Hugo-Pitch 2023 – die Entscheidung
Die Entwicklung neuer Konzertformate ist derzeit in aller Munde, weltweit beschäftigen sich Konzertdramaturgen, Programmplaner und Ausführende mit diesem Thema. Ihr Argument: Traditionelle Konzertformen wie Symphoniekonzert, Liederabend oder Klavierrecital sind „Schnee von gestern“ und werden demnächst gemeinsam mit ihrem Publikum aussterben oder bestenfalls noch als museales Kuriosum zu bestaunen sein.
Es geht also um die Zukunft des Musiklebens, der Musiker:innen und der Veranstalter. Junge Leute, Student:innen an Musikhochschulen und Universitäten, sollen sich Gedanken zu diesen Themen machen, neue Arten von Musikveranstaltungen entwickeln und auf der Bühne ausprobieren. Genau das wollen die Montforter Zwischentöne mit dem Hugo, dem internationalen Studierendenwettbewerb für neue Konzertformate, zur Diskussion stellen.
Am Donnerstagabend wurde im Rahmen des Hugo-Pitch 2023 das Siegerteam dieses ganz speziellen Wettbewerbes gekürt. 1.000 Euro Preisgeld, 5.000 Euro Produktionsbudget und eine Aufführung am 25. November im Rahmen der Montforter Zwischentöne gingen an das international besetzte Ensemble Lingua:Lyra. Drei Juror:innen und das Publikum waren einer Meinung, obwohl auch zwei weitere Ensembles durchaus bemerkenswerte Qualitäten und originelle Ideen zu bieten hatten.
Drei Teams im Finale
„Himmel und Hölle“ ist das diesjährige Thema des Hugo-Wettbewerbes und bezieht sich auf die Raumsituation der drei übereinander angeordneten Stockwerke, Festsaal, Bibliothek und Kapelle, in der Stella Musikhochschule. Dort wird auch die Aufführung des Siegerteams stattfinden. Aus insgesamt 36 Anmeldungen unter anderem aus Australien, China und den USA hat man drei Teams ausgewählt und zu einem Workshop nach Feldkirch eingeladen. Im Rahmen dieses Workshops wurden auch die kurzen Pitch-Versionen erarbeitet, die räumlich und zeitlich begrenzt doch einen Eindruck der vollständigen Beiträge vermitteln sollten. Es galt, in jeweils zehn Minuten Jury und Publikum zu überzeugen. Dazu präsentierten die Teams musikalische und inhaltliche Auszüge ihres Konzeptes. Der kurzweilige Abend im Alten Hallenbad in Feldkirch wurde live gestreamt und aufgezeichnet, für die originelle musikalische Umrahmung sorgte die Band „Frischluft“ rund um den Trompeter Herbert Walser-Breuss. Moderiert von Andrea Thilo präsentierten folgende drei Finalisten-Teams ihr Kurzprogramm:
Das Quartett Quartensprung wählte mit Hermann Hesses Roman „Der Steppenwolf“ eine literarische Basis. In Erinnerung blieben vor allem die kunstvoll gefalteten Visitenkarten sowie der unglaublich klangschöne und ausdrucksvolle Ton der norwegischen Geigerin Ragna Rian.
Lingua:Lyra fiel gleich einmal auf durch die Einbindung einer Slampoetin in ihr Poetry-Konzert mit dem Titel „Transformationen“. Spektakulär waren die beiden brillant gespielten Nyckelharpas aus Schweden, Streichinstrumente ähnlich einer Fidel, bei denen die Tonhöhe nicht mit den Fingern auf den Saiten sondern durch Tasten verändert wird und deren zahlreiche Resonanzsaiten wie ein natürliches Hallgerät funktionieren. Die Musik dieses Beitrages reichte von Hildegard von Bingen bis zu George Gershwin.
Die Formation Serendipity Consort baute ihre Idee auf der antiken Geschichte von „Orpheus und Eurydike“ auf. Beeindruckend die Virtuosität der beiden Blockflötistinnen und die Einbindung von Live-Elektronik in die Musik des Frühbarock.
Die Zutaten
Der Hugo 2023 ist bereits der neunte seiner Art. Gibt es eigentlich inzwischen einen Überblick über Trends, über Richtungen und Perspektiven, in welche Richtung sich das Konzertleben der Zukunft entwickeln könnte? Ja, gibt es. Ein Großteil der Ensembles greift zu folgenden Zutaten:
Kombination von Sprache und Musik
Epochenübergreifende Musikauswahl
Atmosphäre schaffen durch Akustik, Raum und Licht
Publikumsbeteiligung durch Singen oder Bewegen
Publikumsbeteiligung durch Verfassen kurzer Texte
Bewegung im Raum, oft in mehreren Räumen
Philosophie, Literatur oder Psychologie als dramaturgischer Überbau
Schade, dass nicht alle drei Finalist:innen ihr Kurzprogramm in eine Kür verwandeln dürfen. Umso mehr darf man sich auf die Umsetzung des Konzeptes von Lingua:Lyra am 25. November freuen. Der Hugo-Pitch 2023 mit allen drei Teams ist unter folgendem Link abrufbar:
https://www.youtube.com/watch?v=psY-smtHAlQ
https://www.montforterzwischentoene.at