Neu in den Kinos: „Challengers – Rivalen“ (Foto: MGM)
Anita Grüneis · 16. Jun 2014 · Kleinkunst, Kabarett

Kein Männermagazin würde Günter heißen - Hagen Rether im SAL in Schaan

„Warum machen wir das?“ fragt Hagen Rether sein Publikum immer wieder während er es im Schaaner SAL drei Stunden lang durch ein Spiegelkabinett führt. In Zerr- und Hohlspiegeln zeigt er ihm das aktuelle Weltgeschehen wie auch das gesellschaftspolitische Verhalten. Das ist nicht immer erheiternd, aber immer extrem nachhaltig.

Beiläufig und gnadenlos


Hagen Rether ist ein Moralist, der nicht moralisiert. Ganz entspannt sitzt er auf der Bühne und versenkt den Inhalt seines Programms „Liebe“ bleischwer in die Köpfe der Anwesenden. Nahezu beiläufig analysiert er Themen wie Waffenkäufe, Tierhaltungen, Pädophilie, Religionskriege oder unsere eigene Befindlichkeit. Seine Weltsicht ist gnadenlos, messerscharf analysiert und im Grunde genommen himmeltraurig. „Sind Sie auch so froh, dass Sie bei den Guten sind?“ meint er zwischendurch leichthin und mit sanfter Stimme und neutralisiert sich dabei selbst. Er weiß eben, dass er, ebenso wie alle anderen, ein Spielstein ist für die Mächtigen und Machtbesessenen.

Zuhause keine Erholung


Hagen Rether weiß auch, dass das Wissen nichts nützt. Warum steckt jemand einem anderen einen vorgedruckten Wisch hinter die Scheibenwischer auf dem steht: „Voll scheiße geparkt, du Arsch“. Warum sehnen sich Leute nach Ruhe und haben Angst vor der Langeweile? Warum töten sich Männer, um im Paradies mit 72 Jungfrauen belohnt zu werden? Dazu Rether: „Wenn ich 72 Jungfrauen hätte, würde ich mich in die Luft sprengen. Schon alleine wegen der Mengen von Zahnspangen, die man da braucht.“ Was bekommen Selbstmörderinnen? „Mit 72 Jungmännern haben die sicher keinen Spaß.“ Den Religionen, ihren Stellvertretern auf Erden und den Auswüchsen des Glaubens geht er gerne auf den Grund. So meint er: „Der Dalai Lama ist der Petrus für enttäuschte Christen“, und mokiert sich, dass die Presse ein Thema daraus macht, dass sich der aktuelle Papst für die Armen einsetzen will. „Erniedrigung hat viele Gesichter“, meint er dazu. Ein anderes Thema sind die Medien, die Themen aufgreifen, sie aufblasen und dann rasch wieder vergessen.

Mal was Leichtes


Hagen Rethers Programm ist extrem dicht und anspruchsvoll. Doch er hat ein gutes Gespür für sein Publikum und weiß, wann er Leichtes zusetzen muss. Humor hat für ihn eine Grundgehässigkeit, so etwas Verzweifeltes, dass er sich gerne Pornos anschaut, weil die so humorlos sind. „Die machen ihre Arbeit und dann ist fertig“. „Liebe“ heißt Hagen Rethers Programm seit vielen Jahren. Seine Liebe wird unter anderem sichtbar in seiner Besorgnis um Kinder, die mit 15 Jahren schon über 20'000 Morde im Fernsehen oder Kino gesehen haben. Und: Rether liebt Oxymorons wie zum Beispiel: Brennholzverleih, Gefrierbrand oder herrenloses Damenfahrrad. Außerdem fragt er, warum Frauenzeitschriften immer Frauennamen haben wie „Brigitte“ oder „Petra“, schließlich würde kein Männermagazin „Günter“ heißen.

Ein Moralist


„Wo drücken Sie das alles hin, was Sie hören“, fragt Rether gegen Schluss seines Programms. Er selbst drückt es ins Klavier, an dem er „Over the rainbow“ improvisiert und Michael Jacksons „Earth Song“. Können wir die Welt retten? „Ja, wer denn sonst“, meint Rether dazu und gibt seinem Publikum eine Hausaufgabe mit auf den Weg:  „Machen Sie mal eine Liste mit den Dingen, für die sie dankbar sind“. Er ist eben ein Moralist.