Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Christina Porod · 12. Mär 2015 · Kleinkunst, Kabarett

Wenn die Stimmung nicht mal köcheln will … - Hosea Ratschiller am Spielboden Dornbirn zur falschen Zeit am falschen Ort

„Alte Regel: Immer in Sälen spielen, die zu klein sind, damit das Publikum das Gefühl hat, bei etwas Besonderem dabei gewesen zu sein“, stellte der Kabarettist Hosea Ratschiller gleich zu Beginn fest. Wie zutreffend Faustregeln manchmal sein können, bekam der sympathische Kabarettist und FM4-Ombudsmann bedauerlicherweise schnell zu spüren. Denn vielleicht war das Verhältnis Saalgröße zu Publikum ein Grund, weswegen am Spielboden sein mittlerweile 5. Programm „Doppelleben“ nicht geschmeidig verlief. Der gestrige Mittwochabend sollte einfach nicht zu seinem Abend werden.

Im adretten schwarzen Anzug, inklusive Hosenträger und Krawatte, betrat der 1981 in Klagenfurt geborene Hosea Ratschiller die Bühne und legte gleich los: Er parodierte Franz Beckenbauer und Andreas Gabalier samt Hüftschwung. Später imitierte er noch ein Erdhörnchen.
Geld verdiente er an diesem Abend noch mit einer weiteren Geschäftsidee. Der Kabarettist beschäftigt nämlich einen Fassadenkletterer/Einbrecher. Während der Vorstellung räumte dieser kurzerhand die Wohnungen der Zuschauer aus. Wie er an die Adressen kommt, verdeutlichte Ratschiller mit einer Frage: „Wer hat die Eintrittskarte mit seinem Namen und Telefonnummer reserviert?“ Diese Geschichte zog sich als roter Faden durch den Abend. Auch sein neues Leben als Ehemann und Familienvater, das Älterwerden sowie die Kirche wurden regelmäßig angepeilt. „Dürfen auch Priester in Zukunft heiraten? Wenn sie sich lieb haben, dann ja“, fand er. Ein paar Witze streute er auch noch ein. „Die Regenwurmmutter klopft an das Zimmer ihrer zu laut spielenden Kinder und ruft: Es geht doch auch ohne Wirbel!“ oder „Was ist der Unterschied zwischen einem Kuhschwanz und einer Krawatte? Der Kuhschwanz verdeckt das ganze Arschloch.“ Trotz anfänglicher moralischer Bedenken, las er dann doch noch aus dem Tagebuch seiner Frau vor. „Heute erfährt es eh keiner.“ Mit diesem Satz spielte er auf die für den großen Saal sehr luftige Zuschauerzahl an.

Harte Arbeit


Vielleicht war es wirklich der Besucherzahl geschuldet, dass die Stimmung nicht einmal köcheln wollte. Denn ins Zeug gelegt hat sich der durchaus talentierte Ratschiller von Beginn an. So sehr, dass es bisweilen bemüht ankam. Die Folge daraus: Die nötige und so wichtige Leichtigkeit ging Ratschiller verloren und er fand sie dummerweise nicht mehr wieder. Mehrfach drückte er sich mit spitzen Fingern noch selbst in die Wunde: „Meine kleinen Schatzkästchen, Ihr lässt Euch nicht so leicht aufmachen“. Als ein Zuschauer laut lachte, kommentierte er: „Das war das Ziel, wenn Sie sich ein Beispiel nehmen.“
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und deshalb hoffte man auf den 2. Teil. Aber es wollte und wollte auch dann nicht gelingen. Der gleich zu Beginn fest angezogene Knoten ließ sich schlicht nicht mehr lösen.
Humor ist harte Arbeit; aber sehen und spüren sollte man diese nie. Als Zuschauer konnte man sich nämlich leichter in sein momentanes Gefühlsleben hineindenken, als in sein Programm.

Unterhaltung mit Haltung


Hosea Ratschiller kann auf viele Talente verweisen. Er war Schauspieler und bei verschiedenen Radiosendern tätig, schrieb eine Oper, Drehbücher, Sprech- und Tanzstücke sowie Performances und vor allem hat er ein sympathisches Auftreten. Dass dieses selbst einem Profi vergehen kann, bestätigte sich am Ende des Abends: Eigentlich wollte er sein neues Programm „Unterhaltung mit Haltung“ nennen. Daran hätte er sich zum Schluss kurz erinnern sollen: Denn nach dem letztern Satz folgten lediglich zwei/drei Verbeugungen.
Abgang, Saallicht an - ENDE!

Ob Hosea Ratschiller gestern nur zur falschen Zeit am falschen Ort war, lässt sich heute Abend (Do, 12.3.) im Jöslar in Andelsbuch ab 21 Uhr überprüfen.
www.jöslar.at