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Jürgen Schremser · 02. Jän 2013 · Literatur

„Das andere Liechtenstein“ – zur Festgabe „Album für Robert Allgäuer 75“

In schlichter Eleganz prangen die Initialen RA auf dem Cover eines Text- und Bildbands, mit dem vergangenen Oktober der liechtensteinische Verleger und fürstliche Kabinettsdirektor a.D Robert Allgäuer in seinem 75. Lebensjahr überrascht worden ist. Der Geehrte, selbst einst bei mancher Festgabe in Liechtenstein federführend, war beeindruckt und gerührt. In einer Aussendung an die Gratulanten sprach er von einer Benommenheit, die ihn ob dieses Geschenks erfasst habe.

Das im Frankfurter Stroemfeld-Verlag erschienene Geburtstagsalbum für Robert Allgäuer ist das Ergebnis einer eindrücklichen Freundestat, die hinter dem Rücken des Jubilars in beachtlicher Kürze realisiert werden konnte. Nachdem die HerausgeberInnen Claudine Kranz, Hansjörg Quaderer und Hans-Jörg Rheinberger im Frühjahr entschieden hatten, für den „homme de lettres“ Allgäuer ein Album zu machen, luden sie 75 dem Jubilar freundschaftlich und professionell verbundene Menschen zu einem kurzen Textbeitrag über deren Tangente mit Allgäuer ein. Diesen Zeilen sollte jeweils die Ablichtung eines Objekts korrespondieren, von dem die HerausgeberInnen wussten, dass der Geehrte dazu eine innere Beziehung hatte.

Würdigung in Etappen

In Form eines ebenso persönlichen wie präsentablen Albums kommt die Idee „75 AutorInnen plus 75 Dinge in jeweils dialogischen Doppelseiten“ (Hansjörg Quaderer) zu einer beeindruckenden Blüte. Bereits im Vorwort der HerausgeberInnen zur vita activa des ersten Landesbibliothekars, des fürstlichen Rats und Verlegers Allgäuer wird dessen weitgespanntes Wirkungsfeld als weltzugewandter Liechtenstein-Kundiger auf wenigen Seiten umrissen. Und es wird der „selbstbewusste Citoyen“ Allgäuer geehrt, der sich der Demokratisierung des Fürstentums ebenso verpflichtet weiß wie den Forderungen einer weltumspannenden Solidarität. Das Album lässt sich auch als Würdigung in Etappen lesen. Was auf den ersten Seiten – eingeläutet durch ein herrliches Foto des gemessen applaudierenden Kabinettsdirektors – von Allgäuers Esprit und nachdenklicher Heimatliebe, von dessen kulturpolitischer Aufbauarbeit (Landesbibliothek) und Langzeitwirkung (Werkjahrstipendium für Kunstschaffende) erahnbar wird, breitet sich im Hauptteil des Albums, den Gratulationsadressen der 75, wie selbstverständlich aus: ein Terrain der kulturellen Vielseitigkeit und Sprachmächtigkeit, das man bei den gern verschlossenen und wenig auskunftsbereiten Alemannen am Oberrhein nicht vermuten würde.

Feine Ernte

Die gesammelten Zueignungen an Allgäuer machen durch ihre Mischung aus literarischem Schliff, biographischer Anekdote und intimer, ja leibnaher Wahrnehmung („Schädel mit dem Hinterschopf“, Al Imfeld) das Album zu einem Lesevergnügen. Die knappen Texte charakterisieren den Geehrten in seiner kulturellen Gewandtheit und in seinem Sinn für das Informative im Episodischen und im gern übersehenen Detail. „RA gibt Rätsel auf“ titelt der Beitrag des Schweizer Journalisten Alois Hartman, der seine Gedanken um eine Studentenkappe seines Stanser Maturakollegen Robert spinnt. Der Text gewährt wie viele andere biographischen Einblick und ist zugleich Muster eines Fortspinnens im Denken, das an ein Wort oder Ding anknüpft, um an weiteren kulturellen Gespinsten zu rühren. So wie Robert Allgäuer es tut.

Manche/r Beiträger/in scheint von der Möglichkeit, Robert einmal öffentlich zu danken, wie beschwingt und zur Stilbildung motiviert. Auch dieser Wille zur Formgebung ist eine feine Ernte des Albumprojekts. Manch eine/r trifft für das Genre Album eine besondere Note: Eine Begegnung mit Oskar Werner, erzählt vom Musiklehrer Albert Frommelt; das poetische „Wortfeld“ der Allgäuer-Assoziationen des Rechtsanwalts Peter Goop oder das in Frageform gesetzte „Geburtstagsständchen für Robert" des langjährigen Freunds Pepi Frommelt, der das Motiv einer liechtensteinischen „Friheits-Polka“ aus dem 19. Jahrhundert aufgreift. Auch in seinem erzähl- und gesprächsfreudigen Ton wird das Album zu dem, was für den Gratulanten Arnulf Häfele Robert Allgäuer verkörpert: „das andere Liechtenstein“. Der selbstverständliche Einbezug des anderen, ob als nicht-eingeborener Gesprächsteilnehmer oder als „zusätzliche Sicht der Dinge“ (Norbert Jansen) ist denn auch eine der Qualitäten des „RA“, die im öffentlichen Diskurs Liechtensteins mehr denn je vonnöten sind.

 

Claudine Kranz, Hans-Jörg Rheinberger, Hansjörg Quaderer (Herausgeber), Album für Robert Allgäuer 75, 180 Seiten, Stroemfeld Verlag, Frankfurt 2012. 30,80 Euro. ISBN 978-3-86600-161-9