüegg als Arrangeur in jedem Detail der Bearbeitung bewusst war, welche kompositorischen Inhalte er übernehmen, reflektieren, verstärken oder beiseite lassen möchte, ist gut nachvollziehbar. Allein darin liegt auch die Glaubwürdigkeit dieses ungewöhnlichen musikalischen Projektes begründet.

Vor allem Schuberts griffige Melodien und textdeutende melodische Gedanken hat Rüegg für die Liedersammlung übernommen. Überdies legte er den Songs über weite Strecken Schuberts aussagekräftige und farbige Harmonik zugrunde. Den leidenden und depressiven Unterton des weltabgewandten Protagonisten, der die „Winterreise“ prägt, sowie die vergebliche Suche des rastlos Wandernden ließ Rüegg eher beiseite. Zudem stellte er die Liedfolge um und legte damit andere Wirkzusammenhänge fest.

Weltzugewandte Grundstimmung


Mathias Rüegg schuf musikalische Stationen mit unterschiedlichen emotionalen Bezugsfeldern. Die Gefühle der einzelnen Songs wurden einige Male in tänzerische Rhythmen gegossen und verströmten dadurch eine weltoffene und positive Grundstimmung. Genau diese Umdeutung der Vorlage ist der Clou dieses neuen Liederzyklus, denn so hat Mathias Rüegg „seine“ Lieder Lia Pale auf den Leib geschrieben.

Humorvolle Moderationen


Die junge Sängerin hat eine sympathische Ausstrahlung und zog mit ihrer klaren und wandlungsfähigen Stimme die Zuhörenden in ihren Bann. Gleich von Beginn an kam sie zur Sache und stieg unmittelbar in das Thema ein. Sehr gut leitete Lia Pale durch das Programm. Sie schuf Abwechslung, indem sie Originaltexte vortrug und spannte humorvoll den Bogen zwischen den einzelnen Nummern. Allein wie sie Mathias Rüegg vorstellte, sprach Bände. Meiner Wahrnehmung nach standen jedoch die „Tanzeinlagen“ von Lia Pale während der Soli ihrer Musikpartner manchmal in einem etwas krassen Gegensatz zu den Aussagen der dargebotenen Songs.

Fesselnde Songs


Einen Höhepunkt  setzten die Sängerin und die hervorragende Band mit Fabian Rucker (Saxofon), Ingrid Oberkanins (Perkussion), Hans Strasser (Kontrabass) und Mathias Rüegg (Piano) in „Road of no return“. Die harmonischen Farben der Musik sowie der Schwebezustand in der Klavierpassage und die Improvisation von Fabian Rucker schufen ein eindrückliches Bild. Im Lied „My faithful walking staff“ spielte Lia Pale den Klavierpart selbst und verstärkte durch die Reduktion auf das Wesentliche den Aussagehalt des Stückes. Schön wirkte auch das Arrangement des „Leiermanns“, bei dem die leeren Quinten und die Rahmentrommel eine ganz eigene Stimmung verströmten.

Spielerischer Umgang


Den spielerischen und entspannten Umgang mit der berühmten Vorlage unterstrich die Band, indem sie eine Büste des Komponisten auf der Bühne postierte. Humorvoll stellte Lia Pale einen direkten Kontakt zum Urheber und zur Quelle der Inspiration her.