Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Gunnar Landsgesell · 20. Jul 2022 ·

Monsieur Claude und sein großes Fest

Die Frage, was man in der dritten Auflage eines Erfolgsfilms dem Zufall überlassen darf, wird hier klar beantwortet: nichts. "Monsieur Claude 3" setzt auf sein Erfolgsrezept von vor 8 Jahren, hat auf dem Weg aber viel an Esprit verloren.

Monsieur Claude, die Dritte: Die Töchter des Ehepaares Verneuil haben sich mit ihren Ehemännern in nächster Nähe angesiedelt. Zum 40. Hochzeitstag ihrer Eltern planen sie eine Überraschungsparty – die Eltern der Schwiegersöhne sollen am Fest teilnehmen. Wie bereits in den ersten beiden Filmen eingeübt, folgt ein Stakkato komödiantisch vorgebrachter Ressentiments und Stereotypien. Das Drehbuch setzt dabei auf Kontinuität: Claude (Christian Clavier) hat auch acht Jahre später nichts dazugelernt, dabei bleibt sein Konterpart von der Elfenbeinküste (Pascal N'Zonzi) dem Neo-Verwandten nichts schuldig.

Sketch-Parade 

„Monsieur Claude und sein großes Fest“ (Originaltitel: „Qu’est-ce qu’on a tous fait au bon dieu?“) funktioniert wie eine Sketchparade. Vier Töchter plus Ehemänner plus Eltern ergibt eine satte Anzahl an Protagonist:innen, für die sich keine dramatische Form mehr zu finden scheint. Ein Film wie ein Wortschwall, eine kolossale Erregung, in der jede Szene, jede noch so kleine Vignette auch für sich stehen könnte. Die Gags sind harmlos und – verglichen mit Rassismus-Problemen unserer Zeit – definitiv mehrheitsfähig. Dass Schwiegersohn Charles (Noom Diawara) im Film einen schwarzen Jesus im kleinen örtlichen Theater spielt, ruft Demonstrant:innen auf den Plan. Das Schild „Jesus war blond“ versprüht immerhin einen gewissen Witz. Regisseur und Ko-Drehbuchautor Philippe de Chauveron setzt auf Kontinuität und verlässt sich dabei zu sehr auf seine Erfolgsformel. 12 Millionen Franzosen hatten den ersten Film gesehen, immerhin noch die Hälfte den zweiten. In der jüngsten Ausgabe wirkt das Rotieren um die eigene familiäre Achse aber bereits ein wenig zu routiniert. Aus dem Inneren dieser disparaten Großfamilie kommt nicht mehr genügend Energie, ergo Konfliktpotenzial. Auch wenn die Äpfel des jüdischen Schwiegersohns David (Ary Abittan) auf die Petersilie des arabischen Schwiegersohns Rachid (Medi Sadoun) plumpsen, ergibt sich daraus noch kein plausibles Zitat auf den Nahost-Konflikt. Dass die Verneuils anlässlich einer Einladung der Eltern des asiatischen Schwiegersohns im Wohnzimmer einer asiatischen Familie Platz nehmen und sich von dem irritierten Ehepaar bewirten lassen, wirkt zumindest gedanklich treffsicher. Mit der neu eingeführten Figur des deutschen Kunstsammlers und Galeristen Harald Schäfer (Jochen Hägele) soll neuer Schwung in die Bude kommen. Der überdrehte Mann, der wie die Figur einer Richard-Wagner-Oper wirkt, möchte die Gemälde von Schwiegertochter Ségolène (Emilie Caen) kaufen. Sie malt vornehmlich Eingeweide. Tatsächlich treibt ihn eine amouröse Leidenschaft zur deutlich älteren Marie Verneuil (Chantal Lauby) an. Der Plot ist zwar absehbar, so wie vieles in dem Film, schafft aber zumindest ein bisschen Raum abseits der bereits bekannten Agenda. Von der gesellschaftlichen Realität Frankreichs, in der nicht-weißen Franzosen immer öfter die Anerkennung versagt wird, wirkt „Monsieur 3" freilich weit entfernt.