Neu in den Kinos: „Ich Capitano“ (Foto: X-Verleih)
Anita Grüneis · 29. Apr 2016 · Kleinkunst, Kabarett

Hutzenlaub und Stäubli verAPPelten live im TAK

Wer bei „Hutzenlaub&Stäubli“ an ein verhutzeltes altes Pärchen denkt, liegt grundfalsch. Dahinter verbergen sich zwei hochmoderne Komikerinnen, die mit ihrem neuen Programm „Sister App“ das Publikum im ausverkauften Schaaner TAK restlos begeisterten.

Die zwei singstarken Frauen wurden gefeiert wie Popstars. Mit Recht. Einst gehörten sie zu den Acapickles, dann waren sie die Gessler-Zwillinge und nun sind sie als „Hutzenlaub & Stäubli“ unterwegs: Fritz Bisenz ist wieder Barbara Hutzenlaub und Jasmin Clamor immer noch Lotti Stäubli. In ihrem neuen Programm „Sister App“ ist auch der Jazz-Pianist Marino Bernasconi als Oskar/Ignacio mit dabei. Die drei legten im TAK eine derart furiose Show auf die Bühne, dass das Publikum am Ende tobte und mehrere Zugaben herausforderte. Dabei wirkten die zwei Frauen in ihren Fünfzigern, ihren ältlichen Deuxpièces, den Stützstrümpfen, den festen Laufschuhen und den Schmetterlingsbrillen auf der Nase zunächst wie eine Vintage-Erscheinung. Doch sie machten rasch klar, wie digitalisiert modern sie unterwegs sind – mit eigenwilligen Handys, I-Pads und den jeweils passenden Apps.

Der digitale Handy-Mund


So erhielt die frisch eingebürgerte Schwäbin Barbara Hutzenlaub einen Dialekt-App, mit dem sie die diversen Schweizer Dialekte lernen sollte. Ganz real bewies sie aber ihre Schweizerfähigkeit mit einem schnell gesprochenen „Güggeliflügeli“ und ihrer Vorliebe für Traditionen wie das Swingerfest und das Sexiläuten. Hielt sie jedoch ihr Smartphone vor den eigenen Mund, verwandelten sich ihre Aussagen in jeden gewünschten Dialekt. Und während der eine Mund „St. Gallen“ sagte, sprach der andere von „Bümplitz“ und schon legten die beiden Sisters dazu einen rasanten Hip-Hop auf die Bühne, wobei ihr Schweizerdeutsch eher wie Türkischschweizerisch klang, der „fünften Landessprache“.

Immer das passende App


Lotti versuchte daraufhin, ihre Freundin als Politikerin zu coachen, deren erste Amtshandlung die Auffrischung der Nationalhymne sein sollte. Und siehe da, „Trittst im Morgenrot daher“, funktionierte auch als Rap. Doch in der Politik gibt es auch andere Probleme, wie die Gleichstellung von Mann und Frau, vor allem bezüglich Lohn. Dazu benutzten die beiden ein Gleichstellung-App, hielten sich wieder die Handys vor den Mund und schon sprachen ihre bebarteten Münder und schwärmten von den „good girls hey hey hey“. Weiter gings zum Coaching-App, bei dem digitale Münder die Konflikte mit deftigen Worten austrugen, während sich die wirklichen Frauen bestens verstanden. Ist ja alles nicht real! Zum allgemeinen Problemelösen wurde geblockflötet unter dem Motto: „Frauen flöten für den Frieden“. Doch die beiden Damen hatten selbst ein Problem – es hieß Oscar und saß am Keyboard. Warum nicht den idealen Mann digital erschaffen? Flugs wurde der alte in einem 3D-Drucker recycelt und aus dem „XP 3000 Canon der Barbar“ erschien ein neuer, frisch ab Drucker.

Besamo mucho


Der neue war perfekt. Er putzte das Haus so innig wie sein Auto, liebte Orangenhaut an weiblichen Beinen und sprach dazu perfekt Spanisch. Und so flötete der Latino „Ignacio“ im grünen Anzug mit digitalem Schaltmuster-Design „Besamo mucho“. Klar, dass die beiden Damen den Text ummodelten in „Besame mich mucho“. Derart aufgeheizt legte Barbara einen lasziven Strip hin, erwartete ein Fick-back und bot dem Publikum Strip-Visiten an. Lotti hingegen pries die Selbstheilung mit Jodeln, führte ihr Talerschwingbecken vor und gestand, dass sie jeden Tag mit einem Kehlkopfsprung aus dem Bett hechte.

Juchzen und Jodeln


Zum Schluss der Show bewiesen „Hutzenlaub und Stäubli“, dass ein Schweizer mit einem Juchzer auf die Welt kommt und sie mit einem Zäuerli verlässt. So schön, wie die beiden dabei sangen und jodelten, muss Schweizersein ein Genuss sein. Damit auch alle vereint waren, traten die beiden Damen am Schluss, passend zu ihrem Ignacio, im langen Kleid mit digitalen Schaltkreismustern auf und schluchzten gemeinsam (wie Barry Monilow nach seiner Mandy) „Oh Handy“. Ewige Liebe haben sie ihren Handys geschworen und damit ihrem Publikum einen höchst vergnüglichen Abend bereitet. Live und analog. Mit viel App-etit auf mehr.