„So kühn, so stolz und frei, es ist die edle Turnerei!“ - Wolfgang Berchtolds Recherchen in der Sportgeschichte von Götzis
Eine „Kulturgeschichte des Turnens und des Sports in Götzis“ nennt Wolfgang Berchtold – allzu bescheiden – das Ergebnis detaillierter Recherchen in der Geschichte von Götzis. Denn seine Sportgeschichte fasst wie ein Brennglas die Strukturen einer sich rasant wandelnden Gesellschaft.
Arroganz lässt sich beschreiben als die Kunst, auf die eigene Dummheit auch noch stolz zu sein. Und das „Liederbuch für Deutsche Turner“, das in Götzis recht beliebt gewesen sein muss, liefert davon beredtes Zeugnis:
„Deutsch zu denken, deutsch zu handeln,
stets den graden Weg zu wandeln,
ist des Deutschen Biederpflicht.
Diese, Brüder, lasst uns üben,
nur das Deutsche lasst uns lieben,
es ist gut, das Fremde nicht.“
Wie Geschichten aus Macondo
Borniertheit und Chauvinismus finden in Männervereinen verlässlich einen guten Boden. Aber die Götzner Turner konnten auch anders. Ihre Biografien lesen sich bisweilen wie Geschichten aus Macondo, der legendären Kommune aus dem Roman „Hundert Jahre Einsamkeit“. Dann wieder sind sie gestochen scharfe Portraits heimischer Traditionen, und gerade weil wir die Beweggründe und Argumente, die Freuden und Ärgernisse dieser Sportler zu kennen glauben, wirken sie als ferner Spiegel. Das gilt bis zurück ins Jahr 1889, das Gründungsjahr des Turnvereins. Denn der war auf eine Vereinbarung mit dem Ortspfarrer angewiesen. Und §1 dieser Vereinbarung lautete: „Der Turnverein verpflichtet sich keine politische Färbung anzunehmen und sich nur von einer Partei zu einer politischen Stellungnahme gebrauchen zu lassen.“ Gelernte Vorarlberger wissen auch heute noch: Die ÖVP ist keine Partei, sie ist die Biederpflicht.
Wolfgang Berchtold, „So kühn, so stolz und frei, es ist die edle Turnerei! - Kulturgeschichte des Turnens und des Sports in Götzis. Von den Anfängen in den 1860er-Jahren bis 1945“, Hardcover, 304 Seiten, € 24,50, ISBN 978-3—99018-292-5 Bucher Verlag, 2014