"Die Sterne" im Spielboden Dornbirn: Frontmann Frank Spilker und Philipp Janzen an den Drums (Foto: Stefan Hauer)
Silvia Thurner · 02. Okt 2023 · Musik

Johanna Bilgeri – die herausragende Solistin

Das Symphonieorchester Vorarlberg startete mit einem Play-and conduct-Konzert in die neue Saison

Hans-Peter Hofmann ist als Konzertmeister und Freund des SOVs in Vorarlberg bestens bekannt, diesmal war er überdies als musikalischer Leiter engagiert. Eine Ouvertüre von Rossini und Beethovens Symphonie Nr. 8 bildeten die Eckpfeiler für Temperament und Humor in der Musik. Am meisten Aufsehen und Begeisterung rief die Fagottistin Johanna Bilgeri als fulminante Solistin im „Grand Concerto“ von Johann Nepomuk Hummel hervor.

Die Fagottistin Johanna Bilgeri hat ihre Karriere als Senkrechtstarterin begonnen und ist als 22-Jährige bereits Akademistin bei den Wiener Philharmonikern. Sowohl als Solistin als auch Kammer- und Orchestermusikerin zieht sie die Zuhörenden mit ihrem Spiel in ihren Bann. Dahinter stehen eine bewundernswerte Musikalität und eine bedingungslos virtuose Einsatzbereitschaft für den Ausdruck in der Musik. Dies zeigte Johanna Bilgeri auch bei ihrem Auftritt mit dem SOV. Sie „diente“ der Musik und brachte die Themen und Motive bis ins kleinste Detail geistreich ausgedeutet zur Geltung. Auch die spieltechnisch heikelsten Passagen bewältigte sie scheinbar mühelos. Den großen Ausdrucksgehalt schöpfte die Musikerin vollkommen ohne Allüren aus den musikalischen Themenführungen und Phrasierungsbögen selbst und machte damit Hummels Fagottkonzert zu einem Ereignis.
Johanna Bilgeri trat sogleich im Eröffnungssatz mit ihrem Instrument und mit der Musik in einen Dialog. Sensibel abgerundet gestaltete sie die chromatisch geführten melodischen Bögen in der Romanza. Hier kamen die warmen Registerfarben ihres Instruments und ihr über die Tonlagen hinweg homogener Instrumentalklang besonders schön zur Geltung. Mut zur Stille bewies die Musikerin in der Solokadenz. Auch das humorvolle Finale verströmte viel Spirit. Den Höhepunkte bildete das raffinierte Couplet mit den Modulationen nach Moll, feinsinnig begleitet von den Pizzicati der Orchestermusiker:innen. Das Orchester begleitete sehr aufmerksam, mit feinen Phrasierungen und in guter Kommunikation. Als problematisch gestaltete sich abschnittweise jedoch die dynamische Balance, die der Solistin eher wenig Spielraum gewährte.
Der von den Musiker:innen und dem Publikum geschätzte und beliebte Violinist Hans-Peter Hofmann, der seit Jahren vom Konzertmeisterpult aus immer wieder mit dem Symphonieorchester Vorarlberg musiziert, hatte beim ersten Abonnementkonzert auch die musikalische Leitung inne. Die exaltierten Körperbewegungen von Hans-Peter Hofmann unterstützten dieses Vorhaben und die Orchestermusiker:innen schienen ihren Spaß im gemeinsamen Gestalten zu haben. Unter diesen Voraussetzungen war die Ouvertüre zur Oper „La Scala di Seta“ von Gioachino Rossini passend gewählt. In rasenden Tempi setzten die Streicher:innen ein, die Holzbläser:innen konnten kaum mithalten und so entwickelten sich die Spielarten als Wettlauf, die Rossinis musikalischem Ausdrucksgehalt in gewissem Sinn entgegen kamen.

Spaß an der Sache

Die 8. Symphonie von Ludwig van Beethoven ist bekannt durch ihre unkonventionelle kompositorische Anlage und die zahlreichen humoristischen Einsprengsel. Der Musizierhaltung des SOVs kamen die aberwitzigen Tempi, die Beethoven in seinem Werk mitgedacht hat,  gelegen. Alle gemeinsam formten die Musik im Bregenzer Festspielhaus in einem vergnüglichen Miteinander. Gut griffen die verzahnten Motive im Allegretto Scherzando ineinander, im Trio des Menuetts traten die Bläser:innen und die Cellist:innen in einen feinen Dialog und im Finalsatz kamen kommunikative musikalische Späße und überraschende Wendungen zur Geltung.
Das Musizieren ohne Dirigenten, noch dazu in großer Orchesterbesetzung ging teilweise auf Kosten der Stimmenbalance und abschnittsweise schien es, als ob die interpretatorische Genauigkeit dem Spaß an der Sache und der Geschwindigkeit geopfert würden. Hans-Peter Hofmann ist zweifellos ein hervorragender Musiker, als „Player and Conducter“ in einer Person wirkte er raumgreifend und omnipräsent. Mit seinem Überschwang nahm er wohl bewusst in Kauf, von manchen Konzertbesucher:innen als Spaßvogel oder gar Hampelmann wahrgenommen zu werden.

https://www.sov.at/