Tobias Grabher, die Camerata Musica Reno und Michael Köhlmeier bescherten dem Publikum ein „österliches Cineastenfest“.
Thorsten Bayer · 07. Mai 2014 · Kleinkunst, Kabarett

Wer lachen will, muss leiden: Timo Wopp beim Seelax-Festival

Unter dieses Motto stellt der 38 Jahre alte Deutsche sein Programm „Passion“. Mit Leidenschaft geht er zweifellos zu Werke, sowohl im kabarettistischen Teil als auch bei seinen beeindruckenden Jonglage-Einlagen. Mit gezielten Provokationen stellt er das Publikum im Freudenhaus Bregenz immer wieder auf die Probe und erwischt dabei treffsicher das eine oder andere Fettnäpfchen.

Timo Wopp stammt aus Oldenburg in Niedersachsen und wohnt mittlerweile in Berlin – „der Stadt mit dem größten Passivflughafen“, wie er gleich zu Beginn seiner zweistündigen Show ätzt. Zu Beginn setzt er vor allem auf derbe Witze und Anzüglichkeiten. Vom russischen Präsidenten („Putin ist schon geil, oder? Olympische Spiele in einem subtropischen Ort, Annexion der Krim – Was machen Männer nicht alles, um von der eigenen Homosexualität abzulenken?“) bis zur deutschen Kanzlerin, die er sich beim flotten Dreier mit Horst Seehofer und Sigmar Gabriel vorstellt, haben es ihm sexuelle Themen angetan. Aber er kann nicht anders: Schuld daran sei sein sogenanntes „Politik-Sexualisierungs-Tourette“. Auch bei ihm selbst lässt ihn das Thema nicht los: Neugierig schielt er während der Show immer wieder auf sein Handy, ob sich denn der geplante Escort-Service für den späteren Abend schon gemeldet habe.

Der Berater als Lebenshelfer


Natürlich übertreibt es Timo Wopp ganz bewusst mit dieser Selbstdarstellung als junger Vater, der mal endlich auf Tour, fernab von der Familie, die Sau so richtig rauslassen kann. Als er dann noch ein paar Erziehungstipps zum Besten gibt – dass zum Beispiel Angst das effektivste Mittel sei, insbesondere in einer größeren Familie – scheint er den Bogen bei einigen Besuchern etwas überspannt zu haben: So manchem braven Vorarlberger kommen die Tabubrüche in zu kurzer Folge – und dazu in wahnwitzigem Sprechtempo – daher. Sein Bild als arroganter Schnösel im schicken grauen Anzug und elaboriertem Vokabular zeichnet er überzeugend: „Je weiter ich von den Leuten weg bin, desto volksnäher wirke ich.“

Als grober Rahmen seines Auftrittes, der viele Themen streift und noch mehr dabei hin und her springt, dient die Rolle eines Beraters, der seine Kunden mit den üblichen hohlen Phrasen konfrontiert, dabei aber den Anspruch hat, ihnen wirkliche Lektionen fürs Leben zu erteilen: „Wenn euch dieser Abend nicht weiterbringt, hilft nur noch Delfintherapie“, lässt er in seiner typischen bescheidenen Art das Publikum wissen. So bringt er auch den Kern seines Coaching-Ansatzes auf die einfache Formel WWTT – Was würde Timo tun?

Tiraden wie Trommelfeuer


Das Schlimme ist: Der Mann weiß, wovon er spricht und was er da karikiert. Hinter ihm liegen ein abgeschlossenes BWL-Studium und der Berufseinstieg in der Beratungsbranche. Man muss schon ganz genau aufpassen, um auch die kleinen netten Wortspielchen wie den „Heidenrespekt vor Jesus“ nicht in seinen trommelfeuerartigen Tiraden nicht zu verpassen. Noch deutlicher wird seine Expertise bei den Jonglage-Nummern, die er immer wieder, scheinbar beiläufig einstreut. Parallel zu seinem Studium arbeitete Wopp als professioneller Jongleur auf Varietébühnen wie beispielsweise dem Schmidt Theater Hamburg. 2007 war er der erste deutsche Jongleur mit einem Solovertrag beim Cirque du Soleil in New York City. So kommt mit Keulen, Bällen, Bowlingkugeln und was sich sonst noch jonglieren lässt, die feine Klinge zum Zug. Verbal geht er formal geschliffen vor und lässt es inhaltlich ordentlich krachen. Oder wie er es auf den Punkt bringt: „Wer viele Fische fangen will, der muss auch mal mit Dynamit angeln.“