Das UNPOP-Ensemble zeigt derzeit das Stück "Fairycoin" im Theater Kosmos. (Foto: Caro Stark)
Fritz Jurmann · 16. Okt 2013 · Musik

„Weiß, wie ein Orchester funktioniert“ – Thomas Heißbauer stellt sich in einem Pressegespräch als neuer Geschäftsführer des SOV vor

Der neue Geschäftsführer des Symphonieorchesters Vorarlberg, Thomas Heißbauer, stellte sich mittwochmittags im Bregenzer Hotel Schwärzler in einem Pressegespräch erstmals einer Runde von Vorarlberger Medienvertretern vor. Er hat diese Funktion mit 1. September als Nachfolger von Michael Löbl angetreten, der zuvor über 20 Jahre lang die organisatorischen Agenden des SOV geleitet hatte. Heißbauer nahm dabei auf Journalistenfragen gemeinsam mit Vorstand Eduard Konzett auch Stellung zu geplanten Projekten der Musikvermittlung, zu Struktur- und Finanzierungsfragen und sprach über Ideen für eine intensivere Vermarktung des Orchesters.

Masterstudium für Kulturmanagement absolviert


Thomas Heißbauer wurde 1968 in Eitzing/Oberösterreich geboren und lebte die letzten 25 Jahre in Salzburg, wo er auch studierte. Er war bis 2009 als Hornist Berufsmusiker im Mozarteum-Orchester und in der Camerata Salzburg, bevor er 2009 an der Fachhochschule Kufstein ein Masterstudium für Kulturmanagement absolvierte und danach im Mozarteum-Orchester bereits für Orchesterdisposition und Projektmanagement für kulturelle Bildung praktisch tätig war. Er kennt also den Orchesterbetrieb quasi von innen und von außen.

Eduard Konzett, seit 12 Jahren Vorstand, über Heißbauers Bestellung: „Wir konnten unter 44 Bewerbern wählen, und das Risiko war für uns mit Thomas Heißbauer ganz überschaubar, weil er für diese Tätigkeit bereits viel Erfahrung mitbringt. Außerdem kennt er unseren Chefdirigenten Gérard Korsten gut, unter dem er bei der Camerata Salzburg gespielt hat, die Chemie stimmt. So fiel unsere Entscheidung einstimmig.“

Viele Rädchen greifen ineinander


Was hat Thomas Heißbauer bewogen, sich in Vorarlberg zu bewerben? „Ich wollte einfach noch selbständiger arbeiten als in Salzburg, also auch Programme mitbestimmen, Solisten und Dirigenten engagieren, von denen man glaubt, dass diese Kombination zusammen mit dem Orchester funktionieren kann. Ich weiß einfach, wie ein Orchester funktioniert, wie viele Rädchen da ineinander greifen müssen, und dieses Wissen kommt dem SOV sicher auch zugute. Da gibt es jetzt auch Dinge, die man von der Struktur her nachjustieren muss, und ich glaube, da kann ich mich ganz gut einbringen. Die laufende Saison ist ja noch von meinem Vorgänger übrigens sehr interessant programmiert worden, meine Handschrift und meine Ideen werden dann ab der Saison 2014/2015 spürbar werden.“

Sehr intensiv Gedanken macht man sich zum bisher vernachlässigten Begriff „Musikvermittlung“, die nach Heißbauer nur funktioniert, wenn die Musiker das auch wollen. Aber im Orchester seien großes Potenzial und Verständnis vorhanden, und so will man diesen Bereich hier auf eine breite Basis stellen: also Musikvermittlung nicht nur für Kinder, Jugendliche oder Lehrlinge, sondern etwa auch für Senioren. Nicht in Form von Vorträgen, sondern im direkten kommunikativen Austausch mit den Zuhörern.

Wie ist das mit der Neuen Musik?


Die Gretchenfrage an Heißbauer, derentwegen es bei seinem Vorgänger und dem Chefdirigenten noch vor einem Jahr heiße Diskussionen gerade über die KULTUR gab: Wie hält er es mit der Neuen Musik? Als Antwort verweist Heißbauer auf ein Projekt, das am 9. November gemeinsam mit dem ORF im Funkhaus Dornbirn unter dem Titel „Texte und Töne“ stattfinden wird, mit ausschließlich neuer Musik, zum Großteil von Vorarlberger Komponisten für ein speziell interessiertes Publikum. Wie es überhaupt die Verpflichtung eines subventionierten „Landesorchesters“ sei, die schöpferische Szene dieses Landes auch in den normalen Konzertprogrammen zu berücksichtigen, wenn auch in einer eher sparsamen Dosierung.

Wo soll seiner Meinung nach das Orchester in ein paar Jahren stehen, was ist das Profil, worin besteht die besondere Qualität? „Das SOV hat ja in Österreich eine Sonderstellung – es ist das einzige Landesorchester, das ein Projektorchester ist, dessen Musiker also nicht angestellt sind und nicht ständig zusammen musizieren. Dafür ist hier die Begeisterung um ein Vielfaches größer. Das ist es auch, was das Orchester für mich so faszinierend und einzigartig macht. Es muss einfach die kulturelle Spitze im Land darstellen, da erwarte ich mir auch ein Bekenntnis dazu vom Land.

Engere Bindung an Konservatorium angestrebt


Auch für die Studenten des Landeskonservatoriums muss es ein Ziel sein, irgendwann dort mitspielen zu können. Wir streben deshalb eine engere Bindung auch an diese Institution an und haben hier schon Gespräche geführt.“ Eduard Konzett bestätigt: „Es gibt Bereiche, wo es mit dem Konse langjährig hervorragend funktioniert, etwa mit dem Flötisten Eugen Bertel oder dem Fagottisten Allen Smith, die als Lehrer und Solisten im SOV ihre Studenten mit einbinden. Auch der Umstand, dass der dortige kaufmännische Leiter Peter Schmid auch bei uns im Vorstand sitzt, erleichtert manches. Anderes ist noch verbesserungswürdig.“

Konzett wirft einen weiteren Gedanken zur allgemeinen Entwicklung ein: Ein Projektorchester mit zehn bis zwölf Produktionen pro Jahr sei an der unteren Grenze seiner Kapazität, das gelte es auszubauen. Möglichkeiten sieht man im Feldkircher Montforthaus, das mit 1200 Sitzplätzen in etwa einem Jahr fertig sein wird und wo man eventuell mit eigenen Programmen auftreten möchte, sowie auch bei den Bregenzer Festspielen. Heißbauer hegt auch die Absicht, das Symphonieorchester Vorarlberg auf Tourneen in Zukunft verstärkt in den Verbund der österreichischen Orchester zu integrieren, Wien und Salzburg sind die angestrebten Spielplätze. Allerdings muss die Planung dafür zwei bis drei Jahre im Voraus erfolgen.

Das leidige Problem mit den Honoraren


Bewusst ist ihm im Gespräch mit den Musikern auch geworden, dass man am derzeitigen sehr niedrigen Honorarschema für Proben und Aufführungen etwas wird ändern müssen. Die Konkurrenz durch weit besser bezahlte Positionen in den Orchestern von Liechtenstein und Konstanz drängt zu einem Umdenken, um die Qualität zu halten. Konzett: „Unsere Landessubvention beträgt derzeit 435.000 Euro, zugesagt sind zudem heuer fix und in den nächsten zwei Jahren voraussichtlich eine Erhöhung um jeweils 40.000 Euro. Und es gibt vom Land auch die Bereitschaft, für ganz konkrete Projekte weitere zusätzliche Mittel bereit zu stellen.“

Beibehalten werden soll auch in Zukunft die jährliche Opernproduktion mit dem Landestheater, aus Kostengründen bevorzugt im Theater am Kornmarkt. Auch Kirill Petrenko, nach seinem heurigen Bayreuther „Ring“ und als Generalmusikdirektor in München mittlerweile ein Weltklasse-Dirigent, will sein Wort halten und den mit vier aufsehenerregenden Produktionen begonnenen Zyklus aller Mahler-Symphonien mit dem SOV in den nächsten Jahren auch finalisieren. Das Publikum steht deutlich hinter „seinem“ Orchester, die Auslastung mit Abonnements betrug im Vorjahr 80 Prozent, heuer 78 Prozent, der Rest an Karten geht oft an der Abendkasse weg.

 

Sa, 9. November, ab 14.00 Uhr, ORF Dornbirn, Landesfunkhaus: „Texte und Töne“, Festival für Literatur und Musik – Dirigent: Ingo Ingensand, u. a. mit Werken von Murat Üstün, Gerald Futscher, Richard Dünser, Peter Herbert, Michael Buchrainer

Sa, 16. November, So, 17. November, jeweils 19.30 Uhr, Bregenz, Festspielhaus: 2. Abokonzert des SOV, Dirigent David Wroe, Eugène Ugorski, Violine – Werke von Johanna Doderer, Samuel Barber, Hector Berlioz