Neu in den Kinos: "Die Unschuld" (Foto: Wild Bunch Germany/Plaion Pictures)
Thorsten Bayer · 12. Nov 2013 · Literatur

Flüchtige Denkmäler – Der Bildband „Häuser und Passanten“ von Dietmar Walser und Burghart Häfele

Originelle Sichtweisen eröffnen Dietmar Walser und Burghart Häfele in ihrem Bildband auf Hohenemser Häuser – auf den allmählichen Verfall mancher von ihnen und die Funktion als „Landmarke“ von anderen. Damit sind markante Gebäude wie das „Herrenried-Stüble“ gemeint, das dank der Plastikfigur auf seinem Dach besser als „Elvis-Bar“ bekannt ist. So setzen die Autoren ungewöhnlichen Bauten ein Denkmal. Sie verstehen diesen Bildband als Plädoyer dafür, alte Bausubstanz mehr zu schätzen. „Der historische Wert der aufgenommenen Objekte ist nicht vorrangig, vielmehr sind spontan entstandene oder bereits vorhandene emotionale Verbindungen für die Auswahl der hier gezeigten Architektur ausschlaggebend“, schreiben sie. Der Einleitungstext stammt von Monika Helfer und befasst sich u. a. mit guten und bösen Häusern. Das Projekt wird durch Crowdfunding finanziert; ein möglicherweise in Vorarlberg bislang einmaliges Modell bei einem Buch. Rund 450 Interessenten haben es bislang gekauft: „Wir haben die angepeilte Stückzahl von 520 zwar noch nicht ganz erreicht, aber wir machen das Buch trotzdem.“

Perspektiven der Passanten


Besonders interessant ist, wie zufällige Passanten die Gebäude einschätzen. „Der bewusste Blick auf ein Haus braucht Zeit“, finden Walser und Häfele, „so wurde die Idee geboren, Passanten vor bestimmten Häusern zu interviewen, um deren flüchtigen Eindruck festzuhalten. Die Auswahl der Personen war beliebig.“ So wie im Beispiel eines rund 200 Jahre alten Hauses in der Wildbachstraße, das auf dem Buchtitel abgebildet ist und von Andreas Schwarz so gesehen wird: „Es war sicher einmal ein schönes Anwesen, war sicher charmant, so wie man es in Erinnerung hat und etwas weiß, bis es dem Verfall preisgegeben wurde. Früher war ein ‚Tenn‘ drangebaut. Das haben sie dann wegen Einsturzgefahr abbrechen müssen. Das hat sich von selbst erledigt, nachdem es eingefallen ist, eigentlich...“

Japanische Vorlieben


Sechs Interviews vertiefen das Thema. Häfeles Gesprächspartner sind der Historiker Dr. Norbert Peter, der die Stadtentwicklung nachzeichnet, dazu die Architektin Dipl.-Ing. Beate Nadler-Kopf, eine Expertin für die Renovierung sensibler Altbauten. Auch der Bestatter Wilhelm Ammann, der Abbruchunternehmer Hansjörg Fenkart sowie Wolfgang Linder, Lehrer und Kabarettist, kommen zu Wort. Der Künstler Commendatore Himi Burmeister bescheinigt Hohenems durchaus Potential, zu einem Touristenmagneten zu werden – wenn im Stadtzentrum etwas wie in Rothenburg ob der Tauber entstünde: „Also irgendwo was, was Japaner toll finden.“
Übrigens: Das Haus in der Wildbachstraße, das Titelmotiv, steht mittlerweile nicht mehr, wie die Autoren berichten: „Von den vielen Objekten, die wir seit Frühjahr 2012 für dieses Buch fotografisch dokumentiert haben, sind inzwischen über zehn Bauten der Spitzhacke zum Opfer gefallen. Oft erfolgte der Abbruch unbemerkt und unheimlich schnell steht ein Neubau an dieser Stelle, fast wie durch übernatürliche Beschleunigung geschaffen.“

 

Buchvorstellung „Häuser und Passanten“
Moderation: Herwig Bitsche
Interviews mit Monika Helfer, Commendatore Himi Burmeister und Wolfgang Linder
So, 17.11.2013, Einlass 19 Uhr
Pfarrsaal Hohenems, Marktstr. 1a

 

Häuser und Passanten, Bildband von Dietmar Walser und Burghart Häfele, mit einem Text von Monika Helfer. ISBN 978-3-200-03199-9. Hardcover mit Schutzumschlag, 144 Seiten, ca. 78 Bilder. 32 Euro, Bezug ab 18.11.2013 unter http://haeuser.walser-image.com oder bei der Buchhandlung „Lesezeichen“, Schweizer Straße 6 in Hohenems