Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Christina Porod · 12. Jän 2013 · Kleinkunst, Kabarett

Kabarett am Klavier - Sebastian Krämer charmiert im Theater am Saumarkt in Feldkirch

Am gestrigen Freitagabend konnte man Kabarett auf seine feinsinnigste Art erleben. Der 37-jährige Liedermacher, Kabarettist und erfolgreiche Poetry Slammer Sebastian Krämer verwöhnte sein Publikum mit vorzüglicher Klaviermusik und erfrischenden sowie anspruchsvollen Texten.

Ein kurzes „Ja, Hallo.“ und schon ist man mitten in der Show des zweifachen deutschen Poetry Slam-Meisters und Trägers des Deutschen Kleinkunstpreises für Chanson. „Ich freu mich, dass Sie gekommen sind, obwohl Sie nicht wissen worum es geht.“ Das Programm war ohne Titel, einzig als Soloabend, angekündigt. Nicht ohne Grund, denn sein neues Programm ist noch nicht ganz ausgefeilt, somit gewissermaßen noch in der Endphase der Vorbereitungszeit. Mehr oder weniger verstohlene Blicke auf sein Klemmbrett, Handy oder in den Rechner stören nicht. Und dann bietet Krämer doch noch einen Namen für sein Programm: „Tüpfelhyänen“ oder „Die Entmachtung des Üblichen.“ und um noch einen draufzusetzen „Mit den Mitteln des Chansons“.

Weil er es kann!

In seine beseelte Klaviermusik lässt Krämer mal hintersinnige, mal verschmitzte Texte einfließen. Seine Themen sind ein bisschen politisch, ein wenig philosophisch, etwas menschlich alltäglich, aber rundherum charmant, durchwegs geistreich und anhaltend komisch. Gemütlich zurücklehnen und berieseln lassen sollte man sich nicht, hinhören ist angesagt, wenn man inmitten seiner Erzählkunst die Gesamtheit seines Könnens aufnehmen will. Er singt über Aktuell-Politisches, das er „auch schon vor zehn Jahren hätte schreiben können“, über eine Busfahrerin, der er übers Gesicht schleckt. Warum? Weil, wie es im Refrain heißt, „ich es kann“. Und er kann es beileibe: Es folgen Lieder über Jongleure, Polizisten sowie Bauarbeiter, die über Nageldesign in Leopardenmuster sinnieren, das wohlgemerkt auch beim Leoparden an den Nägeln aufhört. Die Maxime einer Fabel wird vom Chansonier über Bord geworfen. Anstelle der Tiere treten ein Staubsauger und ein Legostein auf; die Moral von der Geschicht verschweigt er jedoch nicht.

Die bei einigen Kabarettisten beliebte Mann-Frau-Thematik spart der Wahlberliner weitgehend aus. Dennoch schlägt er auch in eine alte Kerbe, beispielsweise, wenn er anmerkt, nicht den ganzen Abend feinsinnige gesellschaftskritische Stücke spielen zu können, da auch für Frauen etwas dabei sein soll.

Maracuja statt Halleluja

Leonhard Cohens „Halleluja“ bezaubert immer und überall. Sebastian Krämer stimmt es mit abgewandeltem Text an und ersetzt „Halleluja“ mit „Maracuja“ und das aus so einfachem wie unmissverständlichem Grund: Sonst reimt sich nichts darauf. Verblüffend ist, dass sich das Publikum nicht beirren lässt und unisono den Refrain des bekannten Kultliedes anstimmt. An anderer Stelle funktioniert die Liaison mit den Zuschauern nicht ganz so mühelos. Beim in Aussicht gestellten Schunkellied bleibt das Schunkeln aus. Auch nach mehrmaliger Erinnerung, wie „Sie machen das nicht für mich, sondern damit ihr Abend schöner wird.“, lässt sich kaum jemand bekehren. Neben dieser Szene, die dadurch nicht minder komisch anmutet, ist der Dialog mit dem Publikum doch intensiv, locker spontan und aufheiternd. Bei „Flohmarkt im Regen“ sind dann beim Mitklatschen zu Sirtaki-Rhythmen nahezu alle dabei.

Strategische Zugabe

Dass er auch ohne Schutz des Klaviers fesseln kann, zeigt der Künstler, der auf der Suche nach der perfekten Mischung zwischen Reinhard Mey und Steven King ist, am Ende des Programms mit seinem „Reiselied“. Für die willkommene Zugabe sucht er nach Ideen aus dem Zuschauerraum. Die Anregungen („Deutschlehrer“ und „Raucherlied“) werden zwar nicht angenommen, aber sein Angebot ist nicht minder erfreulich. Nach der letzten strategischen Zugabe („Zugabe nach der niemand mehr was hören will.“), entlässt Sebastian Krämer mit „Sehnsucht ist gemein“ ein verzücktest Publikum. Der Plan mit der strategischen Zugabe ist nicht aufgegangen, man hätte noch lange hinhören können.